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Wärmeübertragung: Wärmeleitung - Lösungen für eine halbunendliche Wand

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Wärmeübertragung: Wärmeleitung

Lösungen für eine halbunendliche Wand

Bei einer eindimensionalen quellenfreien instationären Wärmeleitung in einer ebenen Wand mit unendlich ausgedehnter Wandstärke (x → ∞) und einheitlicher Anfangstemperatur t0 kann bei sprunghafter Änderung der Temperatur an der Wandfläche tW = t(x = 0) anstelle der partiellen Differentialgleichung mit den unabhängigen Variablen x für den Ort und τ für die Zeit eine gewöhnliche Differentialgleichung mit einer einzigen dimen-sionslosen unabhängigen Variablen gelöst werden. Die dabei verwendete dimensionslose Variable stellt eine geeignete Kombination der Variablen x und τ dar und wird Ähnlichkeitsvariable ζ (griechischer Buchstabe Zeta) genannt. Für die entstehende gewöhnliche Differentialgleichung existiert eine mathematisch analytische Lösung.

Methode

Ähnlichkeitsvariable

Für die Herleitung der gewöhnlichen Differentialgleichung aus der partiellen Differentialgleichung für die instationäre quellenfreie eindimensionale Wärmeleitung werden zunächst die beiden partiellen Ableitungen der Ähnlichkeitsvariablen benötigt:

und

Die Ausgangsgleichung enthält zwei Differentialquotienten, für die jetzt geschrieben werden kann:

sowie woraus folgt

Eingesetzt in die partielle Differentialgleichung ergibt sich nunmehr:

Die Temperatur t ist nur noch eine Funktion der dimensionslosen Ähnlichkeitsvariablen ζ, so dass nun eine gewöhnliche Differentialgleichung vorliegt in der Form

Die allgemeine Lösung dieser Differentialgleichung wird in der mathematischen Fachliteratur angegeben mit

Wir haben aus der frei wählbaren Integrationskonstante C1 den Faktor herausgezogen ohne damit die Allgemeingültigkeit einer frei wählbaren Integrationskonstante zu beschränken, weil der Term das Gauß´sche Fehlerintegral darstellt, das im angelsächsischen Sprachraum error-function genannt wird. Mathematisch ergeben sich die Fehlerfunktion erf(ζ) und die dazu komplementäre Fehlerfunktion erfc(ζ) = 1 – erf(ζ)  aus:

Methode

und 

mit  erf(ζ) = 1 – erfc(ζ)   und   erfc(ζ) = 1– erf(ζ)

Das Gauß´sche Fehlerintegral ist eine im Wertebereich 0 ≤ ζ < ∞ stetig wachsende Funktion mit erf(0) = 0 und erf(∞) = 1. Die Berechnung der Funktionswerte erfolgt über eine unendliche alternierende Potenzreihe, die vor allem für Argumente ζ < 0,5 recht schnell konvergiert. Der dabei auftretende Fehler kann bequem über das letzte noch verwendete Glied der alternierenden Reihe abgeschätzt werden.

Methode

Zur einfachen Handhabung der error-function steht Tab. 6 mit den Funktionswerten von erf(ζ) in einer Genauigkeit von 5 gültigen Ziffern für die Argumente im Bereich 0,00 ≤ ζ ≤ 2,99 zur Verfügung.

Tab. 6: Die Funktionswerte der error-function mit fünf signifikanten Ziffern im Bereich 0,00 ≤ ζ ≤ 2,99
ζ0123456789
0,00,000000,011280,022560,033830,045110,056370,067620,078860,090080,10128
0,10,112460,123620,134760,145870,156950,168000,179010,189990,200940,21184
0,20,222700,233520,244300,255020,265700,276330,286900,297420,307880,31828
0,30,328630,338910,349130,359280,369360,379380,389330,399210,409010,41874
0,40,428390,437970,447470,456890,466230,475480,484660,493750,502750,51167
0,50,520500,529240,537900,546460,554940,563320,571620,579820,587920,59594
0,60,603860,611680,619410,627050,634590,642030,649380,656630,663780,67084
0,70,677800,684670,691430,698100,704680,711160,717540,723820,730010,73610
0,80,742100,748000,753810,759520,765140,770670,776100,781440,786690,79184
0,90,796910,801880,806770,811560,816270,820890,825420,829870,834230,83851
1,00,842700,846810,850840,854780,858650,862440,866140,869770,873330,87680
1,10,880210,883530,886790,889970,893080,896120,899100,902000,904840,90761
1,20,910310,912960,915530,918050,920510,922900,925240,927510,929730,93190
1,30,934010,936060,938070,940020,941910,943760,945560,947310,949020,95067
1,40,952290,953850,955380,956860,958300,959700,961050,962370,963650,96490
1,50,966110,967280,968410,969520,970590,971620,972630,973600,974550,97546
1,60,976350,977210,978040,978840,979620,980380,981100,981810,982490,98315
1,70,983790,984410,985000,985580,986130,986670,987190,987690,988170,98864
1,80,989090,989520,989940,990350,990740,991110,991470,991820,992160,99248
1,90,992790,993090,993380,993660,993920,994180,994430,994660,994890,99511
2,00,995320,995520,995720,995910,996090,996260,996420,996580,996730,99688
2,10,997020,997150,997280,997410,997530,997640,997750,997850,997950,99805
2,20,998140,998220,998310,998390,998460,998540,998610,998670,998740,99880
2,30,998860,998910,998970,999020,999060,999110,999150,999200,999240,99928
2,40,999310,999350,999380,999410,999440,999470,999500,999520,999550,99957
2,50,999590,999610,999630,999650,999670,999690,999710,999720,999740,99975
2,60,999760,999780,999790,99980 0,999810,999820,999830,999840,999850,99986
2,70,999870,999870,999880,999890,999890,999900,999910,999910,999920,99992
2,80,99992 0,999930,999930,999940,999940,999940,999950,999950,999950,99996
2,90,999960,999960,999960,999970,999970,999970,999970,999970,999970,99998

Die frei wählbaren Integrationskonstanten C1 und C2 in der allgemeinen Lösung t(ζ) = t(x,τ) = C1 erf(ζ) + C2 sind nun noch nach Maßgabe der im konkreten Fall vorliegenden Anfangs- und Randbedingungen anzupassen.

Randbedingung erster Art:

Besitzt ein halbseitig unendlich ausgedehnter Körper bei τ = 0 die einheitliche Anfangstemperatur t0 und wird gleichzeitig an der Wand (bei x = 0) die Temperatur sprunghaft auf den konstant bleibenden Wert tW gebracht folgen

t(0,τ) = tW = C1 · erf(0) + C2 = C2C2 = tW
t(x,0) = t0 = C1 · erf(∞) + C2 = C1 + C2C1 = t0 - tW

Aus t(x,τ) = C1 · erf(ζ) + C2 entsteht dann eine Gleichung mit der dimensionslosen Übertemperatur Θ.

Methode

oder mit dimensionsbehafteten Temperaturen

Diese Gleichung gilt sowohl für Abkühl- als auch für Aufheizvorgänge. In der Literatur werden manchmal die Betrachtung von Abkühlung und Aufheizung getrennt vor dem Hintergrund der Vorstellung, dass bei einer Abkühlung mit tW <  t0 = t(τ = 0) die dimensionslose Temperatur Θ von eins auf null fallen sollte. Die dimensionslose Temperatur wird dann mit einem hochgestellten Minus gekennzeichnet (Θ).

Abkühlvorgang:

  • τ = 0
  • τ → ∞  

Aufheizvorgang:

Die dimensionslose Temperatur Θ+ mit tW >  t0 = t(τ = 0) soll bei einer Aufheizung von null auf eins steigen.

 

  • τ = 0
    τ → ∞

Der mit dieser Auftrennung der Betrachtung notwendige Übergang von erf(ζ) zu komplementären error-function erfc(ζ) bei den Aufheizvorgängen ergibt sich aus dem Zusammenhang Θ = 1 – Θ+ in Verbindung mit erf(ζ) = 1 – erfc(ζ).

Für die Berechnung der Wärmestromdichte in der halbseitig unendlich ausgedehnten Wand ist bei Vorliegen einer Randbedingung erster Art auszugehen von:

(weil und die Ableitung eines Integrals der zugehörige Integrand ist)

Daraus folgt nun:

Zur Berechnung der aus Temperaturunterschieden folgenden Wärmestromdichte greift man auf den materialabhängigen Wärmeeindringkoeffizienten b als charakteristische Größe der instationären Wärmeleitung zurück.

Methode

Wärmeeindringkoeffizient

Das Tempo des Eindringens eines Wärmestroms in ein Material wird vom Wärmeeindringkoeffizienten b bestimmt und ist zu unterscheiden von der Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Temperatur in einem Körper, für die die Temperaturleitfähigkeit a heranzuziehen ist.

Für die Wärmestromdichte in der Tiefe x zum Zeitpunkt τ ergibt sich dann:

Methode

Für die über die Oberfläche der halbunendlich ausgedehnten Wand an der Stelle x = 0 eindringende Wärme-stromdichte ergibt sich daraus:

Die plötzliche Abkühlung der Oberfläche eines halbunendlichen Körpers auf eine konstante Temperatur tW kann man bei frisch gefallenem Schnee auf noch nicht gefrorenen Boden (tW = 0 °C) beobachten. Die in der Zeit t auf der Fläche A schmelzende Schneemenge wird wesentlich von dem Wärmeeindringkoeffizienten b des Unter-grundes beeinflusst. So schmilzt der Schnee am schnellsten auf metallenem Untergrund, danach mit fallender Intensität auf größeren Steinen, porösem Boden, Holz und auf Grasnarben.

Randbedingung zweiter Art: 

Methode

Randbedingung dritter Art:

Hier ist die Temperatur an der den halbseitig unendlich ausgedehnten Körper begrenzenden Wand mit dem dort auftretenden Temperaturgradienten gekoppelt.

Für die dimensionslose Darstellung muss man die Biot-Zahl modifizieren, weil für den halbseitig unendlich ausgedehnten Körper keine charakteristische Länge L* definiert werden kann. Die modifizierte, ohne eine charakteristische Länge auskommende Biot-Zahl Bi* ist definiert durch:

Der Ausdruck α · τ entspricht dem Quadrat der thermischen Diffusionslänge zur Kennzeichnung der Länge in einem Festkörper, die in der Zeit τ eine bestimmte Temperaturänderung erfährt.

Die Berechnung der Temperaturverteilung ist wie folgt möglich:

Methode

 

Für die zeitlich veränderliche Wandtemperatur tW = t(0, τ) ergibt sich wegen ζ = 0 und damit erf(0) = 0 zu

Der Wärmstrom an der Stelle x = 0 berechnet sich demnach aus

Methode

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