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Thermodynamik - Arbeitsprozess: Leistung eines Kompressors

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Thermodynamik

Arbeitsprozess: Leistung eines Kompressors

Beispiel

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Arbeitsprozess: Leistung eines Kompressors
Ein kontinuierlich anfallender Sauerstoffstrom soll mit einem Hubkolbenkompressor auf einen höheren Druck gebracht werden. Die Verdichtung von 7,2 $\frac{m^3}{min.}$ erfolge isentrop. Der Sauerstoff wird bei einem Druck von 1 bar und einer Temperatur von 20 °C angesaugt und isentrop auf einen Druck von 1 MPa gefördert. Die Eintrittsgeschwindigkeit des Sauerstoffs in und die Austrittsgeschwindigkeit aus dem Kompressor seien in etwa gleich. Ein- und Austrittstutzen des Kompressors liegen in gleicher Höhe. Die Dissipation von Energie (Reibungsverluste des Kolbens an der Zylinderwand) ist zu vernachlässigen. Die Molekülmasse für Sauerstoff sei mit 31,9988 $kg \over kmol$ gegeben. Welche Kompressorleistung in kW wird dafür benötigt?

Gegeben:

$p_1 = 1 bar$$p_2 = 1 Mpa = 10 bar$$t_1 = 20°C (T_1 = 293,15K)$
$M_{O_2} = 31,998 \frac{kg}{kmol}$$V = 7,2 \frac{m^3}{min.} = 0,12 \frac{m^3}{s}$$W_{diss,12} = 0$
$c_2 » c_1$$z_2 = z_1$ 
$O_2 : \; \text{zweiatomiges Molekül} \rightarrow \kappa = 1,4$

Hinweise für die Lösung:

Die hier beschriebene Verdichtung erfolgt in einem offenen thermodynamischen System. Mit den gegebenen Sachverhalten kann die Energiebilanz noch spezieller zugeschnitten werden. Für das Arbeitsmittel Sauerstoff sind die Voraussetzungen für die Anwendung des Modell ideales Gas erfüllt (p < 50 bar, t1 deutlich 100 K über der Verflüssigungstemperatur von –182,9 °C, Temperaturdifferenzen < 250 K)

Im Laufe der Rechnung benötigen wir die Gaskonstante für Sauerstoff. Dieser Stoffwert ist wie in der Praxis zumeist und in Klausuren sehr oft nicht explizit gegeben. Wir können die Gaskonstante aber aus der gegebenen Molekülmasse berechnen.kg

Eine isentrop erfolgende Verdichtung und die Vernachlässigung von Reibungseffekten bedeutet, dass im thermodynamischen Modell über die Wände des Kompressors keine Wärmeströme treten ($\dot Q_{12} = 0$).

Vorsicht

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Für die Energiebilanz benötigen wir einen Massenstrom (in $\frac{m^3}{s}$), gegeben ist aber ein Volumenstrom (hier in $\frac{m^3}{min.}$). In der Hitze des Gefechts einer Klausur wird manchmal übersehen, dass hier noch eine kleine Nebenrechnung erforderlich wird!!

Lösung

Energiebilanz nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik für ein offenes System:
$\dot Q_{12} + P_{12} + \dot W_{diss,12} = \dot m[(h_2 - h_1) + \frac{1}{2}(c_2^2 - c_1^2) + g(z_2 - z_1)]$

Mit den gegebenen Sachverhalten kann diese Energiebilanz vereinfacht werden zu:
$P_{12} =\dot  m\cdot (h_2 - h_1)$

Auf der rechten Gleichungsseite mit den Zustandsgrößen ist nur noch der Term mit den Enthalpien übrig geblieben. Genau in diesem Fall spricht man anstelle von Enthalpien auch mal von Totalenthalpien. Streng genommen ist unter dem Begriff Totalenthalpie $h^* = h + \frac{c^2}{2} + g \cdot z$ zu verstehen. Die Anteile aus kinetischer und potentieller Energie des Arbeitsmittels sind in vielen Fällen so klein, dass man von $h^* ≈ h $ ausgehen darf.

Für die Nebenrechnung zum Massenstrom ergibt sich aus der Grundgleichung für ideales Gas:

$ \dot m = \frac{p_1 \cdot V}{R_{O_2} \cdot T_1} \; R_{O_2}=\frac{R_m}{M_{O_2}} \rightarrow m= \frac{p_1 \cdot V \cdot M_{O_2}}{R_m \cdot T_1}$
$R_m = 8,3144621  \frac{kJ}{mol K}$

$ \dot m = \frac{1 \cdot 10^5 \frac{N}{m^2} \cdot 0,12 \frac{m^3}{s} \cdot 31,9988 \frac{kg}{kmol} )}{(8314,4621 \frac{J}{kmol K} \cdot 293,15 K)} = 0,15754 \frac{kg}{s} \;\;\;\;\;\;\;\;\;$ Beachte: 1 Nm = 1 Ws = 1 J

Die Grundgleichung für ideales Gas erfordert das Einsetzen der thermodynamischen Temperatur in Kelvin!

Für ideales Gas haben wir gegen Ende des Kapitels 2.4 den Term h2 – h1 schon als technische Arbeit wt,12 angesprochen. Du könntest hier schon die entsprechende Berechnungsformel übernehmen. Um auf ein paar kleine Tricks hinzuweisen, wollen wir trotzdem noch einmal eine kleine Ableitung in Kauf nehmen.

Zunächst gilt für ideales Gas: 
$h_2 - h_1 = c_P \cdot (T_2 - T_1) = \frac{\kappa}{\kappa - 1} \cdot R_{O_2} \cdot (T_2 - T_1) \;$ mit $\; R_{O_2} = \frac{R_m}{M_{O_2}}$

Die Temperatur T2 wäre jetzt hier aus den Zustandsgleichungen für eine isentrope Zustandsänderung errechenbar.

$\frac{T_2}{T_1} = \Bigl( \frac{p_2}{p_1}\Bigr)^{\frac{\kappa -1}{\kappa}} =  \Bigl( \frac{V_1}{V_2}\Bigr)^{\kappa - 1}$

Geschickter ist jedoch folgendes Vorgehen:

$h_2 - h_1 = c_P \cdot (T_2 - T_1) = \frac{\kappa}{\kappa - 1} \cdot R_{O_2} \cdot T_1 (\frac{T_2}{T_1} -1) = \frac{\kappa}{\kappa - 1} \cdot R_{O_2} \cdot T \cdot \Biggl[ \Bigl(\frac{p_2}{p_1} \Bigr) ^{\frac{\kappa -1}{\kappa}} -1 \Biggr] $

Anfangsdruck und Anfangstemperatur sind in den praktisch auftretenden Fällen zumeist gegeben. Der Druck p2 als Zielgröße oft auch, aber in einigen Fällen nicht als absoluter Wert, sondern implizit durch Angabe des sogenannten Verdichterdruckverhältnisses $\prod_V = \frac{p2}{p1}$. Dann arbeitet man besser mit obiger Formel. In mündlichen Prüfungen taucht gelegentlich die Frage auf, wofür mehr Energie aufgewendet werden müsse, für die Verdichtung eines Gases von 1 auf 10 bar oder für die Verdichtung von 10 auf 100 bar. Spontan ist man geneigt zu glauben, für die Kompression von 10 auf 100 bar mehr Energie zu benötigen. Tatsächlich aber braucht man in beiden Fällen gleich viel Energie, denn es kommt nicht auf die absoluten Drücke, sondern das Druckverhältnis $\frac{p2}{p1}$ an!

Nun sind wir in der Lage, die Bestimmungsgleichung für die Leistung des Kompressors auszuwerten:

$\begin{align} P_{12} & = \dot m \cdot h_2 - h_1 =  \dot m \cdot \frac{\kappa}{\kappa - 1} \cdot \frac{R_m}{M_{O_2}} \cdot T_1 (\frac{T_2}{T_1} -1) = \frac{\kappa}{\kappa - 1} \cdot \frac{R_m}{M_{O_2}} \cdot T \cdot [(\frac{p_2}{p_1}]^{\frac{\kappa -1}{\kappa}} -1]
\\ P_{12} & = 0,15754 \frac{kg}{s} \cdot \frac{1,4}{0,4} \cdot \frac{8,3144621\frac{kJ}{kmol \; K}}{31,9988\frac{kg}{kmol}} \cdot 293,15K \cdot \Biggl[ \Bigl(\frac{10bar}{1 bar} \Bigr)^{\frac{0,4}{1,4}} -1\Biggr]
\\ & ≈ 39,09 kW \end{align} $