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Wärmeübertragung: Wärmeleitung

Vereinfachte Berechnung von Rekuperatoren

Rekuperatoren sind Wärmeübertrager, bei denen eine feste, wärmedurchlässige Wand ein „warmes“ Fluid (Flüssigkeit, Dampf oder Gas) von einem „kalten“ trennt. Die Wärmeübertragung erfolgt in Übereinstimmung mit dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik als Wärmedurchgang vom Fluid höherer Temperatur zum Fluid niedriger Temperatur. Der gewünschte Zweck kann sowohl die Aufheizung als auch die Kühlung eines Fluids sein. Unabhängig davon bezeichnet man die wärmeübertragende Wandfläche immer als Heizfläche, für die man das Formelzeichen a verwendet. Gemeint ist damit die Größe der wärmeübertragenden Wand, die vom Fluid auf seinem Strömungsweg bis zur Stelle a überstrichen wurde. Die maximale Größe der Heizfläche a ist die durch die konstruktive Ausführung der Anlage vorgegebene Heizfläche A. Somit ist im Wärmeübertrager für die Zunahme der Heizfläche entlang eines Strömungsweges festzuhalten: 0 ≤ a A.

Für eine vereinfachte Berechnung eines Rekuperators unterstellen wir:

  1. Je nach Bauart wird das warme und kalte Fluid jeweils komplett im Parallelstrom (Gleich- bzw. Gegenstrom) oder im Kreuzstrom geführt.
    prinzipielle Stromführungen
    Abb.9
  2. Der Rekuperator ist ein offenes, stationär durchströmtes System mit adiabater Anlagenhülle. Für die meisten praktischen Untersuchungen an Rekuperatoren reicht eine Betrachtung des stationären Betriebszustandes (zeitlich unveränderliche Temperatur- und Strömungsfelder) tatsächlich auch aus.

  3. Druckverluste in den Fluidströmungen werden vernachlässigt, man geht immer von isobaren Zustandsänderungen aus. Tatsächlich sind gerade die auftretenden Druckverluste ein wichtiger Parameter für den sicheren und wirtschaftlichen Betrieb von Rekuperatoren.

  4. Es wird immer ein konstanter, über die gesamte Heizfläche gemittelter Wärmedurchgangskoeffizient k verwendet. Für seine Definition muss anstelle der entlang des Strömungsweges sich stetig ändernden Temperaturdifferenz zwischen Heiz- und Kühlmedium eine konstante, mittlere logarithmische Temperaturdifferenz Δtm betrachtet werden. Die Definition ergibt sich aus:

    $\Delta t_m = \frac{1}{A} \int \limits^{A}_{0} (t_1 - t_2) da \;\;\;\;\;$ [∆tm] = 1 K

    In dieser Definitionsgleichung ist die Temperaturdifferenz (t1 – t2) eine hypothetische örtliche Temperaturdifferenz zwischen warmem und kaltem Medium, die sich bei konstanten Wärmekapazitätsströmen und einem konstanten Mittelwert für die lokal verschiedenen sowie temperaturabhängigen Wärmeübergangskoeffizienten einstellen würde. Die mittlere logarithmische Temperaturdifferenz Δtm ist stets kleiner als die mittlere arithmetische und hängt von der Strömungsführung ab.

  5. Temperaturen ändern sich nur quer zur Strömungsrichtung. Die Wärmeleitung in Strömungsrichtung sei sowohl in der Heizfläche als auch in den beiden Stoffströmen vernachlässigbar klein.

Diese einschränkenden Bedingungen für die sogenannte vereinfachte Berechnung sind hilfreich bei der Bearbeitung zweier praktisch häufig vorkommender Aufgabenstellungen:

  • Festlegung der Hauptabmessungen eines Wärmeübertragers (Einschätzung des Platzbedarfs nach Größe der benötigten Heizfläche und Wandstärken nach den gegebenen Betriebsparametern wie Temperaturen, Drücke und Massenströme)
  • Nachrechnung vorhandener Wärmeübertrager bei veränderten Betriebsbedingungen

Zur Kennzeichnung der physikalischen Größen für den Rekuperator verwenden wir in Anlehnung an die bekannte Fachliteratur folgende Nomenklatur:

Merke

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hspezifische Enthalpiein$\frac{kJ}{kg}$cpmittlere spezifische
Wärmekapazität
in$\frac{J}{kg \, K}$
tCelsiustemperaturin$°C$kgemittelter Wärmedurchgangskoeffizientin$\frac{W}{m^2 \, K}$
AHeizfläche 0 < a < A in$m^2$$\dot m$Massenstrom
($\dot m = \rho \cdot \dot V$)
in$\frac{kg}{s}$
KÜbertragungsfähigkeit
(K = k · A)
in$\frac{W}{K}$$\dot C$Wärmekapazitätsstrom
($\dot C = \dot m \cdot c_p$)
in$\frac{W}{K}$

 Zusätzliche Indizes und Beistriche:

  • wärmeabgebendes Fluid: Index „1“
  • wärmeaufnehmendes Fluid: Index „2“
  • ein oberer Beistrich (´) = Eintritt (a = 0)
  • zwei obere Beistriche (´´) = Austritt (a = A)

Somit wird zum Beispiel die Temperatur des Heizmediums am Eintritt des Wärmeübertragers mit t1'und die des Kühlmediums am Austritt des Wärmeübertragers mit t2'' gekennzeichnet.

Abbildung 10 zeigt neben den einzelnen Bezeichnungen für die Stoffströme ein Temperatur-Heizflächen-Diagramm, bei dem entlang des Strömungsweges über der Heizfläche a die Temperaturverläufe von Heiz- und Kühlmedium t1 t1(a) und t2 t2(a) aufgetragen werden. Diese Diagrammdarstellungen sind ein sehr effizientes Hilfsmittel, um sich Klarheit über die funktionalen Zusammenhänge im jeweiligen Wärmeübertrager zu verschaffen.

Stoffströme
Abb.10

Für die Handhabung der sehr zahlreichen, speziell für die Berechnung von Wärmeübertragern entwickelten Formeln präge man sich außerdem folgende Zusammenhänge sehr gut ein:

Merke

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  • die Temperaturdifferenzen der beiden Stoffströme 1 und 2 zwischen Eintritt in den und Austritt aus dem Wärmeübertrager (siehe Abb.10)
    Δt1 = t1' - t1'' $\;\;\;\;\;$ Δt2 = t2'' - t2'

  • die Temperaturdifferenzen zwischen Heizmedium und Kühlmedium am Eintritt in den und am Austritt aus dem Wärmeübertrager sind für Gleich- und Gegenstrom zu differenzieren:
    a = 0: Gleichstrom: Δt0 = t1' - t2' $\;\;\;\;\;$ Gegenstrom: Δt0 = t1' - t2''
    a = A: Gleichstrom: ΔtA = t1'' - t2'' $\;\;\;$ Gegenstrom: ΔtA = t1'' - t2'

Ausgangspunkt aller nachfolgenden Betrachtungen ist die Energiebilanz eines adiabat umhüllten Rekuperators. Diese Bilanzgleichungen nennt man auch kinetische Kopplung.

Methode

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$\dot Q = - \dot m_1 \cdot c_{p,1} \cdot (t_1^{''} - t_1^{'}) = \dot m_1 \cdot c_{p,1} \cdot (t_1^{'} - t_1^{''}) = \dot m_2 \cdot c_{p,2} \cdot (t_2^{''} - t_2^{'}) = k \cdot A \cdot \Delta t_m$

$\dot Q = - \dot C_1 \cdot (t_1^{''} - t_1^{'}) = \dot C_2 \cdot (t_2^{''} - t_2^{'}) = K \cdot \Delta t_m$

Das Minuszeichen vor dem Wärmestrom des Heizmediums bedeutet nach den Bilanzierungsregeln der Thermodynamik, dass dieser Wärmestrom abgegeben wird. Das Kühlmedium nimmt den entsprechenden Betrag des Wärmestroms auf. Man kann auf das Minuszeichen verzichten, wenn man Minuend und Subtrahend in der Temperaturdifferenz vertauscht ((t1'' - t1') → (t1' - t1'')).

Die mittlere logarithmische Temperaturdifferenz ist für den Gleich- und Gegenströmer (also für Parallelströmer) wie folgt zu berechnen:

$\Delta t_m = \frac{\Delta t_A - \Delta t_0}{ln \frac{Delta t_A}{Delta t_0}} = \frac{\Delta t_0 - \Delta t_A}{ln \frac{Delta t_0}{Delta t_A}}$

Die Temperaturdifferenzen Δt am Eintritt des Wärmeübertragers Δt(a = 0) = Δt0 und an seinem Austritt Δt(a = A) = ΔtA müssen in Abhängigkeit von der Strömungsführung gebildet werden:

 a = 0a = A
GleichstromΔt0 = t1' - t2'ΔtA = t1'' - t2''
GleichstromΔt0 = t1' - t2''ΔtA = t1'' - t2'

Die mittlere logarithmische Temperaturdifferenz ∆tm ist demnach eine Konstante, die nur von den Temperaturdifferenzen zwischen Heiz- und Kühlmedium am Ein- und Austritt des Wärmeübertragers abhängt, jedoch für Gleich- und Gegenstrom jeweils unterschiedliche Werte annimmt. Bei gleichen Kapazitätsströmen und gleichen Einlauftemperaturen erreicht die logarithmische Temperaturdifferenz ∆tm für den Gegenströmer den größten Wert. Gemäß Energiebilanz muss dann eine bestimmte Wärmeleistung $\dot Q$ im Gegenströmer mit der geringsten Heizfläche A übertragen werden. Das Gegenstromprinzip ist also für die Wärmeübertragung das effizienteste Verfahren.

Für den Sonderfall gleicher Wärmekapazitätsströme (R = 1) entsteht der mathematisch unbestimmte Ausdruck „null durch null“. Für die Berechnung wenden wir deshalb die Regel von Bernoulli de l´Hospital an und erhalten

$\Delta t_m = \lim \limits_{\Delta t_A \to \Delta t_0} \frac{\Delta t_A - \Delta t_0}{ln \frac{Delta t_A}{Delta t_0}} = \lim \limits_{\Delta t_A \to \Delta t_0} = \frac{1}{\frac{\Delta t_0}{\Delta t_A} \cdot \frac{1}{\Delta t_0}} = \Delta t_A = \Delta t_0$

Die mittlere Temperaturdifferenz zwischen Heiz- und Kühlmittel bleibt für R = 1 über den über den gesamten Strömungsweg im Gegenstrom-Wärmeübertrager ein konstanter Wert, nämlich Δtm = t1'' - t2' = t1' - t2''. Im Temperatur-Heizflächen-Diagramm werden die Temperaturverläufe als parallele Geraden abgebildet.