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Unter GleitReibung versteht man Reibung, die entsteht, sobald sich zwei Körper, die in Berührung zueinander stehen, voneinander weg bewegen. Dieser Fall tritt ein, sobald durch Haftreibung kein Gleichgewicht mehr mit den eingeprägten Kräften zu erzielen ist und sich die berührenden Körper mit einer Relativgeschwindigkeit gegensätzlich zueinander bewegen. Den dabei auftretenden Gleitwiderstand [Gleitreibung] entgegen der relativen Bewegungsrichtung beschreibt man mit Hilfe der Gleitreibungskraft $ R $:
Merke
In unzähligen Versuchsreihen hat sich herausgestellt, dass der Reibungskoeffizient $\mu$ immer ein wenig kleiner als der Haftungskoeffizient $\mu_0$ ist (siehe untenstehende Tabelle).
Methode
$\mu < \mu_0 $
Wieso ist das so? Um z.B. ein Auto anzuschieben, muss man zunächst eine horizontale Kraft $F$ aufbringen, die höher als die Haftkraft $H = \mu_0 N$ der Räder mit dem Untergund ist. Nachdem sich das Auto endlich bewegt, haben wir viel weniger Mühe dieses weiter zu bewegen, die Reibung wird also geringer. Dies resultiert aufgrund des geringeren Reibungskoeffizienten $\mu$.
Wir betrachten auch hier wieder unseren Klotz. Die Haftkraft $H$ ist größer als die Grenzhaftung $H_0$. Anstelle der Haftreibung tritt nun die Gleitreibung $R = \mu N$ mit dem Gleichtreibungskoeffizienten $\mu$ ein. In unserem Beispiel muss also der Winkel zwischen Grenzhaftkraft $R$ und Normalkraft $N$ größer sein, als der Grenzwinkel $\rho_0 = arctan(\mu_0)$, bei dem der Klotz gerade noch ruht.
Beschleunigung bestimmen
Der Klotz setzt sich in Bewegung. Es ist nun möglich die Beschleunigung mittels der Newtonschen Bewegungsgleichung zu bestimmen:
$F = ma$
Hierbei ist $F$ die Summe aller in Bewegungsrichtung auftretenden Kräfte. Dies ist zum einen die Kraft, welche den Klotz in Bewegung versetzt. In diesem Fall also die Hangantriebskraft, bzw. die in Komponente der Gewichtskraft in $x$-Richtung:
$G \cdot \sin(\alpha)$
Außerdem wirkt dieser Bewegung die Reibungskraft $R$ entgegen (in Richtung der negativen x-Achse):
-$R = \mu_N$.
Die Summe der in Bewegungsrichtung auftretenden Kräfte ist demnach:
$F = G \cdot \sin(\alpha) - \mu \; N$
Einsetzen von: $N = G \cos(\alpha)$ (aus den Gleichgewichtsbedingungen, siehe vorangegangenen Abschnitt):
$F = G \cdot \sin(\alpha) - \mu G \cos(\alpha)$
Einsetzen in die Bewegungsgleichung:
$G \cdot \sin(\alpha) - \mu G \cos(\alpha) = m \cdot a$
$m \cdot g \cdot \sin(\alpha) - \mu \cdot m \cdot g \cos(\alpha) = m \cdot a$ |:m
$ g \cdot \sin(\alpha) - \mu \cdot g \cos(\alpha) = a$
Sei nun der Reibungskoeffizient $\mu = 0,7$ und der Winkel $\alpha = 39°$:
$ g \cdot \sin(\alpha) - \mu \cdot g \cos(\alpha) = a$
$ 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot \sin(39) - 0,7 \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cos(39) = a$
$a = 0,84 \frac{m}{s^2}$
Reibungskoeffizienten
Material | Haftungskoeffizient $\mu_0$ | Reibungskoeffizient $\mu$ |
Holz auf Holz | 0,5 | 0,3 |
Stahl auf Stahl | 0,15 - 0,5 | 0,1 - 0,4 |
Stahl auf Teflon | 0,04 | 0,04 |
Stahl auf Eis | 0,03 | 0,015 |
Leder auf Metall | 0,4 | 0,3 |
Autoreifen auf Straße | 0,7 - 0,9 | 0,5 - 0,8 |
Anwendungsbeispiel: Klotz auf horizontaler Ebene
Beispiel
Gegeben sei ein Klotz, welcher durch die Kraft $F$ belastet wird.
Gegeben sind: $\mu_0 = 0,5$, $\mu = 0,3$, $m = 20 kg$, $F = 15 kN$.
a) Unter welchen Haftungswinkel $\rho_0$ befindet sich der Klotz gerade noch in Ruhe?
b) Die Kraft greife in einem Winkel $\alpha =60°$ an dem Klotz an. Wie groß ist die Beschleunigung (Annahme: Klotz hebt nicht von der Horizontalen ab)?
a) Der Haftungswinkel wird bestimmt zu:
$\rho_0 = arctan(\mu_0)$
$\rho_0 = arctan(0,5)$
$\rho_0 = 26,57°$
b) Die Bewegung erfolgt horizontal nach rechts. Der Klotz soll nicht abheben. Die Bewegungsgleichung wird herangezogen:
$F = ma$
Dabei ist $F$ die Summe aller Kräfte in Bewegungsrichtung. Die Bewegungsrichtung erfolgt hier in Richtung der $x$-Achse.
Die Kraft $F$ muss mit ihrer Komponente in $x$-Richtung berücksichtigt werden:
$F \cos(60°)$
Die Reibungskraft $R$ setzt sich dieser Kraft entgegen:
$-R = \mu N$
Es muss noch die Normalkraft $N$ bestimmt werden. Diese kann aus der Gleichgewichtsbedingung in $y$-Richtung ermittelt werden:
$\uparrow : N - G + F \sin(60°) = 0$
$N = G - F \sin(60°)$
Einsetzen ergibt:
$-R = \mu (G - F \sin(60°))$
Die Summe aller Kräfte ergibt dann:
$F \cos(60°) - \mu (G - F \sin(60°)) = ma$
$F \cos(60°) - \mu (mg - F \sin(60°)) = ma$
$F \cos(60°) - \mu (mg - F \sin(60°)) = ma$ /m
$F \cos(60°) - \mu g + \mu \cdot F \sin(60°) = ma$
Einsetzen der Werte:
$ma = 15 kN \cos(60°) - 0,3 \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} + 0,3 \cdot 15 kN \sin(60°) = 8,45$ /m
$a = 0,423 \frac{m}{s^2}$
Anwendungsbeispiel: Klotz auf horizontaler Ebene mit einem Gewicht an einer über eine Rolle geführtem Faden
Beispiel
Ein Klotz mit der Masse $m_1 \; = \; 5 \;kg$ kann auf einer rauen horizontalen Unterlage (Reibungszahl $\mu \; = \; 0,18$) gleiten. Dieser ist mit einem Gewicht $m_2 \; = \; 1,2 \;kg$ über einen Faden verbunden, der über eine Rolle geführt wird.
a) Bestimme die im Faden wirkende Kraft.
b) Nach welcher Strecke hat der Klotz eine Geschwindigkeit von $v \; = \; 1\frac{m}{s^2}$ erreicht?
a) Bestimme die im Faden wirkende Kraft.
Schritt 1:
Freischneiden des 1. Klotzes $m_1$:
Was wir benötigen, ist das Newtonsche Grundgesetz in Komponentendarstellung:
1. $Fx \; = \; m_1 \cdot a_x$
2. $Fy \; = \; m_1 \cdot a_y$
Die x-Achse wird immer in Richtung der Bewegung gelegt:
Fx = Summe aller Kräfte in x-Richtung
Hier: $Fx \; = \; S \; - \; R$
Fy = Summe aller Kräfte in y-Richtung
Hier: $Fy \; = \; -G_1 \;+\; N$
Einsetzen von $F_x$ und $F_y$ in das Newtonsche Grundgesetz:
(1) $S \:-\; R \; = \; m_1 \cdot a_x$
(2) $-G_1 \;+\; N\; = \;m_1 \cdot a_y$ $a_y \; = \; 0$ (Keine Bewegung in y-Richtung)
Daraus ergibt sich für (2)
$-G_1 \;+\; N \; = \; 0$ | $+G_1$
$N \; = \; G_1$
$N \; = \; m_1 \cdot g \; = \; 5 kg \cdot 9,81 \frac{m}{s^2}$
$N \; = \; 49,05 \frac{kg \cdot m}{s^2} \; = \; 49,05 N$
Zu (1)
$R \; = \; \mu \cdot N \; = \; 0,18 \cdot 49,05 N$
$R \; = \; 8,829 N$
Methode
$S \;-\; 8,829 N \; = \; 5 kg \cdot a_x$ (Gleichung 1)
Schritt 2:
Freischneiden des 2. Klotzes $m_2$:
Wir benötigen wieder das Newtonsche Grundgesetz in Komponentendarstellung:
1. $Fx \; = \; m_2 \cdot a_x$
2. $Fy \; = \; m_2 \cdot a_y$ $a_y \; = \; 0$ (Keine Bewegung in y-Richtung)
$Fy \; = \; 0$ (Keine Kräfte in y-Richtung)
Fx = Summe aller Kräfte in x-Richtung
Hier: $Fx \; = \; -S \; + \; G_2$
Einsetzen in das Newtonsche Grundgesetz:
(1) $-S \;+\; G_2 \; = \;m_2 \cdot a_x$
$-S \;+\; 1,2 kg \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \; = \; 1,2 kg \cdot a_x$
$-S \;+\; 11,772 N \; = \; 1,2 kg \cdot a_x$
Methode
$-S \;+\; 11,772 N \; = \; 1,2 kg \cdot a_x$ (Gleichung 2)
Schritt 3:
- Gleichung 1 und 2 nach S auflösen
- Beide Gleichungen gleichsetzen
- Auflösen nach $a_x$
Merke
Die Beschleunigung ist für beide gleich, da beide Boxen mit dem Faden verbunden sind.
-Gleichung 1: $S \; = \; 5 kg \cdot a_x \;+\; 8,829 N$
-Gleichung 2: $S \; = \; -1,2 kg \cdot a_x \;+\; 11,772 N$
$5 kg \cdot a_x \;+\; 8,829 N \; = \;-1,2 kg \cdot a_x \;+\; 11,772 N$ | $-8,829 N$
$5 kg \cdot a_x \; = \;-1,2 kg \cdot \;+\; (11,772 \;-\; 8,829)N$ | $+1,2 kg \cdot ax$
$5 kg \cdot a_x \;+\; 1,2 kg \cdot a_x \; = \; 2,943 N$ | $a_x$ ausklammern
$a_x \cdot (5 kg \;+\; 1,2 kg) \; = \; 2,943 N$ |: $5 kg \;+\; 1,2 kg$
$a_x \; = \; \frac{2,943 N}{5 kg \;+\; 1,2 kg}$
$a_x \; = \; \frac{2,943 \frac{kg \cdot m}{s^2}}{6,2 kg}$
Ergebnis: $a_x \; = \; 0,475 \frac {m}{s^2}$
Nun können wir $S$ durch Einsetzen von $a_x$ in Gleichung 1 oder 2 bestimmen.
Gleichung 1:
$S \; = \;5 kg \cdot 0,475 \frac{m}{s^2} \;+\; 8,829 N$
Ergebnis: $S \; = \;11,204 N$
b) Nach welcher Strecke hat der Klotz eine Geschwindigkeit von $v \; = \; 1\frac{m}{s^2}$ erreicht?
In diesem Fall handelt es sich um eine konstante Beschleunigung. Wir können also die Gleichungen für eine gleichförmig beschleunigte Bewegung heranziehen:
$v \; = \; v_0 \;+\; a_0 \cdot t$
$x \; = \; x_0 \;+\; \frac{1}{2} a_0 \cdot t^2 \;+\; v_0 \cdot t$
Schritt 1:
Formel für $v$ nach $t$ auflösen:
$v \; = \; v_0 \;+\; a_0 \cdot t$ |$-v_0$
$v - v_0 \; = \; a_0 \cdot t$ |: $a_0$
$t \; = \;\frac {v - v_0}{a_0}$
Schritt 2:
Wir setzen $t$ nun in die Wegformel ein:
$x \; = \; x_0 \;+\; \frac{1}{2} a_0 \cdot (\frac{(v-v_0)}{a_o})^2 \;+\;v_0 \cdot \frac{(v-v_0)}{a_0}$ |auflösen von $(\frac{(v-v_0)}{a_0})^2$
$x_0 \; = \; 0$
Zwischenschritt:
$(\frac{(v-v_0)}{a_0})^2 \; = \; (\frac{v-v_0}{a_0}) \cdot (\frac{v-v_0}{a_0})$
$(\frac{(v-v_0)}{a_0})^2 \; = \;\frac{v^2}{a_0^2} - \frac{vv_0}{a_0^2}- \frac{vv_0}{a_0^2}+ \frac{v_0^2}{a_0^2}$ |zusammenfassen
$(\frac{(v-v_0)}{a_0})^2 \; = \;\frac{v^2}{a_0^2}-2 \cdot \frac{vv_0}{a_0^2}+ \frac{v_0^2}{a_0^2}$
$x \; = \; \frac{1}{2}a_0 \cdot (\frac{v^2}{a_0^2}-2 \cdot \frac{vv_0}{a_0^2}+ \frac{v_0^2}{a_0^2}) \;+\; v_0 \cdot (\frac{v-v_0}{a_c})$ |$v_0 \; = \;0$, da wir aus der Ruhelage starten
$x \; = \; \frac{1}{2}a_0 \frac{v^2}{a_0^2}$ |$a_0$ kürzen
$x \; = \; \frac{1}{2} \cdot \frac{v^2}{a_0}$ |Für $a_0$ setzen wir den Wert von $a_x$ aus Aufgabenteil a ein
$x \; = \; \frac{1 \frac{m^2}{s^2}}{2 \cdot 0,475 \frac{m}{s^2}}$ |Einheiten kürzen
$x \; = \; 1,053 m$
Ergebnis: Nach einer Strecke von 1,053 m ist eine Geschwindigkeit von $1 \frac{m}{s}$ erreicht.
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