Inhaltsverzeichnis
Aufgabe: Kraftgrößenverfahren
Beispiel
Berechne für den obigen schubstarren (
Gegeben:
Lösung der Aufgabe
Wir berechnen zunächst die statische Bestimmtheit des Systems:
Das Lager in der Mitte ist ein Loslager und kann nur Kräfte in vertikaler Richtung aufnehmen. Die feste Einspannung links nimmt Kräfte in horizontaler und vertikaler Richtung sowie ein Moment um die
Insgesamt ergeben sich
Damit ist das System 1-fach statisch unbestimmt.
Merke
Ein Tragwerk ist statisch unbestimmt (bzw. statisch überbestimmt), wenn die Anzahl der Lager- und Verbindungsreaktionen die Anzahl der möglichen Bewegungen eines Körpers übersteigt. Mindestens einer Bewegungsmöglichkeit wirkt mehr als eine Reaktion entgegen. Die Bestimmung der unbekannten Reaktionskräfte ist nur unter Berücksichtigung der Verformung des Körpers möglich.
Die Idee hinter der Kraftgrößenmethode ist es, das System in
Damit das System statisch bestimmt wird, muss eine Lagerreaktion entfernt werden. Wichtig ist beim Entfernen der Lagerreaktionen, dass das System auch nach der hinreichenden Bedingung statisch bestimmt ist. Dies muss unbedingt mittels Polplan ermittelt werden.
1 Möglichkeit: Die Einspannung links wird durch ein Festlager ersetzt, damit entfernen wir also das Einspannmoment.
0-System
Wir erhalten so das statische bestimmte "0"-System:
Nach der Abzählformel ist das System nun statisch bestimmt. Ist es dies auch nach der hinreichenden Bedingung? Dazu müssen wir den Polplan heranziehen.
Wir haben hier kein Gelenk gegeben, demnach ist der Balken die Scheibe I.
Regel 2: Ein Festlager ist der Hauptpol (1) der dort angeschlossenen Scheibe I.
Regel 3: Der Hauptpol (1) einer Scheibe, die auf einem verschieblichen Lager gelagert ist, liegt auf einer Geraden (Polstrahl) senkrecht zur Bewegungsmöglichkeit dieses Lagers. Das Loslager ist waagerecht verschieblich, demnach ist der Polstrahl eine Senkrechte durch das Loslager. Da der Hauptpol nicht auf dieser senkrechten Geraden liegt, ist ein Widerspruch im Polplan gegeben -> das System ist statisch bestimmt.
1-System
Das entfernte Einspannmoment wird nicht einfach weggelassen, sondern in ein zweites System, das sogenannte "1"-System mit einem Betrag von
In das
Ist das 0-System statisch bestimmt, so ist auch das 1-System statisch bestimmt, da die Auflagerkräfte des 0-Systems in das 1-System übernommen werden (die Richtungen, nicht die Beträge).
Als Nächstes werden beide Systeme getrennt voneinander betrachtet und für jedes System der Querkraft- und Momentenverlauf berechnet. Zuvor müssen wir die Auflagerkräfte berechnen.
Auflagerkräfte und Schnittgrößen im 0-System
Aus den Gleichgewichtsbedingungen können als Nächstes die Schnittgrößen berechnet werden.
1. Schnitt (
2. Schnitt (
Die grafischen Schnittgrößenverläufe ergeben sich wie folgt:
Der Querkraftverlauf ist für beide Schnittbereiche konstant.
Der Momentenverlauf ist für beide Schnittbereiche linear. Wir setzen die Randwerte ein:
Schnittbereich 1 :
Schnittbereich 2:
Auflagerkräfte und Schnittgrößen im 1-System
Zunächst berechnen wir die Auflagerkräfte des virtuellen Systems. Das Moment mit dem Betrag 1 ist ein rechtsdrehendes Moment und wird innerhalb der Momentengleichgewichtsbedingung berücksichtigt.
1. Schnittbereich (
2. Schnittbereich (
Die grafischen Schnittgrößenverläufe ergeben sich wie folgt:
Berechnung des Einspannmoments
Nun müssen die Verläufe der beiden Einzelsysteme wieder miteinander vereinigt werden. Dafür benötigen wir die folgenden Beziehungen:
Hierbei ist
Hinweis
Das Ausgangssystem verdreht sich im Lager
Idee: Die Verdrehungen im 0-System und im 1-System summieren sich zu Null. Wie groß muss also das Einspannmoment sein, damit die Verdrehung im
Des Weiteren gilt für die Verdrehung
Da wir jedoch keine Normalkräfte haben und wegen der Schubstarrheit
Da wir zwei Schnittbereiche gegeben haben, gilt:
Methode
Zur Lösung der Integralen verwenden wir die Koppeltafel. Diese findet sich links im Ordner Materialien.
Für die Anwendung der Koppeltafel benötigen wir die grafischen Schnittgrößenverläufe. Wir beginnen mit der Verschiebung
Verdrehung im 0-System
1. Schnittbereich: (
0-System: dreieckiger Verlauf mit Höhe
1-System: dreieckiger Verlauf mit Höhe
Die Höhen der Dreiecke sind auf unterschiedlichen Seiten, demnach erhalten wir aus Zeile 2 und Spalte 3:
Dabei ist
2. Schnittbereich: (
0-System: dreieckiger Verlauf mit Höhe
1-System: 0
Da ein Verlauf 0 ist, wird der gesamte Term zu Null.
Verdrehung im 0-System berechnen:
Einsetzen der Werte:
Methode
Verdrehung im 1-System
Für die Verdrehung im 1-System müssen nur die Schnittgrößenverläufe des 1-Systems betrachtet werden.
1. Schnittbereich: (
1-System: dreieckiger Verlauf mit Höhe
Beide Verläufe sind demnach im 1-System identisch. Diese finden wir in der Koppeltafel in der Spalte 2 und Zeile 2:
2. Schnittbereich: (
1-System: 0
Da der Verlauf 0 ist, wird der gesamte Term zu Null.
Verdrehung im 1-System berechnen:
Einsetzen der Werte:
Methode
Danach können wir die Superposition der Verdrehungen anwenden:
Daraus folgen schließlich die Schnittgrößenverläufe des Ausgangssystems mit:
Methode
Querkraftverlauf
Methode
1. Schnittbereich:
2. Schnittbereich:
Momentenverlauf
Methode
1. Schnittbereich:
2. Schnittbereich:
Die grafischen Schnittgrößenverläufe des Ausgangssystems ergeben sich dann wie folgt:
Weitere interessante Inhalte zum Thema
-
Arbeit
Vielleicht ist für Sie auch das Thema Arbeit aus unserem Online-Kurs Technische Mechanik 1: Statik interessant.