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Wärmeübertragung: Wärmeleitung - Die Fourier´sche Differentialgleichung zur Beschreibung des Temperaturfeldes im Festkörper

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Wärmeübertragung: Wärmeleitung

Die Fourier´sche Differentialgleichung zur Beschreibung des Temperaturfeldes im Festkörper

Neben der Berechnung von Wärmeströmen aus einer bekannten Temperaturverteilung mit dem Fourier´schen Gesetz der Wärmeleitung kann auch die Ermittlung einer Temperaturverteilung in einem festen Körper aus den ein- und austretenden Wärmeströmen sowie (wenn vorhanden) den inneren Wärmequellen sein. Kommt es so zur Entstehung von Temperaturunterschieden in einem Körper oder in mechanisch verbundenen Körpern zu Wärmedehnungen, treten mechanische Spannungen auf, die die Funktionsfähigkeit einer Anlage beeinträchtigen oder diese sogar zerstören können. Die mathematische Beschreibung der Entwicklung von zeitlich und örtlich veränderlichen Temperaturfeldern dient unter anderem zum Beispiel der Optimierung von Anlauf- und Ablaufvorgängen in Maschinen oder der Beurteilung von Aufheiz- und Abkühlvorgängen und schließlich auch der aktuell wieder in den Fokus gerückten Analyse der Speicherung von thermischer Energie.

Von Ort und Zeit abhängige Temperaturfelder mit zugehörigen Anfangs- und Randbedingungen in einem festen isotropen Körper, dessen Aggregatzustand sich nicht ändert, beschreibt eine als Fourier´sche Differentialgleichung bekannte partielle Differentialgleichung ersten Grades und zweiter Ordnung.

Expertentipp

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Präge Dir die Voraussetzungen für die Herleitung der Fourier´schen Differentialgleichung fest ein. Prüfe immer, wenn Du die nachfolgend beschriebenen mathematischen Verfahren anwendest, ob diese Bedingungen gelten:

  1. Du analysierst die Temperaturverteilung in einem einzigen Körper in der festen Phase, Änderungen des
        Aggregatzustandes innerhalb des betrachteten Systems treten nicht auf.
  2. Alle Stoffwerte sind unabhängig von Temperatur (und Druck).
  3. Der Körper muss homogen und isotrop sein.

Methode

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$$ \frac{\partial t}{\partial \tau} = \alpha \cdot \nabla^2 t + \frac{\tilde{\dot q}}{\rho \cdot c_p} $$ 

Darin bedeuten:$t$ Temperatur
 $\rho $ Dichte
 $\tau$ Zeit
 $\alpha$ Temperaturleitfähigkeit
 $c_p$ spezifische Wärmekapazität
 $\tilde{\dot q}$ volumenspezifische Ergiebigkeit

Neben den bekannten Stoffeigenschaften Dichte ρ und spezifische Wärmekapazität cp (für konstanten Druck) taucht hier die Temperaturleitfähigkeit a als Maß für die Geschwindigkeit der Temperaturänderungen im Körper eine neue Stoffgröße auf, die berechnet werden kann aus

$ \alpha = \frac{\lambda}{\rho \cdot c_p} \;\;\;\;\; [a] = 1 \frac{m^2}{s}$

Niedrige Werte für den Temperaturleitfähigkeit a haben ein langsames Fortschreiten der Temperaturwelle in einem Stoff zur Folge.

Expertentipp

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Die Fourier´sche Differentialgleichung enthält wieder einen Differentialoperator $\nabla$ (hier Nabla zum Quadrat:$\nabla^2$). Dafür sind auch noch die Bezeichnungen divgrad oder Laplace $\Delta$ gebräuchlich. Da aber $\Delta$ als Delta in den Ingenieurwissenschaften oft für eine Differenz steht, verzichten wir hier auf diese Darstellung komplett und verwenden immer $\nabla^2$. Überzeugen Sie sich, dass Sie auch diesen Differetialoperator in Ihrer mathematischen Formelsammlung finden!

Der Laplace-Operator $\Delta$ oder Nabla Quadrat $\nabla^2$ ergeben sich aus dem skalaren Produkt des Operators Nabla:

$\begin{align} \Delta = \nabla^2 & = \vec{\nabla} \cdot \vec{\nabla}
\\ & = \Big(\frac{\partial t}{\partial x} \cdot \vec{e_{x}} + \frac{\partial t}{\partial y} \cdot \vec{e_{y}} + \frac{\partial t}{\partial z} \cdot \vec{e_{z}}) \cdot(\frac{\partial t}{\partial x} \cdot \vec{e_{x}} + \frac{\partial t}{\partial y} \cdot \vec{e_{y}} + \frac{\partial t}{\partial z} \cdot \vec{e_{z}} \Big) 
\\ & = \Big(\frac{\partial^2}{\partial x^2} + \frac{\partial ^2}{\partial y^2} + \frac{\partial ^2}{\partial z^2} \Big) \end{align} $ 

unter Beachtung von $\vec{e_x} \cdot \vec{e_x} = 1$

Kartesische Koordinaten $(- \infty \lt x \lt + \infty , -\infty \lt y \lt + \infty, -\infty \lt z \lt + \infty)$ 
divgrad $ ≡ \nabla^2 ≡ \Delta = (\frac{\partial^2}{\partial x^2} + \frac{\partial ^2}{\partial y^2} + \frac{\partial ^2}{\partial z^2})$

Zylinderkoordinaten $ (0 \leq r \lt \infty , 0 \leq \phi \leq 2 \pi, -\infty \lt z \lt + \infty) $
divgrad $≡ \nabla^2 ≡ \Delta = \frac{1}{r} \cdot \frac{\partial}{\partial r} (r \frac{\partial}{\partial r}) + \frac{1}{r^2} \cdot \frac{\partial^2}{\partial \phi^2} + \frac{\partial^2}{\partial z^2} = \frac{\partial^2}{\partial r^2} + \frac{1}{r} \cdot \frac{\partial}{\partial r} + \frac{1}{r^2} \cdot + \frac{\partial^2}{\partial \phi^2} + \frac{\partial^2}{\partial z^2}$

Kugelkoordinaten $ (0\leq r \lt \infty, \;\; \text{Längengrade:} 0 \leq \phi \leq 2 \pi , \;\;\;  \text{Breitengrade:} 0 \leq \psi \leq \pi) $

divgrad $≡ \nabla^2 ≡ \Delta = \frac{1}{r^2} \Big[ \frac{\partial}{\partial r} (r^2 \frac{\partial}{\partial r}) + \frac{1}{sin \psi}  \cdot \frac{\partial}{\partial \psi}  (sin \psi \cdot \frac{\partial}{\partial \psi} ) + \frac{1}{sin^2 \psi}  \cdot \frac{\partial^2}{\partial \phi^2} \Big]$
divgrad $≡ \nabla^2 ≡ \Delta = \frac{\partial^2}{\partial r^2} + \frac{2}{r} \cdot \frac{\partial}{\partial r} + \frac{1}{r^2} \cdot \frac{\partial^2}{\partial \psi^2} + \frac{cot \psi}{r^2} \frac{\partial}{\partial \psi} + \frac{1}{r^2 sin^2 \psi} \cdot \frac{\partial^2}{\partial \phi^2} $

Die Anfangsbedingungen beschreiben die Temperaturverteilung an allen Punkten des Köpers zum Zeitpunkt τ = 0 in Form von:

$t(x,y,z, \tau = 0) = t_0 (x,y,z) $ oder $ t(x,y,z, \tau = 0) = t_0 = \text{konstant}$  

Randbedingungen treten in drei verschiedenen Arten als örtliche Vorgaben auf und können für den Rand eines Körpers mit x = x0 wie folgt beschrieben werden:

Randbedingung 1. Art (Dirichlet´sche Randbedingung):

Hier wird an jedem Punkt des Randes eine konkrete Temperatur vorgeben:

$t(x = x_{W} , y, z, \tau) = t_{W} (x_{W} , y, z, \tau)$

Randbedingung 2. Art (Neumann´sche Randbedingung):

Am Rand wird eine Wärmestromdichte vorgegeben (entspricht der Vorgabe eines Temperaturgradienten am Rand). Dies kann man sich zum Beispiel als elektrische Flächenheizung vorstellen.

$$ \dot q_{W} (x = x_{W} , y, z, \tau) = - \lambda \frac{\partial t(x, y, z, \tau)}{\partial x} \Bigg \vert_{x=x_{W}}$$

Eine adiabate Systemgrenze ist ein spezielle Randbedingung 2. Art, nämlich:

$$ \dot q_{W} (x = x_{W} , y, z, \tau) = - \lambda \frac{\partial t (x, y, z, \tau)}{\partial x} \Bigg \vert_{x=x_{W}} = 0$$

Die Isothermenkurven münden hier mit dem Anstieg von null (also senkrecht) in die Wand.

Randbedingung 3. Art (Newton´sche Randbedingung):

Diese Randbedingung beschreibt einen Wärmeübergang von einem Körper an das ihn umgebende Fluid oder umgekehrt.

Der Temperaturgradient an der Körperoberfläche ist proportional zur Differenz zwischen der Temperatur tU des angrenzenden Fluids (in der Literatur oftmals auch t) und der Wandtemperatur des Festkörpers tW. Der Propor-tionalitätsfaktor für den zugehörigen linearen Ansatz ist der Wärmeübergangskoeffizient α, der zur Wahrung der Bedingung „linearer Zusammenhang“ nicht von tW oder (tU – tW) abhängen darf. Bei freier Konvektion oder bei entsprechender Modellierung von Strahlungsvorgängen ist dies aber genau der Fall, so dass bei Vorliegen dieser Bedingungen numerische Berechnungsmethoden anzuwenden sind.

Mit der Umgebungstemperatur tU ist die Temperatur des umgebenden Fluids außerhalb der Temperaturgrenzschicht in unmittelbarer Wandnähe gemeint.

$\dot q_{\alpha} (x=x_0, \tau) = \dot q_{\lambda} (x=x_0, \tau)$
$ \alpha \cdot (t_U - t_W) = - \lambda \frac{\partial t (x, \tau)}{\partial x} \Bigg \vert_{x=x_{W}} \;\;\;\;\; - \frac{\partial t (x, \tau)}{\partial x} \Bigg \vert_{x=x_{W}} = \frac{t_{U} - t_{W}}{\frac{\lambda}{\alpha}} $

 

Expertentipp

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Vermeide einen häufig gemachten Fehler! Hier ist die Wärmeleitfähigkeit λ die Materialeigenschaft der Wand, nicht des Fluids!

Die oben angegebene Fourier´sche Differentialgleichung für das Temperaturfeld ist in Verbindung mit den Anfangsbedingungen und den möglichen Randbedingungen in den meisten Fällen nicht geschlossen analytisch lösbar. Das gilt insbesondere wenn man für das zu bearbeitende Problem bei vielgestaltigen Geometrien eine zwei- oder dreidimensionale Betrachtung erforderlich wird, wenn die Stoffwerte oder innere Quellen eine Temperaturabhängigkeit aufweisen, die Randbedingungen zeitlich variieren und/oder von der Temperatur abhängen und wenn die Anfangsbedingungen örtlich verschieden sind. Immer dann ist man auf numerische Lösungsverfahren (Differenzenverfahren, Methode der finiten Elemente) angewiesen. Die heute hierfür verfügbare Software gestattet die Lösung sehr komplexer Aufgabenstellungen. Die Schwierigkeiten für ihren Einsatz bestehen im Finden einer geeigneten zeitlichen und darauf abgestimmten räumlichen Diskretisierung und im Formulieren der Grenzbedingungen, die man meist gar nicht so genau kennt, wie es für die exakte Aufgabenbeschreibung wünschenswert wäre.

Analytisch geschlossene Lösungen sind möglich, wenn man von einem eindimensionalen Wärmefluss in einem homogenen Festkörper in einfachen Grundgeometrien (unendlich ausgedehnte ebene Wand, unendlicher Zylinder oder Kugel) und vom Vorliegen nicht temperaturabhängiger Stoffwerte ausgehen kann.