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Wärmeübertragung: Wärmeleitung - Poisson´sche und Laplace´sche Differentialgleichung

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Wärmeübertragung: Wärmeleitung

Poisson´sche und Laplace´sche Differentialgleichung

Eine Wärmeleitung in einem Festkörper ist immer dann stationär, wenn die Temperaturen an jeder Stelle des wärmeleitenden  Körpers sich zeitlich nicht mehr ändern. Im Unterschied zum Temperaturgleichgewicht verbleibt zeitlich unveränderlich über alle Orte im Körper eine bestimmte Temperaturverteilung. Die daraus folgenden Temperaturgradienten sorgen für einen kontinuierlichen, zeitlich konstanten Wärmestrom. Stationäre Temperaturfelder stellen sich zum Beispiel bei Erreichen eines Beharrungszustandes ein.

Die Fourier´sche Differentialgleichung zur Beschreibung des Temperaturfeldes vereinfacht sich dann zur

Methode

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Poisson´sche Differentialgleichung

$$\nabla^2 t + \frac{\tilde{\dot q}}{\lambda} = 0$$

oder

Methode

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bei Abwesenheit volumenspezifischer Ergiebigkeiten (Laplace´sche Differentialgleichung, Potentialgleichung)

$$ \nabla^2 t = 0 $$

Nachfolgend stellen wir die allgemeinen Lösungen dieser beiden Differentialgleichungen bei eindimensionaler Wärmeleitung für die Grundgeometrien unendlich ausgedehnte ebene Wand, unendlicher Zylinder und Kugel dar:

GrundgeometriePoissonLaplace
unendlich ausgedehnte, ebene Wand$\frac{\partial^2 t}{\partial x^2}+\frac{\tilde{\dot q}}{\lambda} = 0$$\frac{\partial^2 t}{\partial x^2} = 0$
unendlich langer Zylinder$\frac{\partial^2 t}{\partial r^1}+\frac{1}{r} \cdot \frac{\partial t}{\partial r}+\frac{\tilde{\dot q}}{\lambda} = 0$$\frac{\partial^2 t}{\partial r^2} + \frac{1}{r} \cdot \frac{\partial t}{\partial r} = 0$
Kugel$\frac{\partial^2 t}{\partial r^2}+ \frac{2}{r} \cdot \frac{\partial t}{\partial r} + \frac{\tilde{\dot q}}{\lambda} = 0$$\frac{\partial2 t}{\partial r^2} + \frac{2}{r} \cdot \frac{\partial t}{\partial r} = 0$

Mit einem zusätzlichen Parameter n (n = 0 für die unendlich ausgedehnte Wand, n = 1 für den unendlichen Zylinder und n = 2 für die Kugel) kann man die oben in Koordinatenschreibweise angegebenen Differentialgleichungen in einer Differentialgleichung zusammenführen. In der obigen Übersicht haben wir noch die für partielle Differentialgleichungen übliche Schreibweise mit „$\partial$“ verwendet. Da aber die gesuchte Funktion t = t((r) allein von einer unabhängigen Variable (nämlich r) abhängt, liegen praktisch gewöhnliche Differentialgleichungen vor und wir können damit auch zu der dort üblichen Schreibweise „d“ übergehen. Das faktische Vorliegen gewöhnlicher Differentialgleichungen führt auch auf analytische Lösungen, die bequem mit dem Taschenrechner ausgewertet werden können.

Methode

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$\frac{d^2 t}{d r^2} + \frac{n}{r} \cdot \frac{dt}{dr} + \frac{\tilde{\dot q}}{\lambda} = 0$n = 0 ebene Wand, kartesische Koordinaten r ≡ x
 n = 1 unendlicher Zylinder, Zylinderkoordinaten 
 n = 2 Kugel, Kugelkoordinaten
 

Die allgemeine Lösung für diese Differentialgleichung enthält neben dem die Geometrie bestimmenden Parameter n wegen der erforderlichen zweifachen Integration die zwei frei wählbaren Integrationskonstanten C1 und C2. Die unendliche Vielfalt der allgemeinen Lösung reduzieren wir auf die eine auf das untersuchte Problem zutreffende Lösung durch Bestimmung der frei wählbaren Integrationskonstanten über die Randbedingungen erster bis dritter Art.

Zunächst geben wir aber die allgemeine Lösung für die oben aufgeführte gewöhnliche Differentialgleichung an:

Methode

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unendlich ausgedehnte, ebene Wand (n = 0)$t(x) = C_1 \cdot x + C_2 - \frac{\tilde{\dot q}}{2(n+1) \cdot \lambda} = C_1 \cdot x + C_2 - \frac{\tilde{\dot q} \cdot x^2}{2 \cdot \lambda}$
unendlich langer Zylinder (n = 1)$t(r) = C_1 \cdot ln \; r + C_2 - \frac{\tilde{\dot q}}{2(n+1) \cdot \lambda} = C_1 \cdot  ln \; r + C_2 - \frac{\tilde{\dot q} \cdot r^2}{4 \cdot \lambda}$
Kugel (n = 2)$t(r) = C_1 \cdot \frac{1}{r} r + C_2 - \frac{\tilde{\dot q}}{2(n+1) \cdot \lambda} = C_1 \cdot \frac{1}{r} r + C_2 - \frac{\tilde{\dot q} \cdot r^2}{4 \cdot \lambda}$

Expertentipp

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Die hier angegebenen allgemeinen Lösungen der Differentialgleichungen zeigen:

Beim Übergang von kartesischen Koordinaten zu Zylinderkoordinaten kann man bei den allgemeinen Lösungen der Poisson´schen oder Laplace´schen Differentialgleichungen einfach x durch lnr substituieren, beim Übergang von kartesischen zu Kugelkoordinaten wäre x durch $\frac{1}{r}$ zu substituieren. Diese Substitutionen nennt man Jacobi-Substitution.

Zur Demonstration des Vorgehens greifen wir noch einmal auf die in Beispiel 1 beschriebene Situation zurück. Es handelt sich um eine ebene Wand mit einer Breite von b = 10 m und einer Höhe von h = 6 m, die δ = 0,4 m dick ist. Diese Wand ist nicht unendlich ausgedehnt. Mit der Anwendung des hier vorgestellten Instrumentariums setzen wir voraus, dass die Ränder dieser Wand adiabat sind, also dort keine Wärmeströme abfließen und tatsächlich ein eindimensionaler Wärmefluss vorliegt. Gleichzeitig erinnern wir uns an die gegebenen Randbedingungen mit linker Wandtemperatur von tW,l = 90 °C und rechter Wandtemperatur mit tW,r = 40 °C. Dies sind beidseitig Randbedingungen erster Art. Für die Wärmeleitfähigkeit l müssen wir den Voraussetzungen für die Anwendung der Fourier´schen Differentialgleichung folgend einen konstanten Wert unterstellen. Wir fragen wiederum nach dem durchfließenden Wärmestrom und der Temperatur in 8 cm Eindringtiefe von der linken Wandseite her gesehen.

Für die Lösung ist die Laplace´sche Differentialgleichung $\frac{d^2 t}{d x^2} = 0$ anzuwenden. Der Ansatz $t = e^{\mu \cdot x}$ führt auf die charakteristische Gleichung μ2 = 0 und damit nach den mathematischen Regeln des Ansatzverfahrens für lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten auf die allgemeine Lösung t(x) = C1 · x + C2. Wir erkennen jetzt schon, dass die gesuchte Temperaturverteilung t(x) eine Geradengleichung ist. Für die nähere Bestimmung der frei wählbaren Integrationskonstanten C1 und C2 greifen wir auf die gegebenen Randbedingungen auf der linken (x = 0) und rechten (x = δ) Wandseite zurück. Gemäß allgemeiner Lösung muss gelten:

  1. t(x  = 0) = tW,l = C1 · 0 + C2    also  C2 = tW,l
  2. t(x  = δ) = tW,r = C1 · δ + tW,l   also C1 = $\frac{t_{W,l} - t_{W,r}}{\delta}$

Die gesuchte, auf die gegebenen Randbedingungen passende Temperaturverteilung ergibt sich nun aus dem Ansatz t(x) = C1 · x + C2. und den ermittelten Werten für die Integrationskonstanten C1 und C2.

$\begin{align} t(x) & = \frac{t_{W,l} - t_{W,r}}{\delta} \cdot x +  t_{W,l}
\\ t(0,08m) & = \frac{90 °C - 40 °C}{0,4 m} \cdot 0,08m + 90 °C
\\ & = 100 °C\end{align}$

Bemerkenswert ist, dass das Ergebnis völlig unbeeinflusst von einem konkreten Wert der Wärmeleitfähigkeit zustande kommt. Das heißt, diese Temperaturverteilung stellt sich in der Wand ein, ganz egal, ob diese aus Beton oder Stahl oder Gips wäre. Dies ist tatsächlich so, wenn man den Sonderfall stationäre Temperaturverteilung in einer ebenen Wand ohne innere Wärmequellen bei ausschließlichen Randbedingungen erster Art betrachtet. Für alle anderen Fälle spielt die Stoffeigenschaft Wärmeleitfähigkeit schon eine wichtige Rolle!