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Thermodynamik - Grundgleichung für ideales Gas

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Thermodynamik

Grundgleichung für ideales Gas

Mit dem thermodynamischen System liegt ein Modell von der apparativen oder anlagentechnischen Wirklichkeit vor. Für eine mathematisch einfache Behandlung von Prozessen benötigt man zusätzlich ein idealisiertes Arbeitsmittel. Ideales Gas versetzt uns in die Lage, Zustandsgleichungen mit relativ einfachen mathematischen Beziehungen zu beschreiben. Dieser Modellstoff besteht aus Teilchen, die sich ungeordnet zufällig in einem leeren Raum bewegen und folgenden Forderungen genügen:

  • die Teilchen haben kein Eigenvolumen = Punktmasse (Punkt besitzt keine Dimension)
  • zwischen den Teilchen wirken weder Anziehungs- noch Abstoßungskräfte (ihr Abstand voneinander ist so groß, dass sie sich gegenseitig nicht beeinflussen)
  • die Teilchen führen nur gleichförmig geradlinige Bewegungen aus, sie können weder rotieren noch schwingen
  • Stöße der Teilchen untereinander bzw. mit der Wand erfolgen voll elastisch

Mit diesen Voraussetzungen existiert ideales Gas als sehr umfassende Idealisierung nur als theoretischer Modellstoff. Es entzieht sich der praktischen Anschauung, wie sich volumenlose Massepunkte überhaupt stoßen können, damit sich die Energie des Gases im Mittel gleichmäßig auf alle drei Freiheitsgrade der gleichförmig geradlinigen Bewegung verteilen kann. Die Definition des idealen Gases bezieht sich ausschließlich auf eine Gasphase. Im Unterschied zu realen Gasen kann es nicht verflüssigt oder in den festen Zustand überführt werden. Aber mit diesen Modellannahmen kann das Gasverhalten bei Zustandsänderungen in gewissen Bereichen sehr einfach berechnet werden. Ideales Gas stellt aus thermodynamischer Sicht überhaupt das einfachste kompressible Medium dar. Als Modell ermöglicht es eine Analyse der meisten thermodynamischen Prozesse für Gase mit Bleistift, Papier und Taschenrechner. Untersuchungen realer Fluide (reale Gase, Flüssigkeiten, Mehrphasen- und Mehrkomponentensysteme) sind wesentlich komplexer und erfordern wegen der benötigten numerischen Routinen den Einsatz von Computern. Sie können „von Hand“ kaum noch nachvollzogen werden.

Ein reales Gas verhält sich im Allgemeinen bei niedrigen Drücken und hohen Temperaturen wie ein ideales Gas. Bei niedrigen Drücken (geringe Dichte = wenige Moleküle in großem Volumen) ist der mittlere Abstand zwischen den einzelnen Gasteilchen so groß, dass ihre räumliche Ausdehnung keine Rolle spielt und der Einfluss der Kräfte zwischen den Teilchen schwindet. Bei hohen Temperaturen besitzen die Gasteilchen eine so hohe kinetische Energie, dass ihre Bindungsenergie im Vergleich dazu vernachlässigt werden kann. Die Kräfte für ihre gegenseitige Anziehung sind dann sehr viel kleiner als die für die Abstoßung.

Bei den Zustandsgleichungen für einen konkreten Stoff unterscheiden wir die thermischen von den kalorischen. Die thermischen Zustandsgleichungen charakterisieren den thermischen Zustand eines thermodynamischen Systems mit den Variablen Volumen V, Druck p und der Temperatur T. Die kalorischen Zustandsgleichungen beschreiben den energetischen Zustand (Energiegehalt) eines thermodynamischen Systems mit den kalorischen Zustandsgrößen innere Energie U, Enthalpie H und Entropie S. Diese Zustandsgrößen können nicht direkt gemessen werden, sind aber aus den thermischen Zustandsgrößen berechenbar

Für die thermischen Zustandsgleichungen eines bestimmten Stoffes gilt immer die in impliziter Form gegebene Gleichung F(V, p, T) = 0, die wir schon in Kapitel 1.3 vorgestellt haben. Für den Modellstoff ideales Gas und sehr niedrige Drücke (streng genommen p → 0) kann mit dem Instrumentarium der kinetischen Gastheorie eine Beziehung hergeleitet werden, die man Grundgleichung für ideales Gas (thermische Zustandsgleichung für ideales Gas) nennt:

Methode

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$p \cdot V = m \cdot R_{i} \cdot T$

Darin bedeuten:

$p$ absoluter Druck eines Systems in $Pa$

$V$ Volumen eines Systems in $m^{3}$

$m$ Masse eines Systems in $kg$

$R_{i}$ individuelle (auf den konkreten Stoff bezogene) Gaskonstante in $\frac{J}{Kg~K}$   

$T$ thermodynamische Temperatur in $K$

 

Da sich die phänomenologische Thermodynamik bestimmungsgemäß nicht um das Verhalten der einzelnen Teilchen im Gas kümmert, wird hier auch nicht behandelt, wie man die Gleichung aus der kinetischen Gastheorie gewinnt. Was aber in der statistischen Thermodynamik aus der Herleitung als selbstverständliche Erkenntnis anfällt, muss der rein phänomenologisch arbeitende Ingenieur bei Anwendung dieser Gleichung einfach wissen. Die Temperatur T ist hier immer als thermodynamische Temperatur in Kelvin einzusetzen. Bitte gut merken, das ist eine der häufigsten Fehlerquellen insbesondere dann, wenn die Temperaturen in Grad Celsius gegeben sind!

Der Begriff Gaskonstante leitet sich daraus ab, dass Ri für jedes Gas einen charakteristischen, konstanten Wert annimmt. Die Gaskonstante hängt weder vom Druck, noch von der Temperatur oder vom spezifischen Volumen (oder der Dichte) ab. Man entnimmt die Gaskonstante aus speziellen Tabellenwerken. Wir werden aber auch noch zeigen, wie man diese mit relativ einfachen Mitteln durch eine kleine Rechnung gewinnt.

Ansonsten tritt uns die Grundgleichung für ideales Gas in vielfältigen Schreibweisen entgegen.

Methode

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$p \cdot V = R_{i} \cdot T$ mit dem spezifischen Volumen $v = \frac{V}{m}$

$\rho = \frac{p}{R_{i} \cdot T}$ mit der Dichte $\rho = \frac{m}{V}$

$\frac{p \cdot V}{T} = m \cdot R_{i}$ = konstant (Masse $m$ und Gaskonstante $R_{i}$ sind Konstanten)

$\frac{p_{1} \cdot V_{1}}{T_{1}} = \frac{p_{2} \cdot V_{2}}{T_{2}}$ (Folgerung aus vorheriger Gleichung)

Spätestens an dieser Stelle müssen wir uns der Frage zuwenden, unter welchen Bedingungen die realen, in Natur und Technik vorkommenden Gase, sich wie ein ideales Gas verhalten und die oben angegebenen Formeln mit Erfolg eingesetzt werden können.

Eine erste Antwort ist leicht einzusehen: Überall dort, wo die Teilchen des realen Gases gut mit der Modellvorstellung des Massenpunktes übereinstimmen. Das ist bei einatomigen Gasen der Fall, wie zum Beispiel bei allen Edelgasen (Helium, Neon, Argon, Krypton, Xenon und Radon). Auch zweiatomige Gase können näherungsweise noch als „Massenpunkte“ betrachtet werden, Probleme entstehen aber bei mehratomigen Gasen und einem komplizierten Aufbau der einzelnen Moleküle.

Die strenge Forderung Druck p → 0 ist praktisch kaum einzuhalten, aber aus Erfahrung weiß man, dass Drücke bis zu 50 bar für Aussagen nach dem Modell ideales Gas noch tolerabel sind. Das reale Gas muss Temperaturen aufweisen, die mindestens 100 K über seinem Verflüssigungspunkt liegen. Geht man mal von einer Temperatur von 0 °C aus, kann diese Bedingung für Stickstoff (Verflüssigungstemperatur –195,8 °C) bequem eingehalten werden. Auch für Sauerstoff (–182,9 °C) entstehen da kaum Einschränkungen, aber Kohlenstoffdioxid mit einer Verflüssigungstemperatur von –78,5 °C hat an dieser Stelle die empfohlene Grenze bereits überschritten. Schließlich sollen die bei den betrachteten Prozessen auftretenden Temperaturdifferenzen abhängig vom Molekülaufbau des Gases 250 bis 400 K nicht überschreiten. Im Hochtemperaturbereich ab etwa 1000 °C treten Effekte auf (zum Beispiel Änderung der Zahl der Teilchen durch Dissoziation von Teilchen in der Luft), die zu Einschränkungen für die Anwendung des Modells ideales Gas führen.

Leider werden in der Praxis diese Einschränkungen nicht immer genügend gewürdigt. Manchmal arbeitet man dann über Korrekturen an der Gleichung mit Hilfe sogenannter Realgasfaktoren Z.

Methode

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$p \cdot V = Z(p,T) \cdot m \cdot R_{i} \cdot T$

 Aber nicht für jede Anwendung können zuverlässige Realgasfaktoren bereitgestellt werden.

In einigen Fällen reicht aber eine grobe Näherung oder eine Tendenzaussage aus, so dass das Modell ideales Gas zumindest eine Basis für eine Abschätzung bildet.

Mit Berücksichtigung des in Kapitel 1.3 eingeführten Zusammenhangs zwischen Masse m und der Stoffmenge n, nämlich m = n M, kann man die Grundgleichung für ideales Gas auch aufschreiben mit einem Bezug zur Anzahl der in einer bestimmten Gasmenge enthaltenen Teilchen:

Durch Koeffizientenvergleich gewinnen wir eine neue Konstante: Die universelle Gaskonstante Rm.

Methode

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$R_{m} = M_{i} \cdot R_{i}$ mit der relativen Molekülmasse $M_{i}$

Da die universelle Gaskonstante nur noch auf eine bestimmte Teilchenzahl Bezug nimmt und nicht mehr auf die Masse dieser Teilchen, ist diese Konstante tatsächlich für alle Gase gleich groß und nimmt den Wert an:

$R_{m} = 8,3144621 \frac{kJ}{(kmol \; K)} ≈ 8,314 \frac{kJ}{(kmol \; K)}$

Die individuelle Gaskonstante $R_{i}$ ist nun bei Kenntnis der relativen Molekülmasse $M_i$ des Gases leicht zu berechnen aus

Methode

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$R_{i} = \frac{R_{m}}{M_{i}}$ 

$[R_{i}] = 1\frac{kJ}{kg K}$

Will man druck- und temperaturabhängige Stoffeigenschaften von Gasen miteinander vergleichen, benötigt man eine entsprechende einheitliche Vergleichbasis. Diese ist in DIN 1343 als physikalischer Normzustand mit einem Druck von $p_{n}$ = 1,01325 bar und einer Temperatur von $T_{n}$ = 273,15 K oder $t_{n} = 0 °C festgelegt. Der unhandlich erscheinende Druck mit 1,01325 bar resultiert aus der Tatsache, dass als physikalischer Normdruck früher 760 mm Quecksilbersäule = 1,01325 bar verwendet wurde. Mit Einführung der gesetzlichen Maßeinheiten auf Basis des SI-Einheitensystems war die Nutzung von Torr oder mm Quecksilbersäule nicht mehr zulässig. Bemühungen, den Druck bei exakt $p_{n}$ = 1 bar zu normen, haben sich bislang noch nicht vollständig durchsetzen können. Gleichwohl wird für die Bestimmung temperatur- und druckabhängiger Stoffwerte immer öfter auch nach einer IUPAC-Empfehlung der chemische Standardzustand $p_{n}$ = 1 bar und $t_{n}$ = 25 °C verwendet.

Die Grundgleichung für ideales Gas nimmt mit der universellen Gaskonstante $R_i$die Gestalt an:

Methode

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$p \cdot V = n \cdot R_{m} \cdot T$

Damit kann das sogenannte molare Normvolumen $V_{n,m}$ eines idealen Gases errechnet werden. Das molare Normvolumen eines idealen Gases gibt an, welches Volumen die in einem kmol enthaltenen Teilchen eines idealen Gases im physikalischen Normzustand einnehmen.

Methode

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$V_{DIN1343} = \frac{n \cdot R_{m} \cdot T_{n}}{P_{n}} = \frac{1kmol \cdot 8314,4621 \frac{J}{(kmol \;K)} \cdot 273,15 K}{101325 \frac{N}{m^2}} = 22,41396815 m^{3} ≈ 22,414m^{3}$

Das heißt: 1 kmol eines idealen Gases nimmt unter den Bedingungen des physikalischen Normzustandes nach DIN 1343 ein Volumen von etwa 22,414 m³ ein. Wir schreiben dafür mit Index „$n$“ für Norm und Index „$m$“ für molar:

$V_{n,m} = 22,414 \frac{m^{3}}{kmol}$

Aufwändig hergestellte Gase hoher Reinheit werden nach Normkubikmetern m³ verkauft. Das Normvolumen $V_{n}$ ist das Volumen eines Gases, das es im physikalischen Normzustand einnimmt. Der Zusammenhang zum molaren Normvolumen ergibt sich aus

Methode

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$V_{n} = n \cdot V_{n,m}$

$[V_{n}]$ = 1 m³

Normative Empfehlungen schlagen vor, bei Maßeinheiten grundsätzlich auf alle den betreffenden thermodynamischen Zustand hinweisende Zusätze zu verzichten. Demzufolge sind Bezeichnungen für Normkubikmeter wie $Nm^{3}$ oder $m^3_{n}$, auf die man häufig in Firmenschriften trifft, zu vermeiden. Der Hinweis, dass es sich bei der entsprechenden Angabe um Normkubikmeter handelt, muss also durch einen Zusatz beim zugehörigen Formelzeichen gegeben werden. Wir verwenden dafür den Index $n$.

Normvolumen und Masse eines Gases sind durch seine Dichte im Normzustand $\rho_{n}$ verknüpft.

Methode

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$\rho_{n} = \frac{m}{V_{n}} = \frac{m}{n\cdot V_{m,n}} = \frac{M}{V_{m,n}}$

$[\rho_{n}] = 1 \frac{kg}{m^{3}}$

Beispiel

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Vergleich von Gasdichten im physikalischen Normzustand 

Gegeben:
$M_{H_2} = 2,01588 \frac{kg}{kmol}$
$M_{He} = 4,003  \frac{kg}{kmol}$
$R_{m} = 8,3144621 \frac{kJ}{kmol \; K}$

Lösung: 

Dichte Wasserstoff:

  1. Möglichkeit: $ \rho_{H_2} = \frac{p_n}{R_{H_2} \cdot T_n} = \frac{p_n \cdot M_{H_2}}{R_m \cdot T_n} = \frac{101325 \frac{N}{m^2} \cdot 2,01588 \frac{kg}{kmol}}{8314,4621 \frac{Nm}{kmol \; K} \cdot 273,15K} ≈ 0,089938 \frac{kg}{m^3} $
  2. Möglichkeit: $ \rho_{H_2} = \frac{M_{H_2}}{V_{H_2}} = \frac{2,01588 \frac{kg}{kmol}}{22,414 \frac{m^3}{kmol}} ≈ 0,089938 \frac{kg}{m^3} $

Dichte Helium:

  1. Möglichkeit: $ \rho_{He} = \frac{p_n}{R_{He} \cdot T_n} = \frac{p_n \cdot M_{He}}{R_m \cdot T_n} = \frac{101325 \frac{N}{m^2} \cdot 4,003 \frac{kg}{kmol}}{8314,4621 \frac{Nm}{kmol \; K} \cdot 273,15K} ≈ 0,17859 \frac{kg}{m^3} $
  2. Möglichkeit: $  \rho_{He} = \frac{M_{He}}{V_{He}} = \frac{4,003 \frac{kg}{kmol}}{22,414 \frac{m^3}{kmol}} ≈ 0,17859 \frac{kg}{m^3} $