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Wärmeübertragung: Wärmeleitung - Beispiel

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Wärmeübertragung: Wärmeleitung

Beispiel

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(mit Bezug auf das Beispiel 6 Eindimensionale instationäre Wärmeleitung mit symmetrischen Randbedingungen Stahlbauteil im Härtebad)

Ein großes ebenwandiges Bauteil aus Stahl mit einer Wandstärke von 4 cm verfüge über eine Temperaturleitfähigkeit von 28,84 · 10–6 $\frac{m^2}{s}$ und nach hinreichender Zeit in einem Glühofen über eine gleichmäßige Anfangstemperatur von 650 °C. Zum Härten der Oberfläche werde dieses Bauteil in ein Härtebad gegeben, so dass sich ab diesem Zeitpunkt konstant bleibende Wandtemperaturen von 65 °C einstellen. Bestimmen Sie mit dem Modell quellenfreie eindimensionale instationäre Wärmeleitung in halbunendlicher Wand die sich im Bauteil einstellende Temperatur nach 0,5 s in 1 mm Eindringtiefe!

Gegeben:

t0 = 650 °CtW = 65 °Cδ = 4 cm
r = 1 mma = 28,84 · 10–6 $\frac{m^2}{s}$τ = 0,5 s

Lösung:

Hier verfolgen wir das Ziel, für den Kurzzeitbereich schneller als über eine unendliche Reihe in Beispiel 6 zum Ziel zu kommen. Das Modell halbunendliche Wand können wir für einen endlichen Körper natürlich nur so lange nutzen, wie Temperaturänderungen noch nicht die Symmetrieachse erreicht haben. In diesem Fall treten dann Wärmeströme außerhalb des Gültigkeitsbereiches für die halbunendliche Wand auf, es erfolgt schon eine Beeinflussung der Temperaturverteilung durch die andere Symmetriehälfte.

In Beispiel 6 konnten wir zeigen, dass nach 0,5 s in 2 cm Eindringtiefe (Mitte des Bauteils) mit 649,77 °C noch fast die Anfangstemperatur von 650 °C herrscht. Wir bewegen uns hier also in einem Grenzbereich für die Anwendung des Modells halbunendliche Wand.

Als ersten vorbereitenden Schritt bestimmen wir den Wert der Ähnlichkeitsvariablen ζ :

$\begin{align} \zeta & = \frac{r}{2 \cdot \sqrt{a \cdot \tau}}
\\ & = \frac{1 \cdot 10^{-3}m}{2 \cdot \sqrt{28,84 \cdot 10^{–6} \frac{m^2}{s} \cdot 0,5 s}}
\\ & = \frac{1 \cdot 10^{-3}m}{2 \cdot 10^{-3} m \cdot \sqrt{28,84 \cdot 0,5}}
\\ & = 0,131670163 \end{align}$

Um eine Interpolation aus den gegebenen Tafelwerten für die error-function zu vermeiden, berechnen wir diesen Wert aus der zugehörigen unendlichen Reihe. Wegen des relativ kleinen Wertes für das Argument, können wir die Reihe nach dem

$ \begin{align} erf(\zeta) & ≈ \frac{2}{\sqrt{\pi}} \cdot \Big( \frac{\zeta}{1} - \frac{\zeta^3}{3} + \frac{\zeta^5}{10} - \frac{\zeta^7}{42} \Big)
\\ & = 1,128379167 \cdot (0,131670163 - 0,000760923 + 0,000003957 - 0,000000016 )
\\ & = 0,147719705 \end{align}$

$\begin{align} t(r = 0,001 m, τ=0,5 s) & = t_W + (t_0 - t_W) \cdot erf(\zeta)
\\ & = 65 °C + 585 K \cdot 0,147719705
\\ & ≈ 151,42 °C \end{align}$

Hier erhalten wir mit mathematisch geringerem Aufwand die gleiche Lösung wie in Beispiel 6.

Anhand dieses Beispiels siehst Du:

Trotz der einschränkenden Bemerkungen zur Anwendung des Modells „halbunendliche Wand“ in diesem Fall erhalten wir gegenüber der allgemeinen Lösung, die man aus der Laplace-Transformation gewinnt, erhalten wir eine auf fünf signifikante Ziffern übereinstimmende Lösung mit dem einen wesentlich geringeren Rechenaufwand erfordernden Modell „halbunendliche Wand“. Für praktische Rechnungen toleriert man an der Symmetrieachse des endlichen Bauteils Temperaturdifferenzen zur Anfangstemperatur von 0,1 K bis 0,5 K (je nach Ansprüchen an die Genauigkeit des Ergebnisses).

Hinweis

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Das Modell halbunendliche Wand kann auch zur Ermittlung der instationären Temperaturverteilung in einer Wand mit endlicher Ausdehnung genutzt werden, wenn symmetrische Randbedingungen vorliegen. Dann arbeitet man mit dem Superpositionsprinzip, also einer Überlagerung der jeweils von linker und rechter Wandseite aus ermittelten Temperaturen.

Eine wichtige Anwendung für das Modell halbunendliche Wand stellt die Berechnung der sich kurzfristig einstellenden Kontakttemperatur tK, wenn sich zwei Körper bei thermisch idealem Kontakt mit jeweils unterschiedlichen Anfangstemperaturen t1 und t2 berühren.

Berührung zweier unendlicher Körper
Abb.5

Körper 1 erfährt eine Wärmezufuhr ($\dot q_1 \gt 0$) und Körper 2 gibt Wärme ab ($\dot q_2 \lt 0$). An der Trennfläche x = 0 kann keine Wärme gespeichert werden, so dass die Wärmeströme an dieser Stelle betragsmäßig übereinstimmen müssen. Berechnet werden diese für die eindimensionale instationäre Wärmeleitung mit Hilfe des Wärmeeindringkoeffizienten b. Der in der Berechnungsformel auftauchende Term $\large{e^{- \frac{x^2}{4 \cdot a \cdot \tau}}}$ wird wegen x = 0 zu 1.

$\dot q_1 (x=0) = - \dot q_2 (x=0) \;\;\; \Leftrightarrow \;\;\; \large{\frac{b_1(t_K - t_1)}{\sqrt{\pi \cdot \tau}} = \frac{b_2 (t_2 - t_K)}{\sqrt{\pi \cdot \tau}}}$

Methode

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$$t_K = \frac{b_1 \cdot t_1 + b_2 \cdot t_2}{b_1 + b_2} = \frac{\frac{b_1}{b_2}t_1 + t_2}{\frac{b_1}{b_2} + 1}$$

Die zeitunabhängige Kontakttemperatur tK liegt näher an der Temperatur desjenigen Körpers, der über den größeren Wärmeeindringkoeffizienten b verfügt. Deshalb fühlen sich unterschiedliche Materialien gleicher Temperatur bei Berührung mit der Hand unterschiedlich „warm“ an. Stoffe mit großem Wärmeeindringkoeffizienten b sind berührungskalt (zum Beispiel Metalle). Dagegen eignen sich Stoffe mit kleinem Wärmeeindringkoeffizienten b zum Beispiel gut als Oberflächenmaterial für Fußböden, da sich die Oberfläche durch geringe Wärmeableitung in tiefere Schichten schnell erwärmt.
Für den Sonderfall gleicher Materialien unterschiedlicher Anfangstemperatur (also b1 = b2 und t1 ≠ t2) kann in Übereinstimmung mit unserer Erfahrung schnell abgeleitet werden

$t_K = \frac{t_1 + t_2}{2}$

Praktisch relevanter ist die sich einstellende Berührungstemperatur tK  bei thermisch idealem Kontakt zweier Körper mit endlicher Dicke. Diese ist nicht mehr zeitunabhängig, sondern gilt nur im Kurzzeitbereich. Unterstellt man, dass beide Körper zusammen ein adiabates System bilden, nähert sich die Berührungstemperatur tK mit zunehmendem Temperaturausgleich der Ausgleichstemperatur tA an. Die Ausgleichstemperatur liegt stets näher an der Temperatur des Körpers, der über eine höhere Wärmekapazität als Produkt aus Masse und spezifischer Wärmekapazität C = m · c verfügt.

Methode

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$$t_A = \frac{(m \cdot c)_1 \cdot t_1 + (m \cdot c)_2 \cdot t_2}{(m \cdot c)_1 + (m \cdot c)_2}$$