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Baustatik 2

Polplan

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Zur Überprüfung der statische Bestimmheit reicht die notwendige Bedingung (Abzählformel) häufig nicht aus, um festzustellen, ob das System auch wirklich statisch bestimmt und nicht kinematisch ist.

Das Abzählkriterium ist zwar eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung. Unter- und Überbestimmtheiten können sich bei diesem Verfahren gegenseitig aufheben.

kinematisch, Abzählformel, Polplan
Statisch bestimmt oder kinematisch?

 

In der obigen Grafik ist das System nach der Abzählformel statisch bestimmt. Betrachten wir das System aber genauer, so sehen wir, dass infolge der horizontalen Kraft und das Fehlen von horizontalen Auflagerkräften, das System horizontal verschieblich und damit beweglich ist. Häufig ist es aber nicht möglich die Verschieblichkeit des Systems mit bloßem Augen zu erkennen. Um die Verschieblichkeit des Systems ausschließen zu können, kann deshalb der Poplan herangezogen werden.

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Nach der hinreichenden Bedingung kann die statische Bestimmtheit mittels Polplan überprüft werden.

Regeln zum Polplan

  1. Jede Scheibe dreht sich um ihren Hauptpol (i) (Drehruhepunkt einer Scheibe).

  2. Ein Festlager ist der Hauptpol (i) der dort angeschlossenen Scheibe.

  3. Der Hauptpol (i) einer Scheibe, die auf einem verschieblichen Lager gelagert ist, liegt auf einer Geraden (Polstrahl) senkrecht zur Bewegungsmögichkeit dieses Lagers.

  4. Das Gelenk, welches zwei Scheiben miteinander verbindet, ist deren gemeinsamer Nebenpol. Der Nebenpol ist ein relativer Drehpol.

  5. Der Nebenpol (i,j) liegt stets auf der Verbindungslinie der beiden Hauptpole (i) und (j).

  6. Die Nebenpole (i,j), (j,k) und (i,k) liegen stets auf einer Geraden. Fallen zwei Nebenpole
    zusammen, dann liegt der dritte am selben Ort.

Weiteres:

  • Der Nebenpol eines Querkraftgelenkes liegt im Unendlichen senkrecht zur möglichen Bewegungsrichtung
    (tangential zur Stabachse am Ort des Gelenkes).

  • Der Nebenpol eines Normalkraftgelenkes liegt im Unendlichen senkrecht zur möglichen Bewegungsrichtung
    (senkrecht zur Stabachse am Ort des Gelenkes).

  • Ein Pol liegt im Unendlichen, wenn seine geometrischen Orte parallele Geraden bilden: Parallelverschiebung des entsprechenden Polstrahls erlaubt!

Ergebnisse

Das System gilt als kinematisch (=verschieblich) und damit statisch unterbestimmt, wenn alle Hauptpole und alle Nebenpole gefunden werden. Das System ist dann nicht standfest. Treten hingegen Widersprüche im Polplan auf, dann gilt Folgendens:

Widerspruch im Hauptpol: Die Scheibe ist fest.

Widerspruch im Nebenpol: Die Scheiben, welche durch ein Gelenk miteinander verbunden sind, sind beide starr miteinander verbunden und werden als eine Scheibe betrachtet. Für diese muss dann nur noch ein Hauptpol anstelle von zwei Hauptpolen gefunden werden. 


Liegen Widersprüche in allen Hauptpolen fest, so ist das System statisch bestimmt. Werden hingegen alle Hauptpole ohne Widerspruch gefunden, so ist das System kinematisch. Werden einige Hauptpole gefunden und andere nicht, so ist das System teilkinematisch.

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Lässt sich der Polplan widerspruchsfrei konstruieren, so ist das System kinematisch und damit für baustatische Zwecke unbrauchbar!

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Die hinreichende Bedingung muss nur herangezogen werden, wenn mittels Abzählkriterium die statische Bestimmheit ermittelt wurde. Wird mittels Abzählkriterium hingegen statische Unbestimmheit bzw. Unterbestimmtheit ermittelt, so reicht das Abzählkriterium aus.

Zum besseren Verständnis werden im Folgenden die obigen Regeln genauer betrachtet:

Polplan: Regel 1 und 2
Polplan: Regel 1 und 2

Die Scheiben werden mit römischen Zahlen durchnummeriert. Hier ist eine Scheibe (I) vorhanden. Die Scheibe ist an einem Festlager angeschlossen. Demnach gilt hier Regel 2. Das Festlager, an welchem die Scheibe I angeschlossen ist, ist der Hauptpol (1).

 

Polplan: Regel 3
Polplan: Regel 3

 

Es ist wieder eine Scheibe (I) vorhanden, welche auf zwei Loslagern gelagert ist. Hier betrachten wird die Regel 3. Der Hauptpol eines verschieblichen Lagers liegt auf der Wirkungslinie dieses Lagers. Für Scheibe I sind zwei Loslager gegeben. Der Hauptpol (1) liegt demnach auf beiden Wirkungslinie: Der Schnittpunkt der Wirkungslinien ist der Hauptpol (1) der Scheibe I.


Polplan: Regel 4 und 5
Polplan: Regel 2, 3,4 und 5

Wir nummerieren zunächst die Scheiben mit römischen Zahlen. Insgesamt sind 2 Scheiben (I) und (II) gegeben.

Regel 2: Die Scheibe I ist an einem Festlager angeschlossen. Dieses ist der Hauptpol (1).

Regel 3: Die Scheibe II ist an einem Loslager angeschlossen. Der Hauptpol (2) der Scheibe II liegt auf der Wirkungslinie des Loslagers. Wir zeichnen die Wirkungslinie (gestrichelt) des Loslagers ein (senkrecht zur Bewegungsmöglichkeit des Lagers). Irgendwo auf dieser Wirkungslinie liegt der Hauptpol (2) der Scheibe II.

Regel 4: Scheibe I und II sind durch ein Gelenk miteinander verbunden. Hier befindet sich der Nebenpol (1,2).

Regel 5: Der Nebenpol liegt auf der Verbindungslinie der beiden Hauptpole (1) und (2). Wir zeichnen zunächst vom bereits bekannten Hauptpol (1) ausgehend eine Verbindungslinie durch den Nebenpol (1,2). Irgendwo auf dieser Verbindungslinie liegt der Hauptpol (2). Wir wissen außerdem, dass (2) auf der Wirkungslinie des Loslagers liegt, welcher mit Scheibe II verbunden ist. Demnach muss (2) im Schnittpunkt beider Linien liegen.

 

Statische Bestimmtheit, hinreichende Bedingung. Polplan Regel 4 und 5
Polplan: Regeln 2, 4, 5, 6

 

Zunächst werden die drei Scheiben mit den römischen Zahlen I bis III durchnummeriert.

Regel 2: Die Scheibe I ist an einem Festlager angeschlossen. Hier ist der Hauptpol (1) gegeben. Die Scheibe III ist ebenfalls an einem Festlager angeschlossen, hier ist der Hauptpol (3) gegeben.


Regel 4: Scheibe I und II sind mit einem Gelenk verbunden. Hier ist der Nebenpol (1,2) gegeben, das gleiche gilt für Scheibe II und III mit dem Nebenpol (2,3) am Gelenk.

Noch nicht bestimmt sind: Der Hauptpol (2) und der Nebenpol (1,3).


Regel 5: Der Nebenpol (i,j) liegt stets auf der Verbindungslinie der beiden Hauptpole (i) und (j).

In unserem Fall:

Der Nebenpol (1,2) liegt stets auf der Verbindungslinie der beiden Hauptpole (1) und (2). Wir zeichnen eine gestrichelte Linie vom Hauptpol (1) durch den Nebenpol (1,2).

Der Nebenpol (2,3) liegt stets auf der Verbindungslinie der beiden Hauptpole (2) und (3). Wir zeichnen eine gestrichelte Linie vom Hauptpol (3) durch den Nebenpol (2,3).

Dort wo sich beide Linien treffen liegt der Hauptpol (2).


Regel 6: Die Nebenpole (i,j), (j,k) und (i,k) liegen stets auf einer Geraden. Fallen zwei Nebenpole
zusammen, dann liegt der dritte Nebenpol am selben Ort.

In unserem Fall:

Die Nebenpole (1,2), (2,3) und (1,3) liegen stets auf einer Geraden. 

Wir zeichnen eine gestrichelte Linie durch die beiden bekannten Nebenpole (1,2) und (2,3).

Wir berücksichtigen außerdem Regel 5:

Der Nebenpol (1,3) liegt stets auf der Verbindungslinie der beiden Hauptpole (1) und (3). Wir zeichnen eine gestrichelte Linie vom Hauptpol (1) durch den Hauptpol (3).

Dort wo sich beide Verbindungslinien schneiden liegt der Nebenpol (1,3).

 

Statische Bestimmtheit, hinreichendes Kriterium. Polplan: Querkraftgelenk
Polplan: Querkraftgelenk

 

Es werden zunächst wieder die Scheiben mit römischen Zahlen durchnummeriert. Das Querkraftgelenk trennt das System in zwei Scheiben I und II.

Die Scheibe I ist an einem Festlager angeschlossen. Hier liegt der Hauptpol (1) der Scheibe I.

Die Scheibe II ist an einem Loslager (=verschiebliches Lager) angeschlossen. Der Hauptpol (2) liegt auf der Wirkungslinie (senkrecht zu Bewegungsrichtung) des Loslagers. Wir zeichnen die gestrichelte Wirkungslinie ein.

Der Nebenpol (1,2) des Querkraftgelenks liegt auf der Wirkungslinie parallel zur Stabachse (senkrecht zu seiner Verschiebung) im Unendlichen. Kennzeichnung der gestrichelten Linie durch: $(1,2) \rightarrow \infty$

Der Nebenpol liegt auf der Verbindungslinie zwischen den Hauptpolen (1) und (2). Gestrichelte Verbindungslinie von (1) in Richtung (1,2). 

Der Schnittpunkt der beiden gestrichelten Linien ist der Hauptpol (2).

 

Statische Bestimmtheit, hinreichende Bedingung. Poplan: Normalkraftgelenk
Polplan: Normalkraftgelenk

 

Es werden zunächst wieder die Scheiben mit römischen Zahlen durchnummeriert. Das Normalkraftgelenk trennt das System in zwei Scheiben I und II.

Die Scheibe I ist an einem Festlager angeschlossen. Hier liegt der Hauptpol (1) der Scheibe I.

Die Scheibe II ist an einem Loslager (=verschiebliches Lager) angeschlossen. Der Hauptpol (2) liegt auf der Wirkungslinie (senkrecht zu Bewegungsrichtung) des Loslagers. Wir zeichnen die gestrichelte Wirkungslinie ein.

Der Nebenpol (1,2) des Normalkraftgelenks liegt auf der Wirkungslinie senkrecht zur Stabachse (senkrecht zu seiner Verschiebung) im Unendlichen. Kennzeichnung der gestrichelten Linie durch: $(1,2) \rightarrow \infty$. Da der Nebenpol auf der Verbindungslinie zwischen den Hauptpolen (1) und (2) liegt, zeichnen wir eine parallele Linie ein, die in den Hauptpol (1) gelegt wird. 

Der Schnittpunkt der beiden gestrichelten Linien ist der Hauptpol (2).

 

Video: Polplan am Beispiel



Der Polplan ist ebenfalls dann aufzustellen, wenn eine Verschiebungsfigur gezeichet werden soll. In der folgenden Grafik seht ihr nochmal das Tragwerk mit den Haupt- und Nebenpolen (siehe obiges Video).

Polplan, Stabtragwerk
Polplan

 
Es liegt ein kinematisches System vor, da alle Hauptpole und Nebenpole widerspruchsfrei gefunden wurden.