Inhaltsverzeichnis
Welche Anforderungen bei einer konkreten Konstruktionsaufgabe erfüllt werden müssen ist von Fall zu Fall höchst unterschiedlich.
Eine gängige Auswahl von Konstruktionsgrundsätzen, die auch als Gestaltungsrichtlinien bezeichnet werden, und die dazu zu beantwortenden Fragen liefert dieser Abschnitt:
Merke
Gestaltungsrichtlinien sind Konstruktionsregeln, die besondere Eigenschaften bezüglich spezieller Funktionen beschreiben und die bei der Gestaltung zu beachten sind, z.B. fertigungsgerecht, montagegerecht, recyclinggerecht und anderes mehr.
Funktionsgerechtes Gestalten
Die wichtigste und allgemeingültigste Anforderung ist, dass die Konstruktion die gewünschte Funktion über die gesamte vorgesehene Lebensdauer sicher erfüllt.
- Welche Aufgabe hat die Konstruktion?
- Welche Eingangs- und Ausgangsgrößen gibt es? (Stoff-, Energie- und Signalfluss)
- Wird die Aufgabe eindeutig und sicher erfüllt?
- Kann die Funktion einfacher realisiert werden?
Wir fassen für Sie die Inhalte dieses Abschnitts in kompakter Form zusammen:
This browser does not support the video element.
Festigkeits- und beanspruchungsgerechtes Gestalten
Dies bedeutet, dass beim Konstruieren eine günstige Geometrie der Bauteile entwickelt werden muss um eine optimale Tragfähigkeit bei minimalem Werkstoffaufwand zu erreichen und bei gegebenen äußeren Belastungen eine ausreichnede Belastung erreicht werden kann.
Kräfte und Momente sollen dabei durch möglichst wenige Bauteile und auf möglichst kurzem Weg übertragen werden. Günstig ist dabei Zug- / Druckbeanspruchung.
Die Ausnutzung der zulässigen Werkstoffbeanspruchung sollte entlang des Kraftflusses möglichst gleichmäßig sein. Geometrisch bedingte Kerbwirkung soll vermieden werden, indem Übergänge sanft ausgeführt werden. Im Bild sind z.B. Kerben zu sehen, an denen bei ein er Zugbelastung erhöhte Spannungen (hier mit der FE-Methode kenntlich gemacht) zu erkennen sind.
Werkstoffgerechtes Gestalten
Die Werkstoffwahl ist immer eine Abwägung verschiedener Faktoren. Eine Abgrenzung zum funktionsgerechten Gestalten ist nicht immer ohne Überschneidungen möglich, wichtig ist dabei immer die Priorität mit Hinblick auf Kosten- und Materialersparnis.
This browser does not support the video element.
Beim werkstoffgerechten Gestalten und Konstruieren werden Eigenschaften und Art des Werkstoffs so festgelegt, dass günstige Werkstoffeigenschaften genutzt und ungünstige ausgeglichen werden können.
Hochfeste Werkstoffe ermöglichen kleinere Querschnitte und damit geringere Massen, sind aber pro kg oft deutlich teurer als niedrigerfeste Werkstoffe. Die Verfügbarkeit am Markt, die Verschleißfestigkeit, Härtbarkeit, Schweißbarkeit, Zerspanbarkeit, Elastizität, aber auch die Korrosionsfestigkeit sind ebenfalls wichtige Auswahlkriterien.
Wiederverwendung oder Entsorgung bzw. Recycling können ebenfalls eine Rolle spielen.
- Welcher Werkstoff für welches Teil?
- Kann der Werkstoff in der gewünschten Weise bearbeitet werden?
- Ist der Werkstoff lieferbar zu vertretbaren Kosten?
- Ist die Lebensdauer des Werkstoffs lang genug? (Korrosion, Kriechen, Versprödung, ...)
Auch die herstellungs- und bearbeitungsbedingten Eigenspannungen sollten berücksichtigt werden.
Besonders Umformprozesse und thermische Bearbeitungsverfahren wie Härten oder Schweißen hinterlassen mitunter starke Spannungen in den Werkstücken, die die Belastbarkeit dramatisch reduzieren oder zu ungewollten Verformungen bei der Weiterverarbeitung oder im Betrieb führen können. Um das zu verhindern müssen geeignete Verfahren zur Reduktion der Eigenspannungen wie Spannungsarmglühen angewendet werden.
So sollten hochwertige Werkstoffe möglichst nur in der Belastungszone einer Konstruktion eingesetzt werden. Bei relativ großen Zahnrädern sollte z.B. die Werkstoffeinsparung noch zusätzlich verbessert werden, in dem nur der Zahnkranz aus hochwertigem Werkstoff (hier Bronze) gefertigt wird:
Recyclinggerechtes Gestalten
Hinweis
Recycling ist die erneute Verwendung oder Verwertung von Bauteilen oder Baugruppen in Form von Kreisläufen (nach VDI 2243).
Recycling ist ein sehr innovativer und ganzheitlicher Prozess; prinzipiell ist bei jeder Konstruktion, beginnend beim Entwurf über die Fertigung und den Einsatz des Bauteils oder der Baugruppe bis hin zur Demontage bzw. bis zur Entsorgung, ein recyclinggerechtes Entwerfen erforderlich.
Beim Gestalten und Entwerfen sind dabei bereits in der Konstruktionsphase unterschiedliche Recycling-Kreisläufe zu berücksichtigen:
- Recycling in der Produktion
Bei der Produktion eines Bauteils ist zum Beispiel zu beachten, wie viel Werkstoff während der Fertigung durch spanabhebende Fertigungsverfahren „verloren“ geht und entsorgt werden muss.
Die bedeutet also, dass ein Bauteil so gestaltet werden sollte, dass bei dessen Fertigung möglichst wenig Werkstoff "entsorgt" werden muss. - Recycling während des Produktgebrauchs
Während des Gebrauchs der Produkte fallen durch Verschleiß oder Beschädgung Bauteile an, die es aufzubereiten oder zu entsorgen gilt. So können Reifen oder auch Bremsen bis zu einem gewissen Grad wiederaufbereitet werden, bis es zu einer vollständigen Entsorgung kommt. - Recycling nach Produktgebrauch
Jedes Bauteil, jede Baugruppe und jede Maschine hat eine bestimmte Lebensdauer. Bereits beim Entwerfen der Produkte muss in Betracht gezogen werden, wie die Baugruppe z. B. demontiert werden kann, um Bauteile unterschiedlichen Werkstoffs unterschiedlichen Entsorgungen zuzuführen.
Gerade beim Einsatz von Verbundwerkstoffen, wie z. B. kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen (CFK), ist das Recyceln bereits genutzter Bauteile zurzeit noch relativ schwierig und auch kostenintensiv.
Zerlegungsgünstige Konstruktionen erleichtern das Recycling und den Wechsel einzelner Teile. Verbindungen sollten leicht lösbar sein, Werkstoffgemische wie Verbundwerkstoffe möglichst vermieden werden. Die Möglichkeit zur Aufarbeitung von Verschleißteilen z. B. durch Überfräsen und Unterfüttern oder Aufschweißen und anschließendes Zerspanen sollte vorgesehen werden.
Formgerechtes Gestalten
Die Form einer Konstruktion sollte der Funktion und dem Kraftfluss erkennbar entsprechen und die Vorteile von Werkstoff und Fertigungsverfahren sichtbar werden lassen.
Funktionslose Zierelemente sind möglichst zu vermeiden.
Gefahrenstellen und Bedienelemente sind durch farbliche Kontraste sichtbar zu machen.
Weitere Details zu Industrial Design gibt die VDI-Richtlinie 2424.