Inhaltsverzeichnis
Eingeprägte Lagerverschiebungen oder -verdrehungen leisten virtuelle Verschiebungsarbeit und müssen demnach innerhalb der Arbeitsgleichung berücksichtigt werden:
Eingeprägte Lagerverschiebungen/-verdrehungen
Von eingeprägten Lagerverformungen ist die Rede, wenn sich Lager infolge von Setzungen oder Hebungen des Baugrundes verschieben bzw. verdrehen. So treten diese z. B. auf bei
- unterirdische Hohlräume
- ungleichmäßigem Baugrund
- Erdbeben
- Quellen von Böden
- Gefrieren des Baugrundes.
Diese eingeprägten Lagerverformungen leisten beim Prinzip der virtuellen Kräfte virtuelle Verschiebungsarbeit und müssen innerhalb der Arbeitsgleichung berücksichtigt werden.
Wir betrachten den in der obigen Grafik gegebenen Balken, bei welchem in
Infolge der
Innere virtuelle Verschiebungsarbeit der virtuellen Auflagerkräfte/-momente:
Die äußere virtuelle Arbeit ist gleich der negativen inneren virtuellen Arbeit:
Und damit:
Treten mehrere Auflagerverschiebungen bzw. -verdrehungen auf, so wird die Summe gebildet:
Wir berücksichtigen den Term innerhalb der gesamten negativen virtuellen inneren Verschiebungsarbeit:
Methode
Beispiel: Prinzip der virtuellen Kräfte mit eingeprägten Auflagerverschiebungen
Beispiel
Für den in der obigen Grafik gegebenen Gelenkträger soll die Verdrehung des Querschnitts in
1.1 Virtuelles System aufstellen
Zunächst wird das virtuelle System aufgestellt, indem das Moment
1.2 Auflagerkräfte des virtuellen Systems
Zunächst bestimmen wir die Auflagerreaktionen. Dazu schneiden wir den Balken am Gelenk
Rechter Teilbalken:
Gesamter Balken:
(1)
(2)
(3)
Aus (1):
Aus (3):
Aus (2):
Zusammenfassung der Auflagerkräfte des virtuellen Systems:
Methode
1.3 Schnittgrößen des virtuellen Systems
Als Nächstes folgen die Schnittgrößen. In der Aufgabenstellung ist
Merke
Bei einem Momentengelenk ist der Momentenverlauf im Gelenk gleich Null, weil das Momentengelenk keine Momente überträgt.
1. Schnittbereich:
2. Schnittbereich:
Vertiefung
Momentenverlauf im Gelenk
Wir prüfen den Momentenverlauf im Gelenk
Im Momentengelenk ist der Momentenverlauf gleich null!
Hinweis
Die
Zusammenfassung der Momentenverläufe des virtuellen Systems (mit Überstrich zur Kennzeichnung des virtuellen Systems):
Methode
2.1 Auflagerkräfte des Ausgangssystems
Danach betrachten wir das Ausgangssystem und bestimmen die Auflagerkräfte. Zunächst fassen wir die Streckenlast zu zwei Resultierenden (rechts und links vom Gelenk c) zusammen:
Wir müssen hier zwei Resultierende der Streckenlast bilden, weil wir für die Bestimmung der Auflagerkräfte den Balken im Gelenk
Links:
Rechts:
Wir schneiden den Balken wieder im Gelenk
Rechter Teilbalken
Hier wurde nur die Momentengleichgewichtsbedingung angewendet, weil die Gelenkkräfte für die Berechnungen nicht benötigt werden. Alternativ kann man auch mittels vertikaler Gleichgewichtsbedingung die Gelenkkräfte
Gesamter Balken:
(1)
(2)
(3)
Aus (1):
Aus (3):
Aus (2):
Zusammenfassung der Auflagerkräfte des Gesamtsystems:
Methode
2.2 Schnittgrößen des Ausgangssystems
Auch in diesem Fall werden zwei Schnitte durchgeführt. Einmal zwischen dem Auflager
1. Schnittbereich:
2. Schnittbereich:
Zusammenfassung der Momentenverläufe des Ausgangssystems:
Methode
3. Grafische Schnittgrößenverläufe beider Systeme
Als Nächsten wollen wir die oben berechneten Momentenverläufe grafisch darstellen, um die Koppeltafel zur Berechnung der Integrale anwenden zu können.
In der obigen Grafik ist der Schnittgrößenverlauf des Ausgangssystems grafisch dargestellt. Der Momentenverlauf im 1. Schnittbereich beginnt im Lager
Der Momentenverlauf im 2. Schnittbereich beginnt im Lager
In der obigen Grafik ist der Schnittgrößenverlauf des virtuellen Systems grafisch dargestellt. Der Momentenverlauf im 1. Schnittbereich beginnt im Lager
Der Momentenverlauf im 2. Schnittbereich beginnt im Lager
4. Virtuelle Auflagersenkung
Infolge des
Die Schnittgrößen haben wir bereits bestimmt. Es fehlt noch die virtuelle Auflagerkraft. Da wir die Absenkung im Punkt
Methode
5. Arbeitsgleichung
Wir betrachten als Nächstes die Arbeitsgleichung
Merke
Die äußere Verschiebungsarbeit ist das
Zur Bestimmung der Verdrehung des Querschnitts in
Die Summe des zweiten Terms fällt weg, da nur eine Auflagerverschiebung gegeben ist. Dafür muss die Summe der Verschiebungsarbeit der Momentenverläufe gebildet werden, da zwei Schnittbereiche auftreten:
Methode
Wir betrachten zunächst die Integrale und berechnen diese mittels Koppeltafel unter Betrachtung der grafischen Schnittgrößenverläufe.
1. Integral
Wir betrachten also die Momentenverläufe des 1. Schnittbereichs für das virtuelle System und das Ausgangssystem und suchen diese in der Koppeltafel. Beide Momentenverläufe im 1. Schnittbereich sind linear. Es ergibt sich also für beide derselbe dreieckige Momentenverlauf mit unterschiedlichen Höhen. In der Koppeltafel finden wir die beiden dreieckigen Verläufe in Zeile 2 und Spalte 2 mit:
Dabei ist
Wir müssen noch die Biegesteifigkeit berücksichtigen:
Methode
Bevor wir die Biegesteifigkeit einsetzen können, müssen wir das E-Modul umrechnen in
Die Biegesteifigkeit im 1. Schnittbereich ergibt sich zu:
Einsetzen:
2. Integral
Hier unterteilen wir die Momentenverläufe vor und nach dem Gelenk, weil ein Nulldurchgang und damit ein Vorzeichenwechsel stattfindet.
Vor dem Gelenk:
Wir beginnen bei
Hierbei ist
Vertiefung
Maximum bestimmen
Für den parabelförmigen Verlauf benötigen wir zusätzlich das Maximum
Das Maximum befindet sich bei
Einsetzen:
Berücksichtigung der Biegesteifigkeit:
Nach dem Gelenk:
Hier sind beide Momentenverläufe negativ. Der Momentenverlauf des Ausgangssystems ist eine quadratische Parabel, der Momentenverlauf des virtuellen Systems weist einen linearen Verlauf auf. Wir suchen also die quadratische Parabel (nach oben geöffnet) und den linearen Verlauf (dreieckiger Verlauf). In Zeile 5 und Spalte 3 sind die Verläufe gegeben:
Dabei ist
Berücksichtigung der Biegesteifigkeit
Auflagerverschiebung
Als Nächstes betrachten wir noch die Verschiebungsarbeit der virtuellen Auflagerkraft
Hierbei ist
Wir wenden die gesamte Arbeitsgleichung an:
Einsetzen aller bekannten Werte:
Das erste Minuszeichen beim letzten Term resultiert aus der Gleichung selber. Das zweite Minuszeichen zeigt an, dass die Verschiebung (vertikal nach unten) genau entgegengesetzt zur Auflagerkraft (vertikal nach oben) erfolgt. Demnach muss hier das zweite Minuszeichen berücksichtigt werden. Wäre eine Auflagerverschiebung nach oben gegeben, so würde das zweite Minuszeichen nicht berücksichtigt, weil die Kraft in Richtung der Verschiebung zeigen würde.
Auflösen nach
Methode
Die Verdrehung (Linksdrehung) des Balkenquerschnitts in
Weitere interessante Inhalte zum Thema
-
Streckenlast: Schnittgrößen durch Integration
Vielleicht ist für Sie auch das Thema Streckenlast: Schnittgrößen durch Integration (Schnittmethode und Schnittgrößen) aus unserem Online-Kurs Technische Mechanik 1: Statik interessant.