Wir betrachten hier nur Erscheinungsformen mechanischer Arbeit, die zu Änderungen des inneren Systemzustandes (Druck, Volumen) führen. Unbeachtet bleibt die mechanische Arbeit, die zu leisten wäre, um das thermodynamische System als Ganzes im Raum zu verschieben.
Die an der Grenze eines geschlossenen Systems zu bilanzierende mechanische Arbeit nennen wir Volumenänderungsarbeit WV,12. Sie wird hergeleitet aus den Gesetzen der Mechanik für die Kraft F eines reibungsfrei, gasdicht in einem Zylinder eingepassten Kolben mit der Kolbenfläche A, der die infinitesimale Strecke dx zurücklegt.
Die Kolbenkraft F hält der gegenläufigen Kraft des auf die Kolbenfläche A wirkenden Gasdrucks p das Gleichgewicht.
Methode
Bei Integraldarstellungen in der Thermodynamik werden oft nicht die Integrationsgrenzen selbst, sondern nur die den Anfangs- und Endzustand charakterisierenden Indizes angegeben. Die „1“ steht für Anfangszustand, die „2“ für Endzustand.
In der oben angegebenen Definitionsgleichung ist das Vorzeichen der reversiblen (sprich reibungsfreien) Volumenänderungsarbeit in Übereinstimmung mit der Vorzeichenfestlegung für die Bilanzierung bei zugeführter Arbeit (Kompression) positiv, da dv bei Volumenverringerung negativ wird. Umgekehrt führt freiwerdende Arbeit durch Expansion bei positivem dv auf einen negativen Wert der Volumenänderungsarbeit.
Beispiel
Quasistatische Volumenänderungsarbeit eines Kolbens im Zylinder
In einem mit Luft gefülltem Zylinder bewege sich ein gasdicht eingepasster Kolben reibungsfrei 22 cm in einer Zeit von 0,08 s in Richtung Zylinderdeckel. Dabei verringere sich das Luftvolumen von 10 Litern auf 2 Liter, wobei der Druck von 1 bar linear auf 5 bar steige.
- Findet hier eine quasistatische Zustandsänderung statt? Setzen Sie für die Geschwindigkeit des Schalls in der Luft 333
an! - Welche Volumenänderungsarbeit ergäbe sich rechnerisch, wenn man die Kolbenbewegung nach 5,5 cm kurz anhalten würde? Läge zu diesem Zeitpunkt ein Gleichgewichtszustand vor? Wie hoch wären Druck und Volumen bei dieser Kolbenstellung?
- Wie groß ist die Volumenänderungsarbeit für den vollen Kolbenhub von 22 cm? Wurde Volumenänderungsarbeit zu- oder abgeführt?
- Welche Nutzarbeit wurde für den vollen Kolbenhub an der Kolbenstange verrichtet? Der Umgebungsdruck entspreche exakt dem physikalischen Normdruck.
Gegeben:
Hinweise für die Lösung:
Den linearen Anstieg des Drucks durch eine Gerade erfassen wir mit der so genannten Zweipunkte-gleichung:
Beispiel
Kompression von Wasser durch Pumpe
Die Speisewasserpumpe in einem Wasser-Dampf-Kreislauf muss stündlich 450 m3 Kondensat bei einem Druck von 0,12 bar auf den Frischdampfdruck von 15 MPa bringen. Welche Leistung in MW ist dafür erforderlich, wenn man für die Pumpe einen verlustfreien Betrieb unterstellt?
Gegeben:
Kondensationsdruck p1 = pK = 0,12 bar
Frischdampfdruck p2 = pF = 15 MPa = 150 bar
Volumenstrom
Lösung:
Die Pumpe wird als offenes stoffdurchlässiges System mit einem Austritt (Index 2) und einem Eintritt (Index 1) modelliert. Für das Arbeitsmittel Wasser kann unterstellt werden, dass es inkompressibel ist. Der Volumenstrom hängt also nicht vom Druck ab und kann deshalb als konstanter Faktor vor das Integral gezogen werden.
Maßeinheiten:
Die gesamte, unter Einschluss der Dissipation geleistete Arbeit am offenen System nennen wir innere Arbeit Wi,12, die sich aus der reversiblen technischen Arbeit Wt,12 und der dissipierten Arbeit Wdiss,12 (Reibungswärme) zusammensetzt. Der Begriff „innere Arbeit“ orientiert sich hier an dem im Maschinenbau für Strömungsmaschinen üblichen Bezeichnung „innerer Wirkungsgrad“.
Methode
Kann man den Reibungsanteil Wdiss,12 für den zu untersuchenden Vorgang vernachlässigen, ist das Problem meist durch einfache Modelle für reversible Prozesse zu beschreiben und zu lösen. Solche theoretischen Prozesse wären auch ohne bleibende Veränderungen in der Umgebung umkehrbar. Bezieht man die Energiedissipation in die Betrachtung ein, sind irreversible (nicht umkehrbare) Prozesse zu analysieren. Dies ist für die Modellbildung naturgemäß schwerer und praktisch manchmal nur näherungsweise zu lösen.
Darüber hinaus ist als mechanische Arbeit noch die Wellenarbeit WW interessant. Ragt eine rotierende Welle in ein System hinein, wird an der Schnittfläche zur Systemgrenze durch die zu einem Kräftepaar zusammengefassten Schubspannungen Wellenarbeit WW als Energie an das fluide Arbeitsmittel übertragen. Die rotierende Welle kann dem System Arbeit zuführen (Rührer, Turboverdichter), im offenen System auch Arbeit über die Welle abgeben (Turbine, Druckluftwerkzeug). Dem Fluid eines geschlossenen Systems kann Wellenarbeit nur zugeführt werden (irreversibler Prozess), weil es nicht möglich ist, diese Energie so zu speichern, dass sie bei einer Prozessumkehr als Wellenarbeit wieder abgegeben werden könnte. Reibungsspannungen zwischen ruhenden und von der Welle angeregten Fluidteilchen bewirken, dass die Wellenarbeit vollständig dissipiert als innere Energie im Fluid gespeichert wird. Die in einem solchen System gespeicherte innere Energie kann nur als Volumenänderungsarbeit WV,12 und/oder bei nicht adiabaten Systemen als Wärme Q12 abgegeben werden. Es gibt aber auch Systeme, die Wellenarbeit wieder abrufbar speichern können (Aufziehen einer Feder im Uhrwerk). Die gespannte Feder erhöht die innere Energie des Systems.
Die Bilanzierung der Wellenarbeit WW erfolgt immer genau an der Stelle, an der die Systemgrenze die Welle schneidet. Zu ihrer Berechnung werden über die Wellenleistung PW als Produkt aus Drehmoment Md und Winkelgeschwindigkeit ω (beziehungsweise über die aus der Mechanik bekannte Beziehung ω = 2π·nD mit der Drehzahl nD) nur Größen verwendet, die an der Systemgrenze eindeutig bestimmbar sind.
Methode
Bei offenen Systemen geht zumeist nur die Wellenleistung PW in die Bilanz ein, die nach obigen Formeln zu berechnen ist aus: