Inhaltsverzeichnis
Bevor wir uns der konkreten Gestaltung und Berechnung von Maschinenelementen widmen machen wir in diesem Kapitel einen kurzen Exkurs in den Bereich der Konstruktionssystematik, damit klar wird, wo im Konstruktionsprozess das Thema Maschinenelemente verortet ist.
Wie gehe ich vor, wenn ich etwas konstruieren möchte?
Einfache Baugruppen, Maschinen und Vorrichtungen können meist mit intuitiver Begabung, Erfahrung und Orientierung an vorhandenen Konstruktionen konzipiert werden. Bei komplexen Produkten oder bei der Entwicklung völlig neuer Produkte kann die Anwendung von systematischen Konstruktionsansätzen z. B. nach VDI-Richtlinien (2221, 2222, 2223, 2225) sinnvoll sein.
Interessant ist dabei, dass es nur eine sinnvolle Definition für die Konstruktion aus technisch-wissenschaftlicher Perspektive gibt:
Merke
Konstruieren heißt, den Entwurf eines zu entwickelnden technischen Gebildes so auszuarbeiten, dass dessen Fertigung möglich wird. Arbeitsergebnis sind die zur Fertigung nötigen Unterlagen, wie zum Beispiel technische Zeichnungen oder Montageanleitungen.
Das Konstruieren beginnt mit dem Entwicklungsprozess des Produkts und endet mit nutzbaren Unterlagen für dessen Fertigung.
Der Konstruktionsprozess kann in Anlehnung an die VDI 2222 "Konzipieren technischer Produkte" und unter Berücksichtigung genannter Definition ungefähr wie folgt in vier Phasen untergegliedert werden, wobei den vier Phasen zusammenfassend insgesamt sieben detallierte Hauptaufgaben zugewiesen werden können.
Zunächst werden diese 4 Phasen einmal mit ein paar zuzsätzlichen Aufgabeninhalten aufgelistet; im anschließenden Bild wurden die einzelnen Aufgaben in 7 Hauptaufgaben strukturiert:
- Planung
- Klärung der Entwicklungsaufgabe
- Erfassung der Anforderungen des Kunden oder des Marktes (Lastenheft)
- Konzipierung
- Umsetzung der Lastenheft-Anforderungen in eine Anforderungsliste mit qualifizierten und quantifizierten Anforderungen (Patentsituation, Fertigbarkeit, Lieferbarkeit gehören da auch zu, außerdem Aufteilung in Festforderungen und Wünsche)
- Ggf. Entwicklungsauftrag aufteilen in Teilfunktionen
- Lösungsprinzipien für Teilfunktionen suchen
- Auswählen geeigneter Kombinationen und Erarbeiten von Konzeptvarianten ("morphologischer Kasten"), Erstellung von Skizzen
- Bewertung der Konzeptvarianten (technisch, wirtschaftlich) ("Wertanalyse")
- Entwurf
- Erstellung des Entwurfs
- iterative Verbesserung des Entwurfs
- Ausarbeitung
- Gestalten und Optimieren der Einzelteile
- Erstellung von Fertigungsunterlagen
- ggf. Herstellung und Prüfung von Prototypen
- Kostenkontrolle
Das Fach Maschinenelemente ist in diesem Prozess ab der Suche nach Lösungsprinzipien in der Konzipierungsphase (Phase 2) maßgeblich beteiligt, denn die möglichen Funktionen und bekannten Lösungsprinzipien erhalten wir aus den Definitionen der etablierten Maschinenelemente.
Bis einschließlich zur Erstellung der Fertigungsunterlagen in der Phase Ausarbeiten (Phase 4) werden viele Parameter von Bestandteilen der Konstruktion (Anschlussmaße, Belastbarkeit, etc.) aus den Definitionen der Maschinenelemente bezogen.
Aus der Konzipierungsphase können mehrere mögliche Lösungen in die Entwurfsphase zur genaueren Überprüfung übergehen.
Der Konstruktionsprozess Phase 4 (Ausarbeiten) kann im Detail wie folgt beschrieben werden:
In den frühen Produktlebensphasen (Planung, Konzipierung, Entwurf) entstehen normalerweise die geringsten Kosten während des Konstruktionsprozesses; es wird aber der größte Einfluss auf die Gesamtkosten der Konstruktion ausgeübt!
Besonders sorgfältig und umsichtig durchgeführte Planungs-, Konzipierungs- und Entwurfsphasen sparen somit meist in den späteren Produktlebensphasen z. B. durch günstigere Fertigung ein Mehrfaches ihres eigenen Aufwands ein.
Für sehr umfangreiche und komplexe Entwicklungsaufgaben empfiehlt sich die Strukturierung des gesamten Prozesses nach der Lehre der Konstruktionssystematik, die als eigenständiges Fach zu sehen ist.
Ein gängiges Fachbuch wäre "Konstruktionslehre" von Pahl/Beitz.