Seilreibung

In statischen Berechnungen von Seilkräften auf Rollen wird oft vernachlässigt, dass Momente auftreten können. Zudem werden Reibung zwischen Rolle und Seil in den Berechnungen häufig vernachlässigt, damit werden die Zugkräfte lediglich umgelenkt (Seilkräfte an beiden Seiten gleich groß). Wird die Reibung zwischen Rolle und Seil hingegen berüccksichtigt, so kann eine der beiden Seilkräfte geringer sein als die andere, ohne dass es zur Bewegung des Seils kommt. 

Wieder unterscheidet man zwischen Haftreibung, die auftritt wenn das Seil die Rolle mitnimmt, und Gleitreibung, falls die Rolle unter dem Seil wegrutscht, bzw. umgekehrt. Formal bedeutet das:

Haftung und

Gleiten. 

Es wird zunächst die Seilreibungsformel nach Euler-Eytelwein hergeleitet. Danach erfolgt ein Beispiel zum Seil um einen Poller und zur einfachen Bandbremse.

Herleitung der Seilreibungsformel (Euler-Eytelwein-Formel)

Um nun eine Berechnung anstellen zu können, wird aus dem Seil ein Stück der Länge herausgeschnitten und dafür die Gleichgewichtsbedingungen aufgestellt. Weiter wird angenommen, dass sich die Seilkraft längs von um den Betrag ändert. Geht man jetzt davon aus, dass die Kraft ist, das Seil also nach links gezogen wird, so wirkt die Haftungskraft dieser Kraft entgegen (die Haftung zeigt also nach rechts). Der Winkel des Ausschnitts sei und die Winkel zwischen Seil und horizontaler Achse seien (die farbigen Kräfte sollen nur der besseren Übersicht dienen):

Aus diesen Werten lassen sich die Gleichgewichtsbedingungen aufstellen:

Da infinitesimal klein ist, folgt

und

.

Unter Vernachlässigung von Termen, die kleiner als von erster Ordnung sind (), bleibt:

und .

Es ist nicht möglich aus den Gleichungen , und zu ermitteln. Das System ist demnach statisch unbestimmt. Es muss also die Grenzhaftung herangezogen werden. Bei dieser kann das Rutschen gerade noch verhindert werden. Die Grenzhaftung wird bestimmt mit:

Einsetzen der ermittelten Gleichungen ergibt:

.

Als nächstes integriert man über den gesamten Bereich, in dem das Seil in Berührung mit der Rolle steht (= ):

.

Die Haftbedingung für das Seil lautet ( mit aufheben und auf die andere Seite bringen):

Bei der obigen Gleichung handelt es sich um das Eulersche bzw. Eytelweinsche Seilhaftungsgesetz. Angenommen wäre gegeben, dann würde ein Gleichgewicht vorliegen, solange innerhalb der folgenden Grenzen liegt:

.

Ist so gilt:

Bemerkungen:

• Der Winkel muss im Bogenmaß (z.B. für 180°) eingegeben werden.
• Bei Überschreiten der maximalen Haftkraft setzt sich das Seil in Richtung der Seite mit der größeren Kraft in Bewegung.
• Für bzw. bleibt das Seil in Ruhe.

Das Verhältnis von wächst mit zunehmendem Umschlingungswinkel exponentiell. Dass dieser sehr stark ist, soll folgendes einfache Rechenbeispiel verdeutlichen:

Veranschaulichungsbeispiel

Anwendungsbeispiel: Seil um Poller

Bei Überschreitung der Kraft, setzt sich das Seil in Richtung des Schiffes in Bewegung. Es gilt also:

.

Die Zugkraft des Schiffes muss also unterhalb der maximalen Zugkraft liegen, damit sich das Seil nicht bewegt.

Eine zweimalige Drehung entspricht einem Winkel von . Der Winkel muss in Bogenmaß angegeben werden. Dabei ist und damit . Es ergibt sich also ein Bogenmaß von :

.

Das Schiff darf die Zugkraft von nicht überschreiten, weil sich das Seil ansonsten Richtung Schiff bewegt und sich letztendlich vom Poller löst.

Anwendungsbeispiel: Bandbremse

a) Drehung der Walze im Uhrzeigersinn

Zur Bestimmung der Seilkräfte und des Drehmoments muss die Walze von dem Hebel freigeschnitten werden:

Es wird zunächst die Drehung mit dem Uhrzeigersinn betrachtet. Dann wirkt ein rechtsdrehendes Moment auf die Walze. Hierbei muss sein, weil die Walze gegen dreht und die meiste Kraft aufbringen muss.

Um das rechtsdrehende Drehmoment zu berechnen, wird nur die Walze betrachtet. Es wird die Momentengleichgewichtsbedingung um das Lager verwendet. Die unbekannten Lagerkräfte und fallen dabei aus der Berechnung raus, da die Wirkungslinien bereits den Bezugspunkt schneiden. Es müssen nur die Kräfte, welche auf die Walze wirken, berücksichtigt werden. Der Hebel wird später separat betrachtet. Das Lager liegt in der Mitte der Walze, d.h. es gilt ein Abstand vom Rand der Walze:

Das Drehmoment kann so noch nicht bestimmt werden, da die Seilkräfte und unbekannt sind. Es gillt für die Haftbedingung, wenn :

Um die Seilkraft zu bestimmen, wird noch die Seilkraft benötigt. Diese kann berechnet werden, indem die Gleichgewichtsbedingungen am Hebel zusätzlich berücksichtigt werden. Hier wird die Momentengleichgewichtsbedingung um das Lager betrachtet. Somit fallen die unbekannten Lagerkräfte und aus der Berechnung raus:

Einsetzen von :

Einsetzen von , und :

.

Es kann nun die Seilkraft bestimmt werden:

.

.

Als letztes kann nun das Drehmoment bestimmt werden, mit:

.

a) Drehung der Walze gegen den Uhrzeigersinn

Als nächstes soll das Drehmoment bestimmt werden, für die Drehung der Walze gegen den Uhrzeigersinn:

Das Vorgehen ist analog zu oben, nur dass jetzt ein linksdrehendes Moment wirkt und damit . Aufstellung der Momentengleichgewichtsbedingung im :

Das Drehmoment kann so noch nicht bestimmt werden, da die Seilkräfte und unbekannt sind. Es gillt für die Haftbedingung, wenn :

Um die Seilkraft zu bestimmen, wird noch die Seilkraft benötigt. Diese kann berechnet werden, indem die Gleichgewichtsbedingungen am Hebel zusätzlich berücksichtigt werden. Hier wird die Momentengleichgewichtsbedingung um das Lager betrachtet. Somit fallen die unbekannten Lagerkräfte und aus der Berechnung raus:

Einsetzen von :

Einsetzen von , und :

.

Berechnung von :

.

.

Das Drehmoment beträgt dann:

.

In diesem Beispiel handelt es sich um die einfache Bandbremse. Diese eignet sich vor allem für den Rechtslauf (mit dem Uhrzeigersinn). Das wird auch an dem Moment sichtbar. Für den Rechtslauf ist dieses geringer.