Kursangebot | Fertigungslehre | Walzen

Fertigungslehre

Walzen

Walzwerk
Walzwerk

 

Das Walzen stellt ein Umformungsverfahren dar, welches immer dann vorzugsweise eingesetzt wird, wenn es um die Herstellung von Blechen, Stangen und Rohren geht. In geringerem Umfang werden auch Werkstücke durch Walzvorgänge hergestellt oder bearbeitet. Trotz verschiedener Anwendungsgebiete fällt der größte Anteil aller Walzvorgänge auf das Flachwalzen von Blechen, die anschließend ihre Verwendung im Karosserie- oder Gehäusebau finden. 

Der Walzvorgang ermöglicht einen hohen Umformungsgrad, der zum einen von der Druckspannung und zum anderen von der geometrischen Gestaltung der Walzen abhängt. Für das Hindurchziehen des Blechs durch die Walzen werden zusätzlich horizontale Stoß- oder Zugkräfte benötigt, es sei denn die Reibung zwischen Blech und Walzen ist ausreichend hoch, so dass ein selbstständiges Hineinziehen möglich ist. Für den letzteren Fall gilt:

Methode

Hier klicken zum AusklappenReibungswinkel $\le \frac{1}{2} $ Walzwinkel $\Longrightarrow \varrho \le \frac{1}{2} \alpha $

Merke

Hier klicken zum Ausklappen

Ist der Reibungswinkel kleiner als der Walzwinkel, so ergreifen die Walzen das Blech zu Beginn des Walzvorgangs selbständig und ziehen es durch den Walzspalt. Im umgekehrten Fall hingegen ist ein Hineinstoßen des Blechs in den Walzspalt zu Beginn des Walzvorgangs notwendig.

$\alpha > \varrho > \frac{1}{2} \alpha \Longrightarrow $ Einzug durch Stoßkraft

$\alpha < \varrho \Longrightarrow $ selbständiger Einzug

Anordnungen von Walzen

Werden besonders hohe Walzdrücke benötigt, wählt man anstelle von einem Walzenpaar, gleich mehrere Walzenpaare. In der nachfolgenden Abbildung sind verschiedene Anordnungstypen von Walzen dargestellt.

Varianten von Walzgerüsten
Varianten von Walzgerüsten

Die Walzen, die in direktem Kontakt zum Blech stehen, bezeichnet man als Arbeitswalzen. Die nachgeschalteten Walzen werden ihrer Aufgabe entsprechend als Hilfswalzen bezeichnet. Dabei sind Walzengerüste, die bis zu zwölf Walzen beinhalten, keine Seltenheit. 

Rohrherstellung

Ein etwas komplexerer Walzvorgang ist die Herstellung von Rohren. Hierbei wird eine Rundstange mit Hilfe kegelig geformter Arbeitswalzen über einen Lochdorn in der Mitte des Walzengerüsts zu einem Rohr gestreckt. Da dieser Vorgang sehr energieintensiv ist, wird er beinahe ausschließlich als Warmwalzvorgang durchgeführt. 

Rohrwalzen
Rohrwalzen

Kaltziehen

In vielen Fällen liegt das Material nach dem allgemeinen Walzvorgang oder der Rohrherstellung noch nicht in der gewünschten Form vor und muss daher noch dem Kaltziehen unterzogen werden. Hierbei wird das gewalzte Material durch einen konisch zulaufenden Ziehring mit gewünschtem Durchmesser gezogen. Allgemein kennzeichnet das Kaltziehen besonders, dass die Kosten um ein vielfaches höher liegen als beim vorangegangenen Walzvorgang. Einen typischen Anwendungsfall für das Kaltziehen ohne vorheriges Walzen stellt das Ziehen von dünnen Drähten dar.   

Kaltziehen
Kaltziehen

Kalt- und Warmverformung

In der Umformtechnik befasst man sich mit der Umformung von Formteilen und Halbzeug. In den meisten Fällen handelt es sich um Werkstoffe metallischer Art.

Dabei wird die Plastizität der Metalle ausgenutzt, die sich aus der Erzeugung und Bewegung von gleitfähigen Versetzungen im Gefüge der Metalle ergibt.
Welche physikalischen Prozesse beim Umformen auftreten, richtet sich nach der vorliegenden Prozesstemperatur.

Bramme fährt in die Walzstraße
Bramme fährt in die Walzstraße

 Prozesstemperatur

  • Bei einer Temperatur im mittleren und unteren Bereich, erzeugt eine Umformung eine Verfestigung.
  • Bei einer Temperatur im hohen Bereich, kommt es infolge der Umformung zu einer Entfestigung.


Wir klassifizieren daher die Umformung in Kaltverformung und Warmverformung:

Die Temperatur hat hierbei einen besonderen Einfluss. Denn neben der Einstellung der Festigkeit, bewirkt sie auch eine direkte Einwirkung auf die Verformungsvorgänge im veränderten Gefüge.
So bilden kaltverformte, einphasige Metalle getreckte Kristallite in der Verformungsrichtung aus. Es entsteht eine Verformungstextur.
Kommt dann noch eine nicht verformungsfähige Zweitphase mit kleinen Teilchen hinzu, so werden diese Teilchen infolge der Fließvorgänge in der Matrix gedreht und umgelagert.
Die größeren Teilchen dieser Zweitphase werden im Umformungsprozess in kleiner Teilstücke zerbrochen.
Ein warmverformtes einphasiges, homogenes Metall bildet infolge des Umformens ein rekristallisiertes, feinkörnig-globullistisches Gefüge aus. 
Ein warmverformte inhomogenes oder heterogenes Gefüge bildet ein Gefügebereich in Verformungsrichtung als ausgestreckte Zeilen. Man spricht auch von einer Gefügezeiligkeit oder einer Faserstruktur.