Inhaltsverzeichnis
Aufgabe: Schnittgrößen und Schnittgrößenverläufe
Beispiel
Gegeben sei der obige Balken, welcher am linken Ende durch eine feste Einspannung gehalten wird. Der Balken wird durch zwei Streckenlasten (dreieckig, rechteckig) belastet. Bestimme die Schnittgrößen und zeichne die Schnittgrößenverläufe.
1. Freischnitt und Resultierende der Streckenlasten
Zunächst schneiden wir den Balken von seinen Lagern frei und bestimmen die Resultierenden der Streckenlasten:
Merke
Die Resultierende einer Streckenlast
Wir haben hier zwei Streckenlasten gegeben, eine rechteckige und eine dreieckige. Wir bestimmen also zunächst die Flächen beider Streckenlasten.
Dreieckige Streckenlast:
Für die dreieckige Streckenlast wird der Flächeninhalt eines Dreiecks bestimmt.
Hierbei ist
Rechteckige Streckenlast:
Für die rechteckige Streckenlast wird der Flächeninhalt eines Rechtecks bestimmt.
Hierbei ist
Hinweis
Alternativ können hier auch die Resultierenden der Streckenlasten über die Integration erfolgen:
Dafür ist der Verlauf
Nachdem die Resultierenden der Streckenlasten bestimmt sind, benötigen wir als nächstes die Angriffspunkte dieser.
Merke
Der Angriffspunkt der Resultierenden einer Streckenlast liegt im Schwerpunkt der Fläche der Streckenlast.
Wir müssen also die Lage des Schwerpunktes entweder kennen oder berechnen. Für Rechteck und Dreieck ist die Lage der Schwerpunkte bekannt.
Bei einem rechtwinkligen Dreieck liegt der Schwerpunkt bei 1/3 der Fläche vom rechten Winkel ausgehend.
Bei einem Rechteck liegt der Schwerpunkt in der Mitte.
In unserem Beispiel ist die Angabe der Lage der Schwerpunkte nur in Richtung der Balkenachse notwendig (x-Richtung).
Hinweis
Alternativ können hier auch die Angriffspunkte (Schwerpunkt der Streckenlast) über die Integration erfolgen:
Dafür ist der Verlauf
2. Bestimmung der Auflagerkräfte
Als nächstes bestimmen wir die Auflagerkräfte.
Gleichgewichtsbedingung in x-Richtung:
Es sind keine Kräfte in
Gleichgewichtsbedingung in y-Richtung:
Momentengleichgewichtsbedingung um A (linksdrehende Momente positiv):
3. Bestimmung der Schnittgrößenverläufe (analytisch)
Bevor wir mit der Berechnung der Schnittgrößen beginnen, müssen wir uns überlegen, wo genau die Schnitte durchgeführt werden müssen. Geschnitten wird immer
Methode
Statische Unstetigkeiten
- Einzellasten,
- Knicke in Streckenlasten.
Geometrische Unstetigkeiten
- Knicke der Balkenachse,
- Verbindungselemente [wie beispielsweise Gelenke].
Wir haben hier statische Unstetigkeiten infolge der Streckenlasten. Wir müssen also je einen Schnitt durch jede Streckenlast durchführen:
In der obigen Grafik sind die beiden Schnitte eingezeichnet. Der 1. Schnitt wird zwischen
Hinweis
Wir haben das linke Schnittufer gewählt, d.h. die Normalkraft zeigt nach rechts, die Querkraft nach unten und das Moment ist ein Linksdrehendes.
1. Schnitt
Wie deutlich zu erkennen ist, ist bei dem 1. Schnitt die gegebene Teilstreckenlast nun nicht mehr dreieckig. Wir benötigen aber hier die Fläche dieser Teilstreckenlast (Berechnung der Querkraft) sowie die Lage des Schwerpunktes (Berechnung des Moments) für die Berechnungen der Schnittgrößen. Wir können die Streckenlast bei der Querkraft und beim Biegemoment wie folgt berücksichtigen:
Methode
Berücksichtigung der Streckenlast
Querkraft:
Biegemoment:
Um die Formeln oben anwenden zu können, benötigen wir zunächst den Verlauf
Dabei ist
Dabei ist
Die Geradengleichung ergibt sich dann wie folgt:
Methode
Als nächstes bestimmen wir die Schnittgrößen. Die Normalkraft wird aus der Gleichgewichtsbedingung in
Methode
Die Normalkraft wird Null, weil keine horizontalen Kräfte an den Balken angreifen.
Die Querkraft wird aus der Gleichgewichtsbedingung in
Einsetzen von
Die Grenzen des Intergals müssen der Teilstreckenlast entsprechend angepasst werden:
Integration durchführen:
Grenzen einsetzen:
Einsetzen von
Zusammenfassen:
Methode
Das Biegemoment wird mittels der Momentengleichgewichtsbedingung bestimmt. Dabei wird der Bezugspunkt immer in den Schnitt gelegt. Für die Streckenlast wird die zweimalige Integration durchgeführt:
Einsetzen von
Erste Integration:
Zweite Integration:
Zusammenfassen:
Einsetzen von
Methode
Probe: Die Ableitung des Biegemoments ergibt die Querkraft
Für den ersten Schnitt sind nun alle Schnittgrößen bestimmt.
2. Schnitt
Für den zweiten Schnitt betrachten wir die Laufkoordinate
Hier ist die Funktion
Methode
Wir beginnen mit der Normalkraft, welche wir aus der Gleichgewichtsbedingung in
Methode
Es existiert keine Normalkraft, weil keine horizontalen Kräfte an den Balken angreifen.
Die Querkraft berechnen wir aus der Gleichgewichtsbedingung in
Hinweis
Beim 2. Schnitt wird die gesamte dreieckige Streckenlast berücksichtigt. Hier kann also wieder die Resultierende der Streckenlast herangezogen werden.
Einsetzen von
Integration durchführen:
Einsetzen von
Zusammenfassen:
Methode
Für die Berechnung des Biegemoments wenden wir die Momentengleichgewichtsbedingung an:
Einsetzen von
Auflösen nach
1. Integration:
2. Integration:
Einsetzen von
Zusammenfassen:
Methode
Probe: Ableitung des Biegemoments ergibt die Querkraft
4. Bestimmung der Schnittgrößenverläufe (grafisch)
In der nachfolgenden Grafik sind die Schnittgrößenverläufe veranschaulicht:
Zu beachten: Die Schnittgrößenverläufe (analytisch) werden herangezogen, um diese grafisch zu visualisieren. Dabei werden innerhalb der Grafik die Randwerte (immer positiv) angegeben. Positive Verläufe werden unterhalb des Balkens eingezeichnet (gemäß der nach unten gerichteten z-Achse) und negative Verläufe oberhalb des Balkens. Außerdem werden diese zusätzlich durch + und - gekennzeichnet.
Randwerte
1. Schnitt:
2. Schnitt:
Weitere interessante Inhalte zum Thema
-
Biegelinie mit Streckenlast
Vielleicht ist für Sie auch das Thema Biegelinie mit Streckenlast (Balkenbiegung) aus unserem Online-Kurs Technische Mechanik 2: Elastostatik interessant.
-
Betriebszustand und Höhe des Schmierspalts
Vielleicht ist für Sie auch das Thema Betriebszustand und Höhe des Schmierspalts (Gleitlager) aus unserem Online-Kurs Maschinenelemente 2 interessant.