Während der Fertigung von Absätzen (Innen- und Außenkanten) an Drehteilen benötigt das Werkzeug (z. B. ein Drehmeißel oder eine Schleifscheibe) einen Freiraum als Auslaufzone. Hierzu dient ein Freistich nach DIN 509.
Weiterhin kann ein Freistich beim Zusammenbau von Baugruppen genutzt werden, um das bündige Aufstecken von Gegenstücken, z.B. Lagern, zu gewährleisten, wenn an diesen Gegenstücken keine ausreichend große Fasen oder Rundungen angebracht werden können.
So sind beispielsweise Freistiche sinnvoll, wenn ein Wälzlager auf eine Welle (Fügen an einer Innenkante) oder in ein Lagergehäuse (Fügen an einer Außenkante) eingepasst werden muss.
Weiterhin können durch die in Freistichen enthaltenen Radien die entstehenden Spannungsspitzen, welche durch Absätze in der Drehkontur und deren Kerbwirkung entstehen, verringert werden.
Genormt sind Freistiche in der DIN 509. Es werden dabei zwei grundsätzlich unterschiedliche Formen unterschieden:
- Form E: Radialeinstich
Ein solcher Freistich findet Anwendung, wenn die plane Seitenfläche weiterbearbeitet werden bzw. als Anlagefläche dienen soll. Die plane Seitenfläche bleibt dabei erhalten, der Einstich erfolgt in die zylindrische Oberfläche. - Form F: kombinierter Radial- und Axialeinstich
Hier erfolgt ein Einstich sowohl in die plane Seitenfläche als auch in die Zylinderfläche, so dass beide Flächen grundsätzlich weiter bearbeitet werden sollen.
Aufbauend auf Form F existieren zwei weitere Freistichformen, die zum einen bei geringen Belastungen (Form G) bzw. bei höher belasteten Werkstücken (Form H) genutzt werden sollten:
- Form G: kombinierter Radial- und Axialeinstich für kleine Übergange (bei geringer Belastung)
Diese Form ist platzsparend, besitzt aber eine höhere Kerbwirkung, da die Radien viel kleiner sind. - Form H: kombinierter Radial- und Axialeinstich für größere und stärker belastete Übergange
Aufgrund des stärker ausgerundeten Übergangs wird die Kerbwirkung im Vergleich zu Form G verringert. Dies ist deshalb geeignet für höher belastete Werkstücke.
In der Regel zeichnet man Freistiche in technischen Zeichnungen nicht im Detail, da dies selbst bei Nutzung von CAD sehr kompliziert und schwer darstellbar ist. Zur Vereinfachung erfolgt in der Regel eine Kennzeichnung mittels einer Volllinie und der dazu gehörenden Normbezeichnung (Abb.67 links).
Die Normbezeichnung setzt sich zusammen aus der DIN-Bezeichnung, der Freistichform (E, F, G, H) sowie den Angaben der genutzten Radien und Einstichtiefen.
Merke
Normgerechte Bezeichnung eines Freistiches:
Freistich DIN 509 – E 0,8 x 0,3
Dies bedeutet: Freistich nach
- DIN 509
- Form E,
- Radius r = 0,8 mm (siehe Abb.67)
- Einstichtiefe t1 = 0,3 mm (in Abb.67 +0,1mm)
Abb.67 zeigt links die vereinfachte Darstellung eines Freistiches in einer technischen Zeichnung und rechts die für die Fertigung erforderlichen genauen Kennwerte. Letztere sind aus Tabellenbüchern zu entnehmen, da diese nicht vollständig in den dargestellten Bezeichnungen enthalten sind.
Wenn nicht anders angegeben, haben Freistiche eine Oberflächenrauheit (in µm) von Rz 25 bzw. Ra 3,2.
In einer technischen Zeichnung reicht es somit aus, wenn der Freistich mittels einer Volllinie und der Normbezeichnung gekennzeichnet ist. Bei dieser vereinfachten Darstellung werden die Form, der Radius und die Tiefe des Einstichs angegeben.
Abb.68 zeigt diese vereinfachte Freistichdarstellung nochmals am Beispiel eines Drehteils.