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Bevor wir zu den harmonischen Wellen übergehen, wollen wir uns in diesem Abschnitt zunächst den unterschiedlichen Wellentypen zuwenden. Wir betrachten dafür nochmals die Voraussetzung die für eine Welle gegeben sein muss:
Eine Welle in einem Medium kann dann entstehen, wenn
- das Medium aus vielen schwingungsfähigen Teilchen besteht (z.B. in der Luft die Luftmoleküle, welche schwingungsfähig sind).
- sich die schwingungsfähigen Teilchen (= Oszillatoren) gegenseitig beeinflussen, so dass die Schwingungsenergie von ein Teilchen auf ein benachbartes Teilches übertragen wird (gekoppelte Schwingung).
Merke
Eine Welle entsteht dann, wenn ein Oszillator des Mediums zum Schwingen angeregt wird.
Zunächst befinden sich alle Oszillatoren des betrachteten Mediums in einem Gleichgewichtszustand. Wird nun ein Oszillator innerhalb des Mediums aus dem Gleichgewichtszustand verschoben (also angeregt), so verschiebt er die benachbarten Oszillatoren. Die Erregung pflanzt sich innerhalb des Mediums fort, es entsteht eine Welle.
Merke
Eine Welle ist eine fortschreitende zeitliche und räumliche Veränderung eines Schwingungszustandes. Die einzelnen Oszillatoren des Mediums schwingen um ihre Ruheposition.
Wir können uns als nächstes den unterschiedlichen Wellentypen zuwenden.
Longitudinalwellen (Längswellen)
Bei Longitudinalwellen erfolgt die Auslenkung der Teilchen des Mediums in Ausbreitungsrichtung der Welle.
Die in den vorherigen Abschnitten kennengelernte Pendelkette beschreibt Longitudinalwellen. Zunächst befindet sich das System in Ruhe:
Wir haben ein System aus schwingungsfähigen Fadenpendeln gegeben, die alle mit einer Feder miteinander verbunden sind. Die Voraussetzungen für eine Welle sind also gegeben. Wir stoßen nun das erste Fadenpendel an. Aufgrund der Federn wird diese Schwingung auf das zweite, dritte etc. Fadenpendel übertragen. Es entsteht eine Welle die sich über das System fortpflanzt. Die Ausbreitung der Welle erfolgt in $x$-Richtung. Die einzelnen Fadenpendel verändern ihre Position (werden ausgelenkt) nur in $x$-Richtung.
Merke
Verläuft die Ausbreitung der Welle und die Auslenkung der einzelnen Fadenpendel in dieselbe Richtung, dann spricht man von einer Longitudinalwelle.
Häufig handelt es sich bei Longitudinalwellen um Druckwellen (z.B. Schall). Bei der Bewegung der benachbarten Volumenelemente gegeneinander steigt der Druck an und lässt wieder nach, wenn diese sich voneinander entfernen. Die einzelnen Teilchen schwingen hierbei in der Ausbreitungsrichtung um den Betrag der Amplitude hin und her. Nach dem Durchlauf der Schwingung bewegen die Teilchen sich wieder an ihre Ruhestellung zurück. Durch die Ausbreitung der Schwingung geht keine Energie verloren (abgesehen von Reibungsverlusten zwischen den Teilchen).
Transversalwellen (Querwellen)
Eine Transversalwelle, oder auch Schubwelle, ist eine physikalische Welle, bei der die Bewegungsrichtung der schwingenden Teilchen, bzw. die Feldlinien der beteiligten Felder zur Ausbreitungsrichtung senkrecht verlaufen. Bei Transversalwellen gibt es dreidimensional betrachtet zwei Schwingungsebenen, welche untereinander und zur Ausbreitungsrichtung senkrecht stehen.
Eine sehr wichtige Eigenschaft von Transversalwellen ist die Möglichkeit der Polarisation. Treffen Transversalwellen auf ein Längsgitter, so kann nur der Schwingungsanteil in Gitterrichtung durch dieses hindurch. Der andere Teil wird vom Gitter absorbiert.
Wasserwellen
Wasserwellen sind Oberflächenwellen, meist an der Grenzfläche zwischen Wasser und Luft. Hierbei handelt sich um eine Überlagerung einer Longitudinalwelle mit einer Transversalwelle. Die Oszillatoren (Wasserteilchen) Wasserwellen führen insgesamt eine also Kreisbewegung aus. Die Amplitude fällt mit wachsender Tiefe stark ab.
Erdbebenwellen
Erdbebenwellen bestehen aus verschiedenen Wellentypen, die sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit fortbewegen.
Die Primärwellen (P-Wellen) sind Longitudinalwellen und haben von allen Erdbebenwellen die größte Ausbreitungsgeschwindigkeit (6-11 km/s). P-Wellen bewegen sich durch das Erdinnere.
Die Sekundärwellen (S-Wellen) sind Transversalwellen. Sie breiten sich nur rund halb so schnell aus wie P-Wellen. Die S-Wellen bewegen sich ebenfalls durch das Erdinnere, können sich jedoch wie alle Scherwellen nur in festen Medien ausbreiten (also nicht im flüssigen Erdkern).
Der dritte Wellentyp sind die Oberflächenwellen (L-Wellen), sie ähneln den Wellen auf der Oberfläche eines Gewässers. Sie treffen zuletzt beim Seismometer ein. Sie breiten sich an der Erdoberfläche aus, ihre Amplitude - die Stärke mit der die einzelnen Teilchen schwingen - nimmt zur Tiefe hin rasch ab.