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Wärmeübertragung: Wärmeleitung - Strahlung technischer Oberflächen

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Wärmeübertragung: Wärmeleitung

Strahlung technischer Oberflächen

Ein schwarzer Modellkörper mit einer festen Temperatur T besitzt die Eigenschaft, für diese Temperatur Strahlung mit maximal möglicher Intensität (maximale Energiestromdichte $\dot e_S$) auszusenden. Das Emissionsverhältnis ε eines strahlenden realen Körpers ist definiert als das Verhältnis der von ihm ausgehenden Energiestromdichte $\dot e$ (auf die strahlende Fläche bezogener emittierter Energiestrom) im Vergleich zu der eines schwarzen Körpers bei gleicher Temperatur.

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$\epsilon (T) = \frac{\dot e(T)}{\dot e_S(T)}$

Bei der Strahlung technischer Oberflächen treten folgende Unterschiede zur stark idealisierten und in der Realität nicht vorkommenden schwarzen Strahlung auf:

  • Der schwarze Strahler emittiert bei gegebener Temperatur über den gesamten Wellenlängenbereich die maxi-maximal mögliche Energiestromdichte. In der Natur kommen schwarze Körper nicht vor. Reale technische Oberflächen strahlen stets eine niedrigere Leistungsdichte als die des schwarzen Strahlers ab.
  • Beim schwarzen Strahler ist die spektrale Strahlungsintensität unabhängig von der Richtung, das heißt die Abstrahlung ist diffus. Bei technischen Oberflächen liegt dagegen bei der spektralen Strahlungsintensität eine Richtungsabhängigkeit vor, die Strahlung ist nicht diffus.
  • Die einfallende Strahlung wird von einem schwarzen Körper vollständig absorbiert, Reflexion findet prinzipiell nicht statt. Reale Körper mit technischen Oberflächen reflektieren auch immer einen Teil der Strahlung, eine vollständige Absorption findet nicht statt. Deshalb weisen reale Körper immer niedrigere Emissionen auf als schwarze Körper gleicher Temperatur oder für eine gleich hohe Emission muss der reale Körper eine höhere Temperatur als der schwarze Strahler besitzen.
  • Reale Körper können für die Strahlung transparent sein und diese zumindest teilweise durchlassen. Nur opake Oberflächen absorbieren den nicht reflektierten Anteil der einfallenden Strahlung vollständig. Für eine schwarz strahlende Oberfläche ist die Transmission von Strahlung absolut ausgeschlossen.

Für die Beschreibung des tatsächlichen Strahlungsverhaltens technischer Oberflächen benötigt man zusätzliche Modellannahmen, gegebenenfalls in Verbindung mit experimentellen Befunden. Die praktisch auftretenden Fälle werden nach zwei Gruppen unterschieden, für die sich jeweils spezielle Modellvorstellungen etabliert haben.

  1. Grauer Strahler (Oberflächen elektrischer Nichtleiter und Halbleiter)

    Bei „grauer Strahlung“ ist die Strahlungsintensität bei jeder Wellenlänge ein fixer, konstanter Bruchteil der schwarzen Strahlung. So ergeben sich gleichmäßig für alle Wellenlängen niedrigere Emissionswerte (ε < 1 und ε = konstant). Die Stellen für die Maxima der Abstrahlung bleiben jedoch erhalten. Es können das Wien´sche Verschiebungsgesetz und unter Berücksichtigung des Emissionsverhältnisses das Planck´sches Strahlungsgesetz sowie das Stefan-Boltzmann´sches Gesetz angewandt werden.

  2. Farbiger Strahler (Metalle, Metalloxide), Bandenstrahler (Gase, Dämpfe)

    Der farbige Strahler (auch selektiver, realer Strahler genannt) sendet bei jeder Wellenlänge Strahlung aus, hat aber wegen ε = ε(T, λ) eine völlig unregelmäßige Intensitätsverteilung, die nicht mehr mit der grauen Strahlung vergleichbar ist (siehe Abbildung 17). Gase mit mindestens drei Atomen im Molekül und Dämpfe erreichen hingegen für einige Spektren sogar manchmal das Niveau des schwarzen Strahlers, während gleichzeitig in anderen Bereichen gar keine Emissionen stattfinden (Bandenstrahler). Die Energiestromdichte ist zusätzlich richtungsabhängig und so die Strahlung also nicht mehr diffus.

 

spektrale Emission
Abb.17

Das Kirchhoff´sche Gesetz beschreibt die Zusammenhänge zwischen den Eigenschaften von Körpern als Sender und Empfänger von Strahlung, die jeweils dieselbe Temperatur besitzen. Wenn zwei Körper mit gegenüberlie-genden unendlich ausgedehnten Wänden (Elimination von Randeinflüssen) mit jeweils gleicher Temperatur T nur durch Strahlung Energie austauschen (Vakuum), dürfen sich nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik spontan durch gegenseitige Zustrahlung keine Temperaturunterschiede herausbilden. Das heißt: Wenn Wand 1 den von Wand 2 emittierten Energiestrom absorbiert, muss dieser auch wieder vollständig emittiert werden, also

$\dot e_1(T) = a(T) \cdot \dot e_2(T) \;\;\; \rightarrow \;\;\; a(T) = \frac{\dot e_1(T)}{\dot e_2(T)}$

Ist speziell eine Wand eine schwarz strahlende Fläche mit a = 1, so absorbiert sie den zugestrahlten Energiestrom vollständig $\dot e_1(T) = \dot e_S(T) = \dot e_2(T)$. Ein Raum zwischen zwei Strahlern ist also von schwarzer Strahlung erfüllt, sobald ein schwarzer Körper im Strahlungsgleichgewicht mit einem beliebigen anderen Strahler steht. Da bei a = 1 bei jeder Temperatur T der überhaupt maximal mögliche Energiestrom absorbiert wird, zeigen obige Überlegungen, dass der schwarze Strahler die maximale Energiestromdichte emittiert.

Wenn in $a(T) = \frac{\dot e_1(T)}{\dot e_2(T)}$ die Definition des Emissionsverhältnisses ε eingesetzt wird, folgt $a(T) = \frac{\epsilon (T) \cdot \dot e_S(T)}{\dot e_S(T)} = \epsilon (T)$. Das belegt die Grundaussage des Kirchhoff´schen Gesetzes, wonach das Emissionsverhältnis ε(T) eines schwarzen Strahlers der Temperatur T identisch ist mit dem Absorptionskoeffizienten a(T) bei gleicher Temperatur. Darüber hinaus eignet sich das Kirchhoff´sche Gesetz auch noch für diffuse graue Strahlung, bei der a wie ε nicht sehr signifikant von der Wellenlänge abhängen sowie die Temperaturen von Sender und Empfänger nicht weit auseinander liegen. Ein realer (opaker) Strahler kann aber durchaus in einem bestimmten Wellenlängenbereich einen hohen Absorptions- und geringen Reflexionskoeffizienten sowie in einem anderen Wellenlängenbereich einen kleinen Absorptions- und hohen Reflexionskoeffizienten besitzen. Das Emissionsverhältnis ε ist als Oberflächeneigenschaft aber unabhängig von der auftreffenden Strahlung. Deshalb muss der durch das Kirchhoff´sche Gesetz beschriebene Zusammenhang genauer gefasst werden durch:

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ελ(T) = aλ(T)

Absorbiert ein Körper bei gegebener Temperatur T in einem Wellenlängenbereich zwischen λ und λ + Δλ keine Strahlung, sendet auch keine aus.

Mit Ruß beschichtete Oberflächen erreichen annähernd die Fähigkeit des schwarzen Körpers, Strahlungsenergie komplett zu absorbieren. Der schwarze Körper erhielt seinen Namen aus der optischen Eigenschaft, dass gute Absorber für das Auge bei einfallendem sichtbarem Licht tatsächlich schwarz erscheinen. Leider ist das Auge, nur für den sichtbaren Strahlungsbereich und nicht für das Wellenlängenspektrum der Wärmestrahlung allgemein ein verlässlicher Indikator für die Absorptionsfähigkeit von Oberflächen. Eine Oberfläche mit einem weißen Farbanstrich absorbiert die bei Raumtemperatur emittierte Infrarotstrahlung sehr gut, reflektiert gleichzeitig aber sichtbares Licht mit den niedrigeren Wellenlängen.

Im Unterschied zur Temperaturstrahlung der Erde im Infrarotbereich, besteht die Solarstrahlung aus elektromagnetischen Schwingungen mit deutlich kürzeren Wellenlängen. Für die meisten Materialien mit real strahlenden Oberflächen unterscheiden sich die Emissionsverhältnisse und Absorptionskoeffizienten im Bereich kurzer Wellenlängen signifikant von denen bei langwelliger Strahlung. So wird der Absorptionskoeffizient für solare Strahlung asol  bei schwarzen Lackoberflächen mit asol = 0,97, bei weißen mit asol = 0,14 angegeben. Die jeweiligen Emissionsverhältnisse hingegen unterscheiden sich nicht stark (schwarz ε = 0,97, weiß ε = 0,93). Damit heizen sich schwarze Lackoberflächen bei Sonnenbestrahlung viel stärker auf als weiße.

Die Normalkomponente des Emissionsverhältnisses εn kann zwischen zwei großen ebenen Platten experimentell leicht ermittelt werden. Deshalb findet man in der Literatur vor allem Angaben zu εn. Für viele technische Oberflächen gilt das Lambert´sche Kosinusgesetz, nach dem die von einem Flächenelement emittierte Energiestromdichte von ihrem Maximalwert in Normalenrichtung nach der Kosinusfunktion auf den Wert Null in der Ebene des Flächenelementes sinkt, nur in gewisser Näherung. Praktisch ergibt sich zum Beispiel bei metallisch blanken Oberflächen ein Ansteigen der emittierten Energiestromdichte beim Abweichen von der Normalenrichtung und erst in einem ganz schmalen Winkelbereich oberhalb der strahlenden Ebene fällt die Energiestromdichte auf Null. Für elektrische Nichtleiter wird ein gegenläufiges Verhalten registriert. Experimentelle Untersuchungen bestätigen nachfolgende Näherungsbeziehungen

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ε ≈ 1,33 · εn für elektrische Leiter (blank polierte Metalle)

ε ≈ 0,96 · εn für Dielektrika (elektrische Nichtleiter)

 

Die Emissionsverhältnisse ε sind als experimentell ermittelte Werte der Literatur zu entnehmen, leider für ein bestimmtes Material in einer konkreten Situation, wenn überhaupt vorhanden, dann aber nur schwer zu finden. Ihre exakten Werte ergeben sich außer aus der Reinheit des betreffenden Materials noch aus vielen anderen Einflussgrößen, wie zum Beispiel der Oberflächenbeschaffenheit (Rauigkeit, Grad der Politur), der Stärke eines eventuell vorhandenen Belages, der Temperatur, der Wellenlänge der Strahlung und dem Abstrahlungswinkel zur Flächennormalen.

Beispiele für Größenordnungen der Emissionsverhältnisse εn und ε

  1. εn für Kupfer 20 °C:
    • poliert: 0,030
    • leicht angelaufen: 0,037
    • schwarz oxidiert: 0,780

  2. εn für Aluminium für 0 °C < < 200 °C:
    • roh: 0,07 – 0,087
    • stark oxidiert: 0,24

  3. εn für Wolfram bei verschiedenen Temperaturen
    25 °C: 0,024
    500 °C: 0,071
    1000 °C: 0,150
    1500 °C: 0,230 

  4. εn für Silber 200 °C < t < 600 °C:
    • hoch poliert: 0,02 – 0,03

  5. ε für Granit 20 °C: 0,45

  6. ε für Asphalt 27 °C: 0,93

  7. ε für Ton 25 °C:
    • glasiert 0,90
    • matt 0,93

Expertentipp

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Brauchbare Zusammenstellungen für Emissionsverhältnisse technisch strahlender Oberflächen enthalt der VDI-Wärmeatlas, den der Verein Deutscher Ingenieure und die VDI-Gesellschaft Verfahrenstechnik und Chemiein-genieurwesen gemeinsam herausgeben sowie die VDI-Richtlinie 2055 Blatt 1 2008-09 Wärme- und Kälteschutz von betriebstechnischen Anlagen – Berechnungsgrundlagen.

Über die Energieströme schwarzer Strahler hinaus sind nun auch die von grauen Flächen emittierten Energieströme mit der Strahlungskonstante C = ε · CS zu berechnen:

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$\dot e (T) = \epsilon \cdot \dot e_S(T) = \epsilon \cdot C_S \Big( \frac{T}{100} \Big)^4 = C \cdot \Big( \frac{T}{100} \Big)^4$