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Thermodynamik - Otto-Prozess

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Thermodynamik

Otto-Prozess

Real markiert Zustandspunkt 1 die komplette Füllung des Zylinders mit dem zündfähigen Kraftstoff-Luft-Gemisch (Volumen V1) von Umgebungstemperatur und atmosphärischem Druck zum Abschluss des Saughubes. Danach setzt eine reibungsbehaftete polytrope Verdichtung bis auf das Kompressionsvolumen V2 = VK ein. Nach Zündung sorgt die Verbrennung des Kraftstoff-Luft-Gemisches für eine Druckerhöhung. Anschließend expandiert das Gas unter Freisetzung von Arbeit. Nach dem Erreichen des unteren Totpunkts wird das Abgas das Abgas ausgestoßen und frische Ladung angesaugt.

Der Otto-Prozess als thermodynamischer Vergleichsprozess unterstellt indessen idealisierend für die gesamte Prozessführung (also auch nach der Verdichtung und Verbrennung) einheitlich – zusammengefasst unter dem Begriff Arbeitsmittel – Luft als perfektes Gas. Die tatsächlichen thermophysikalischen Eigenschaften der Ladung (Kraftstoff-Luft-Gemisch und später Verbrennungsgas) bleiben unberücksichtigt. Sowohl für die Verdichtung 1 → 2 als auch für die Expansion 3 → 4 beim Zurückgehen des Kolbens werden isentrope Zustandsänderungen angesetzt. Im oberen Totpunkt modelliert man eine schlagartige vollständige Verbrennung. Im Vergleichsprozess geht man von einer von außen zugeführter Verbrennungswärme aus, wobei der Druck des sonst unveränderten Gases von Punkt 2 auf 3 steigt (isochore Drucksteigerung durch Wärmezufuhr – Gleichraumprozess). Den tatsächlich in Zustandspunkt 4 beginnenden Auslass denken wir uns ersetzt durch den Entzug einer Wärmemenge bei konstantem Volumen, wobei der Druck im Zustandsverlauf von Punkt 4 nach Punkt 1 sinkt.

zustandsverläufe Gleichraumprozess

Der oben beschriebene Gleichraumprozess modelliert näherungsweise das einem Ottomotor zu Grunde liegende Prinzip und ist ein rechtslaufender Prozess mit zwei Isentropen sowie zwei Isochoren:

Merke

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1 → 2 isentrope Verdichtung

2 → 3 isochore Wärmezufuhr von außen und damit Drucksteigerung bis zum maximalen Prozessdruck (anstelle der tatsächlich stattfindenden inneren Verbrennung)

3 → 4 isentrope Expansion

4 → 1 isochore Wärmeabfuhr unter Druckminderung an die Umgebung (anstelle des tatsächlich stattfindenden Austauschs Verbrennungsgas – frisches Kraftstoff-Luft-Gemisch)

Die Wärmezufuhr erfolgt nach dem hier beschriebenen Modell bei konstantem Volumen (daher die Bezeichnung Gleichraumprozess), wenn der Kolben im oberen Totpunkt „verharrt“. Die isochore Wärmeabfuhr vollzieht sich schlagartig in der Zeit, die der Kolben für die Bewegungsumkehr benötigt. Daher gilt für die Volumina ν2 = ν3 und ν1 = ν4.

Der thermische Prozesswirkungsgrad wird ausschließlich und die spezifische Kreisprozessarbeit entscheidend durch den Parameter Verdichtungsverhältnis ε beeinflusst. Dieser dimensionslosen Parameter ist Dir schon beim Carnot-Prozess begegnet.

Methode

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$\epsilon = \frac{V_{max}}{V_{min}} = \frac{V_1}{V_2} = \frac{\nu_1}{\nu_2}$

Außerdem gilt: 

$\epsilon = \frac{\nu_1}{\nu_2} = \Bigl( \frac{T_2}{T_1} \Bigr)^{\frac{1}{\kappa - 1}} = \Bigl( \frac{p_2}{p_1} \Bigr)^{\frac{1}{\kappa}}$ sowie $\frac{\nu_4}{\nu_3} = \Bigl( \frac{T_3}{T_4} \Bigr)^{\frac{1}{\kappa - 1}} = \Bigl( \frac{p_3}{p_4} \Bigr)^{\frac{1}{\kappa}} $ oder $\epsilon = \Bigl( \frac{T_2}{T_1} \Bigr)^{\frac{1}{\kappa - 1}} = \Bigl( \frac{T_3}{T_4} \Bigr)^{\frac{1}{\kappa - 1}}$ und $\epsilon = \Bigl( \frac{p_2}{p_1} \Bigr)^{\frac{1}{\kappa}} = \Bigl( \frac{p_3}{p_4} \Bigr)^{\frac{1}{\kappa}}$ woraus die für den reversiblen Otto-Prozess charakteristischen Schließungsbedingungen folgen:

Methode

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$\frac{T_4}{T_1} = \frac{T_3}{T_2} \; $ und $\; \frac{p_4}{p_1} = \frac{p_3}{p_2} $

Die isochor zugeführte Wärme und die isochor abgeführte Wärme ergeben sich nach obiger Abbildung aus:

Methode

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$\begin{align} q_{zu} & = q_{23} = c_V \cdot (T_3 - T_2) \gt 0
\\ 
\\ q_{ab} & = q_{41} = c_V \cdot (T_1 - T_4) \lt 0
\\ \lvert q_{ab} \rvert & = q_{14} = c_V \cdot (T_4 - T_1) \lt 0\end{align}$

Hieraus lässt sich das Drucksteigerungsverhältnis ξ als Quotient aus maximalem Druck pmax und Druck am Ende des Kompressionshubs pk berechnen:

Methode

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$\xi = \frac{p_{max}}{p_{k}} = \frac{p_{3}}{p_{2}}$

Wegen $q_{zu} = c_V \cdot  T_2 \cdot \Bigl( \frac{T_{3}}{T_{2}} - 1\Bigr) = c_V \cdot T_2 \cdot \Bigl( \frac{p_{3}}{p_{2}} - 1\Bigr)$ folgt

Methode

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$\xi = \frac{q_{zu}}{c_V \cdot T_2} + 1$

Somit errechnet sich die spezifische Kreisprozessarbeit für den Gleichraumprozess wGR zu:

Methode

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 $w_{GR} = q_{zu} -  \lvert q_{ab} \rvert  = c_V \cdot (T_{3} - T_2) -  c_V \cdot (T_{4} - T_1) = \frac{R_L}{\kappa - 1} \cdot (T_1 - T_2 + T_3 - T_4)$

Mit den hier für den reversiblen Kreisprozess getroffenen Annahmen erhält man für den thermodynamischen Wirkungsgrad des Gleichraumprozesses die eine schnelle Beurteilung zulassende Beziehung

Methode

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$\eta_{th,GR} = 1 - \frac{T_1}{T_2} = 1 - \frac{1}{\epsilon^{\kappa - 1}}$

Expertentipp

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In obiger Formel bedeutet T2 die Temperatur nach der Verdichtung! Bitte nicht verwechseln mit dem Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses: $$ \eta_{th,C} = 1 - \frac{T_{min}}{T_{max}} = 1 - \frac{T_{1}}{T_{2}}$$ 

Höher verdichtende Motoren erreichen höhere Wirkungsgrade, aber der Steigerung des Verdichtungsverhältnisses sind durch die Selbstzündungsgefahr des Kraftstoff-Luft-Gemisches Grenzen gesetzt. Bei einer zu hohen Verdichtung (oder einer schlechten Gemischbildung) könnte die Verbrennung schon während des Kompressionsvorganges einsetzen. Wenn das Kraftstoff-Luft-Gemisch nach Zündung im oberen Totpunkt nicht augenblicklich vollständig verbrennt, sondern teilweise schon vorher, wird im Kolben durch die Volumenzunahme eines zu zeitig verbrannten Anteils des Gemisches der noch unverbrannte Rest auf sehr hohe Temperatur verdichtet. Beim Überschreiten der Zündtemperatur tritt nach einer kleinen Zeitspanne (Zündverzug) Selbstzündung ein. Der schon stark verdichtete Gemischrest kommt augenblicklich auf sehr hohen Druck, der sich nicht mehr stetig ausbreitet, sondern in Druckwellen, die das bekannte, so genannte „klopfende“ Geräusch erzeugen. Klopfende Verbrennung bedeutet neben einem höheren Kraftstoffverbrauch eine stärkere Belastung der Lager und einen schnell heiß laufenden Motor, so dass nach kurzer Zeit Motorschäden verursacht werden. Die Motorleistung verringert sich, weil die einzelnen Druckwellen den Kolben vor dem oberen Totpunkt erreichen und ihn so abbremsen. Je nach Konstruktion des Motors und der Kraftstoffqualität liegt die Klopfgrenze moderner Ottomotoren heute bei durchschnittlichen Verdichtungsverhältnissen zwischen 10 und 12 (der Motor des Porsche Panamera ε = 14). Die Selbstentzündungstemperatur des Kraftstoffes kann man mit Additiven erhöhen. Das Verdichtungsverhältnis ist bei Ottomotoren der Kernparameter für die Auslegung.

Die für den Vergleichsprozess unterstellten radikalen Vereinfachungen für die Abläufe im Ottomotor führen zu deutlich höheren Prozessparametern und Wirkungsgraden als in der Realität mit entsprechenden Motoren erreichbar. Die Vergleichsprozesse eignen sich also nicht für die Auslegung oder Neuentwicklung von Motoren, zeigen aber deutlich an, in welchem Umfang und wie sensibel bestimmte Parameter auf Änderungen der Ausgangsdaten reagieren.

Bei der Berechnung von Otto-Prozessen (Gleichraumprozessen) ist folgendes Rechenschema hilfreich:

Methode

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 pνTBemerkung
1$p_1$ gegeben$\nu_1 = \frac{R_L \cdot T_1}{p_1} $$T_1$ gegebenthermodynamische Temperatur!
2$p_2 = p_1 \cdot \epsilon^{\kappa} $
$ p_2 = p_1 \cdot \frac{T_2}{T_1} \cdot \frac{\nu_1}{\nu_2}$
$\nu_2 = \frac{\nu_1}{\epsilon} $
$\nu_2 = \nu_1 \cdot \frac{T_2}{T_1} \cdot \frac{p_1}{p_2}$
$T_2 = T_1 \cdot \epsilon^{\kappa - 1} $isentrope Zustandsänderunge  
ε gegeben
Grundgleichung ideales Gas
3$p_3 = p_2 \cdot \frac{T_1}{T_2}$
$p_3 =  p_2 + \frac{q_{zu} \cdot ( \kappa - 1)}{\nu_2}$
$\nu_3 = \nu_2$$T_3 = T_2 \cdot \frac{p_3}{p_2} $
$T_3 = T_2 + \frac{q_{zu} \cdot ( \kappa - 1)}{R_L}$
isochore Zustandsänderung  
qzu gegeben
4$p_4 = \frac{p_3}{\epsilon^{\kappa}} $
$ p_4 = p_3 \cdot \frac{p_1}{p_2}$
$\nu_4 = \nu_1$$T_4 = \frac{T_3}{\epsilon^{\kappa - 1}}$
$T_4 = T_3 \cdot \frac{T_1}{T_2} $
isentrope Zustandsänderung 

Schließungsbedingung