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Werkstückkanten können nach einer spanenden Bearbeitung gratig, scharfkantig oder auch abgerundet sein.
Aus diesem Grund kann man in technischen Zeichnungen Angaben zum Zustand von Kanten (Innenkanten sowie Außenkanten) machen, die einen Zustand nach einer möglichen Bearbeitung fordern.
Kennzeichnung
Werkstückkanten, die nach der Fertigung unerwünschte geometrische Formen aufweisen, wie z. B. scharfkantig oder abgeflacht sind, müssen aus sicherheitstechnischen sowie aus funktionellen Gründen entfernt werden und einen bestimmten Zustand, z. B. entgratet, aufweisen; hier erfolgt eine Bemaßung mit einem Sinnbild entsprechend DIN ISO 13715, die 2020 aktualisiert wurde und aktuell gültig ist.
In Tab. 6.1 sind die Begriffe, die eine Werkstückkante charakterisieren können, für Innen- und auch für Außenkanten zusammengestellt. Sie sehen, dass sich die begrifflichen Darstellungen für Innen- und Außenkanten unterscheiden und deshalb bei einer entsprechenden Bemaßung bzw. sinnbildlichen Darstellung auch gesondert betrachtet, werden müssen.
bezogen auf eine Innenkante | bezogen auf eine Außenkante |
Die Innenkante ist scharfkantig | Die Außenkante ist scharfkantig |
Die Innenkante weist einen Übergang auf | Die Außenkante weist einen Grat auf. Der Grat ist > scharfkantig |
Die Innenkante weist eine Abtragung auf | Die Außenkante weist eine Abtragung auf |
Die in Tab. 6.1 benannten Begriffe sind in Abb.72 nochmals grafisch zusammengestellt worden, wobei hier auch sehr gut die Größenverhältnisse der unterschiedlichen Formen der Abkantung abgeschätzt werden können.
Die jeweiligen Kantenbereiche könnten wie in Tab. 6.2 dargestellt, klassisch bemaßt werden. Als Kennwert α soll dabei der jeweilige Abstand von der „normalen“ Kante bezeichnet werden. Ein positives Vorzeichen bedeutet dabei einen Übergang oder einen Grat, ein negatives Vorzeichen eine Abtragung.
Kennzeichen | Zustand der Außenkante | Zustand der Innenkante | ||
Bezeichnung | Darstellung | Bezeichnung | Darstellung | |
- | Abtragung (Rundung oder Fase) | Abtragung (Einstich) | ||
+ / - | scharfkantig (annähernd) | scharfkantig (annähernd) | ||
+ | Grat | Übergang (Rundung oder Fräse) |
Ist eine Abweichung von der ideal-geometrischen Form zugelassen, so darf die Form innerhalb der zugelassenen Toleranzen liegen. Zulässige Maße für diese Kantenbereiche sind in Tab. 6.3 zusammengestellt.
Zulässige Maße eines Kantenbereiches (mm) - Beispiele | ||
Kantenzustand | Gratige Außenkante Innenkante mit Überhang | +0,1; +0,3; +0,5; +1,0; +2,5 |
scharfkantige Außenkante scharfkantige Innenkante | ±0,05; ±0,02 | |
Gratfreie Außenkante Innenkante mit Abtragung | –0,1; –0,3; –0,5; –1,0; –2,5 |
Die Vorzeichenvergabe kann dabei wie folgt festgelegt werden:
Außenkante | Innenkante | Symbol entsprechend DIN ISO 13715 |
gratig (Überhang) | Übergang | + |
gratfrei | Abtragung | - |
scharfkantig (gratig oder gratfrei) | scharfkantig (Übergang oder Abtragung) | ± |
Sinnbild der Darstellung von Werkstückkanten
Eine Bemaßung und Darstellung von Werkstückkanten, so wie in Tab. 6.2 dargestellt, wäre jedoch sehr unpraktisch. Deshalb werden in technischen Zeichnungen die Kantenangaben nur sinnbildlich dargestellt.
Dabei bestehen Unterschiede in der sinnbildlichen Darstellung je Kante sowie bei der Darstellung als Sammeleintrag.
Sinnbildliche Darstellung je Kante
In technischen Zeichnungen können Kantenangaben untergebracht werden, indem man direkt mit einem Pfeil eine bestimmte Werkstückkante kennzeichnet und die entsprechenden Werte für den einzuhaltenden Abstand a (in Abb.73 -0,2mm) einträgt.
Wenn man demgegenüber eine allgemeingültige Kantenangabe für die gesamte Zeichnung machen will, kann man das Kantensymbol in der rechten oberen Ecke der technischen Zeichnung eintragen, wobei die Innen- und Außenkanten gesondert betrachtet werden können.
Es ist dabei strikt zu unterscheiden, ob alle Kanten, oder ob nur einzelne Kanten gekennzeichnet werden sollen. Wird mindestens eine Kante direkt gekennzeichnet, sollte eine Ergänzung bei der allgemeinen Darstellung in Klammern erfolgen.
Die Pfeilspitze des Kantensymbols zeigt immer auf die jeweilige Bauteilkante (bei Einzelkennzeichnung) bzw. auf eine stilisierte Außen- oder Innenkante...
Das einzuhaltende Kantenmaß (α) steht innerhalb des Sinnbildes für den Wert der Werkstückkanten, wobei die Kantenmaße wie in Tab. 6.5 zusammengestellt eingetragen werden können:
Ein Wert eingetragen | Zwei Werte als Stapel eingetragen | Nur ein Vorzeichen und kein Wert ist eingetragen |
An dem Sinnbild ist der Höchstwert des Kantenmaßes mit dem Kennzeichen eingetragen. | An dem Sinnbild ist der obere und untere Grenzwert mit dem jeweiligen Kennzeichen eingetragen. | Der Kantenzustand kann auch ohne Angabe eines Kantenmaßes nur mit dem Kennzeichen + oder – stehen. |
Wichtig ist bei einer solchen Darstellung auch, wo das Kantenmaß am Sinnbild eingetragen wurde. Durch die Position der Maßangabe am Kantensymbol kann die Gratrichtung bzw. Abtragungsrichtung festgelegt werden.
Abb.74 zeigt diesbezüglich einige Beispiele zur verbesserten Illustration allgemein auf und in Tab. 6.7 werden einige Beispiel auch quantitativ erläutert.
Außenkanten | Innenkanten | ||||
Bezeichnung | Darstellung | Erläuterung | Bezeichnung | Darstellung | Erläuterung |
Gratrichtung beliebig | Einstichrichtung beliebig | ||||
Gratrichtung senkrecht (vertikal) | Einstichrichtung senkrecht (vertikal) | ||||
Gratrichtung waagerecht (horizontal) | Einstichrichtung waagerecht (horizontal) |
Außenkante mit Abtragung (Rundung oder Fase) höchstens 0,5 mm | Außenkante mit Abtragung (Rundung oder Fase) höchstens 1 mm, mindestens 0,5 mm | Außenkante scharfkantig, Grat, Rundung oder Fase höchstens 0,05 mm |
Innenkante mit Übergang (Rundungen oder Fase), höchstens 0,5 mm | Innenkante mit Übergang (Rundung oder Fase), höchstens 1 mm, mindestens 0,5 mm | Innenkante scharfkantig, Rundung Fase oder Einstich höchstens 0,05 mm |