Inhaltsverzeichnis
Unterliegt eine Konstruktion mehreren Grundbeanspruchungsarten zur gleichen Zeit, so führt dies infolge einer Überlagerung der einzelnen Beanspruchungen zu einer komplexen und mehrdimensionalen Spannungsverteilung. Da die Thematik nicht ganz einfach ist, befassen wir uns zuerst mit der Beurteilung von mehrachsigen Spannungszuständen in Hinblick auf die Verwendung der Werkstoffgrenzbeanspruchungen, die aus einem einachsigen Spannungszustand ermittelt wurden. Hierbei solltest du dir die Begriffe Zugversuch, Torsionsversuch und Biegeversuch merken.
Normalspannungen und Schubspannungen
Fassen wir kurz zusammen. Aus unseren bisherigen Betrachtungen sind zwei Arten von Beanspruchungen bekannt, die an einer Schnittstelle des belasteten Bauteils herrschen:
- Normalspannungen $\sigma \rightarrow $ Hier steht der Spannungsvektor senkrecht zur Schnittebene. Normalspannungen treten bei Zug-, Druck- und Biegebelastungen auf.
- Schubspannungen $\tau \rightarrow $ Der Spannungsvektor liegt in der Schnittebene. Schubspannungen entstehen bei Querkräften und Torsion.
Merke
Spannungsaddition
In der nächsten Abbildung siehst du einen Stab, der unterschiedlichen Beanspruchungen ausgesetzt ist. Es tritt eine Normalkraft, eine Biegung, eine Querkraft und eine Torsion am Stab auf.
Unter dem Stab siehst du die unterschiedlichen Verteilungen der Spannungen und deren Addition. Man fasst alle Normalspannungen $\sigma $ und alle Schubspannungen $\tau $ zusammen.
Merke
Spannungstensor
Der Spannungstensor beinhaltet sowohl alle Normalspannungen, die in x-,y- oder z-Richtung wirken, als auch alle Schubspannungen, die in xy-, xz-, yx-, yz-, zx- und zy-Richtung wirken. Dass alle Größen letztlich auch vorliegen setzt voraus, dass ein dreiachsiger Spannungszustand vorliegt.
Die allgemeine Form des dreiachsigen Spannungstensors ist dann:
Methode
Spannungszustände (einachsig, zweiachsig)
In den meisten Fällen wird auf eine Berechnung des vollständigen Spannungszustands in der Praxis verzichtet, da diese sehr zeit- und rechenaufwendig ist. So benötigt die Anwendung bei finiten Elementen mit räumlichen Elementen bedingt große Speicher und Rechenzeiten in EDV-Anlagen. Ein weiteres Ausschlusskriterium ist, dass in sehr vielen technischen Anwendungsfällen die Spannungen in mindestens einer von drei Richtungen vernachlässigbar klein ist. Aus diesem Grund unterscheidet man aus Vereinfachungsgründen:
- einachsige Spannungszustände
- zweiachsige Spannungszustände
Einachsige Spannungszustände treten in prismatischen Elementen wie Wellen, Profilen und Stäben auf. Die dabei entstehende Belastung wird dabei durch eine Grundbeanspruchungsart (Zug, Biegung, Torsion, Schub) verursacht. Der Schnitt verläuft senkrecht zum Normalspannungsvektor.
Der Spannungstensor hat bei einem einachsigen Spannungszustand die Form:
Methode
Zweiachsige Spannungszustände oder ebene Spannungszustände, treten hauptsächlich bei Scheiben auf. Die Beanspruchungen wirken hierbei ausschließlich innerhalb der Scheibenebene.
Der Spannungstensor hat bei einem zweiachsigen Spannungszustand die Form:
Methode
$ \gamma = \begin{bmatrix} \sigma_x & \tau_{xy} \\ \tau_{yx} & \sigma_y \end{bmatrix} $
Trotzdem können zweiachsige Spannungszustände auch in prismatischen Objekten auftreten, sofern die Schnittebene nicht senkrecht zur Normalspannungsrichtung liegt. Das bedeutet:
Merke
Glücklicherweise sind mit dem zweiachsigen Spannungszustand die meisten Anwendungsfälle im Maschinenbau berechenbar, da im Bereich ungestörter Krafteinleitung in beinahe jedem Fall in einer Richtung die Beanspruchungen vernachlässigbar klein sind.
Räumliche Spannungszustände sind vornehmlich im Bereich der Lasteinleitung und der Kerben zu berücksichtigen. Diese sind die wesentliche Ursache für das Auftreten von dreiachsigen Spannungszuständen. Als typische Beispiele können
- Spannungen in Kerben mit Kraftumlenkungen und
- dickwandige Hohlzylinder unter Druck
genannt werden.
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