ZU DEN KURSEN!

Wärmeübertragung: Wärmeleitung - Berechnung des Wärmeübergangs bei freier Konvektion

Kursangebot | Wärmeübertragung: Wärmeleitung | Berechnung des Wärmeübergangs bei freier Konvektion

Wärmeübertragung: Wärmeleitung

Berechnung des Wärmeübergangs bei freier Konvektion

ingenieurkurse JETZT WEITER LERNEN!

Weitere Lernvideos sowie zahlreiche Materialien erwarten dich:
Komplettpaket für Ingenieurstudenten


3108 Lerntexte mit den besten Erklärungen

501 weitere Lernvideos von unseren erfahrenen Dozenten

5120 Übungen zum Trainieren der Inhalte

3108 informative und einprägsame Abbildungen

Die freie Konvektion beruht auf vorhandenen Dichteunterschieden im Fluid. Bei beheizten Flächen weist das Fluid in Wandnähe eine niedrigere Dichte auf als in weiter entfernt liegenden Bereichen. Daraus ergibt sich ein statischer Druckunterschied, der zu einer Konvektionsbewegung führt. Die entsprechenden Nußelt-Korrelationen haben zumeist die Form Nu = Nu(Ra).

In einer Grenzschicht bei freier Konvektion können sowohl laminare als auch turbulente Strömungen auftreten. Wie bei Strömungen mit erzwungener Konvektion können durch hydrodynamische Instabilitäten kleinste Störungen so verstärkt werden, dass ein Übergang von laminarer zu turbulenter Strömung erfolgt. Bei erzwungener Strömung erkennen wir den Bereich des Übergangs von laminarer zu turbulenter Strömung an der Reynolds-Zahl, für deren Berechnung man die Strömungsgeschwindigkeit benötigt. Leider ist diese für Grenzschichten bei freier Konvektion nicht bekannt. In diesen Fällen greifen wir dann auf eine kritische Rayleigh-Zahl zurück, die einen guten Hinweis darauf gibt, ob die Strömung in der Grenzschicht bei freier Konvektion laminar oder turbulent ist. Bei einer vertikalen Wand mit der Wandhöhe h zeigen Rayleigh-Zahlen oberhalb 109 an, dass man es mit einer turbulenten Grenzschichtströmung zu tun hat. Rakrit > 109.

  1. vertikale Wand mit der Wandhöhe h bei laminarer und turbulenter Strömung

    Die einfachsten Korrelationen haben die Form  mit charakteristischer Länge l* = Wandhöhe h.

    • laminare Strömung in der Grenzschicht: $Nu_{Wand} = 0,59 \cdot Ra^{\frac{1}{4}}$ Gültigkeit: 104 ≤ Ra ≤ 109
    • turbulente Strömung in der Grenzschicht: $Nu_{Wand} = 0,1 \cdot Ra^{\frac{1}{3}}$ Gültigkeit: 109 ≤ Ra ≤ 1013
    • laminare und turbulente Strömung in Grenzschicht mit charakteristischer Länge l* = Wandhöhe h:
      $Nu_{Wand} = \Big[ 0,825 + 0,387 (Ra \cdot f_1 (Pr)^{\frac{1}{6}} \Big]^2 \;\;\;\;\; f_1(Pr) = \Big[ 1 + (\frac{0,492}{Pr})^{\frac{9}{16}} \Big]^{- \frac{16}{9}}$
      Gültigkeit: 0,1 ≤ Ra ≤ 1012  und 0,001 < Pr < ∞;

  2. senkrecht stehender Zylinder mit der Höhe h und dem Durchmesser d
    (Rückgriff auf vertikale Wand)
    $Nu_{Zyl} = Nu_{Wand} + 0,435 \cdot \frac{h}{d}$

    Gültigkeit: 0,1 ≤ Ra ≤ 1012 und 0,001 < Pr < ∞; charakteristische Länge l* = Zylinderhöhe h

  3. horizontaler Zylinder
    $Nu_{Zyl} = \Big[ 0,752 + 0,387 \cdot (Ra \cdot f_3 (Pr)^{\frac{1}{6}} \Big]^2 \;\;\;\;\; f_3(Pr) = \Big[ 1 + (\frac{0,559}{Pr})^{\frac{9}{16}} \Big]^{- \frac{16}{9}}$
    Gültigkeit: 3,9 ∙ 10–5 < Ra < 3,9 ∙ 1012  und  0 < Pr < ∞; charakteristische Länge l* = 0,5 ∙ πd (Anströmlänge)

Das nachfolgende Rechenbeispiel soll einen anschaulichen Überblick verschaffen:

 

Beispiel

Hier klicken zum Ausklappen

Wärmeübergang bei freier Konvektion

Ein sehr dünner Plattenheizkörper mit einer Höhe von 0,5 m weise eine Wandtemperatur von 70 °C auf, die Umgebungstemperatur im Raum betrage 10 °C. Über welche Breite muss der Heizkörper mindestens verfügen, damit eine durch freie Konvektion abgegebene Heizleistung von 300 W möglich wird?

Gegeben:
tW = 70 °C
tU = 10 °C
h = 0,5 m
$\dot Q$ = 300W

Lösung:
In einem ersten Schritt wird eine Angabe zu dem Wärmeübergangskoeffizienten benötigt. Wir orientieren uns an dem vorgestellten allgemeinen Lösungsschema:

  1. Geometrie, Temperaturen, Stoffwerte
    Ebene Wand mit wärmeübertragender Oberfläche A = 2 · b · h (die Stärke des Plattenheizkörpers wird vernachlässigt)
    treibende Temperaturdifferenz: Δt = tW – tU = 70 °C – 10 °C = 60 K
    Bezugtemperatur für Stoffwerte: $t_B = \frac{t_W + t_U}{2} = \frac{70 °C + 10 °C}{2} = 40°C$

    Stoffwerte aus Tabelle 4:
    β(10 °C) = 3,543 · 10-3 K-1ν(40 °C) = 172 · 10-7 $\frac{m^2}{s}$
    λ(40 °C) = 0,02735 $\frac{W}{m \, K}$Pr(40 °C) = 0,7056




  2. Konvektionsart = freie Konvektion

  3. Strömungsart:
    Berechnung Ra
    $Gr = \large{\frac{g \cdot \beta \Delta t \cdot (l^*)^3}{\nu^2} = \frac{9,80664 \frac{m}{s^2} \cdot 3,543 \cdot 10^{-3}K^{-1} \cdot 60K \cdot 0,5^3 m^3}{172,3^2 \cdot 10^{-14} \frac{m^4}{s^2}}} = 8,777736436 \cdot 10^8$
    $Ra = Gr \cdot Pr = 8,777736436 \cdot 10^8 \cdot 0,7056 = 6,193570829 \cdot 10^8$ → laminare Strömung!

  4. relevante dimensionslose Kennzahlen  (schon berechnet)

  5. Auswahl der Korrelation
    Für den Kurs Wärmeübertragung stehen uns zwei Korrelationen zur Verfügung. Es ist lehrreich, die Ergebnisse für beide Fälle zu errechnen, im Prinzip aber nicht erforderlich

  6. Errechnung des Wärmeübergangskoeffizienten α

    1. $Nu_{Wand} = 0,59 \cdot Ra^{\frac{1}{4}}$ Gültigkeit: 104 ≤ Ra ≤ 109 wird eingehalten mit Ra ≈ 6,2 · 108
      $Nu_{Wand} = 0,59 \cdot (6,193570829 \cdot 10^8)^{\frac{1}{4}} = 93,076$
      $\alpha = Nu_{Wand} \cdot \frac{\lambda}{h} = 93,076 \cdot \frac{0,02735 \frac{W}{m \, K}}{0,5m} ≈ 5,09 \frac{W}{m^2 \, K}$

    2. $Nu_{Wand} = \Big[ 0,825 + 0,387 (Ra \cdot f_1 (Pr)^{\frac{1}{6}} \Big]^2 \;\;\;\;\; f_1(Pr) = \Big[ 1 + (\frac{0,492}{Pr})^{\frac{9}{16}} \Big]^{- \frac{16}{9}}$
      Gültigkeit: 0,1 ≤ Ra ≤ 1012  wird eingehalten mit Ra » 6,2 · 108 und 0,001 < Pr < ∞ mit Pr = 0,7056

      $f_1(Pr) = \Big[ 1 + (\frac{0,492}{0,7056})^{\frac{9}{16}} \Big]^{- \frac{16}{9}} = 0,346074052$
      $Nu_{Wand} = \Big[ 0,825 + 0,387 \cdot (6,193570829 \cdot 10^8 \cdot 0,346074052)^{\frac{1}{6}} \Big]^2 ≈ 105,93$
      $\alpha = Nu_{Wand} \cdot \frac{\lambda}{h} = 105,93 \cdot \frac{0,02735 \frac{W}{m \, K}}{0,5m} ≈ 5,79 \frac{W}{m^2 \, K}$

    Beide Wärmeübergangskoeffizienten für freie Konvektion in Luft liegen in dem Bereich, die wir nach den Erfahrungswerten zwischen 3 und 30 $\frac{W}{m^2 \, K}$ erwarten dürfen. Weitere hier nicht ausgeführte Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass die 5,09 $\frac{W}{m^2 \, K}$ etwas zu niedrig berechnet sind.

  7. Kontrolle Wandtemperatur

    Die Wandtemperatur ist in diesem Beispiel gegeben, eine weitere Prüfung, ob die Schätzung der Wandtempetur aus einer eventuell gegebener Vorlauftemperatur für den Heizkörper zutreffend war, entfällt hier.

    Die Frage nach der erforderlichen Breite b des Plattenheizkörpers beantworten wir mit Hilfe von
    $\dot Q = \alpha \cdot A \cdot (t_W - t_U) \;\;\;$ mit $\;\;\; A = 2 \cdot b \cdot h$
    $b = \large{\frac{\dot Q}{\alpha \cdot A \cdot (t_W - t_U)} = \frac{300W}{5,79 \frac{W}{m^2 \, K} \cdot 2 \cdot 0,5m}} = 0,86356m$

    Würden wir mit einem Wärmeübergangskoeffizienten von 5 $\frac{W}{m^2 \, K}$ rechnen, ergäbe sich eine Breite von genau 1 m!