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In diesem Abschnitt wird gezeigt, wie man Kräfte zu einer einzigen Resultierenden zusammenfassen kann, wenn eine ebene Kräftegruppe vorliegt.
Sind Kräfte gegeben, die sich nicht alle in einem einzigen Angriffspunkt schneiden, so liegt eine ebene Kräftegruppe vor. In diesem Abschnitt wird gezeigt, wie man diese gegebenen Kräfte zu einer einzigen resultierenden Kraft $R$ zusammenfassen kann. Hierfür muss der Betrag der Resultierenden, die Richtung der Resultierenden (Winkel) und die Lage der Resultierenden (Hebelarm) bestimmt werden.
Zur Bestimmung der Resultierenden müssen zunächst die Teilresultierenden $R_x$ und $R_y$ bestimmt werden.
Methode
$ R_x = \sum F_{ix}, \; R_y = \sum F_{iy} $ Bestimmung der Teilresultierenden
Zur Bestimmung des Betrags und der Richtung der Resultierenden verwendet man die bereits bekannten Gleichungen.
Methode
$\ R = \sqrt{R_x^2 + R_y^2},$ Betrag der Resultierenden
sowie
Methode
$\tan (\alpha) = \frac{R_y}{R_x}$ Richtung der Resultierenden
Bestimmung des resultierenden Moments
Um den Hebelarm bestimmen zu können, also die Lage der Resultierenden, muss zunächst das resultierende Moment bestimmt werden. Dazu wählt man einen beliebigen Punkt als Bezugspunkt aus und bestimmt für alle gegebenen Kräfte das Moment:
Methode
$M_R^{(X)} = \sum M_i^{(X)}$ Bestimmung des resultierenden Moments
Die Bestimmung des Hebelarms $h$ erfolgt durch die Gleichung:
Methode
$\ h = \frac{M_R^{(X)}}{R} $ Hebelarm der Resultierenden
Der Hebelarm ist der senkrechte Abstand der Resultierenden vom gewählten Bezugspunkt ausgehend.
Treten die folgenden zwei Fälle auf, so gilt:
1. $ R \not= 0 $ und $ M_R^{(X)} = 0$ : In diesem Fall ist $h = 0$ und die Wirkungslinie der Resultierenden schneidet den Bezugspunkt $ X$ und es existieren keine Momente.
2. $ R = 0 $ und $ M_R^{(X)} \not= 0$: In diesem Fall liegen nur Momente vor und die Wahl des Bezugspunktes ist nicht mehr bedeutend für die Wirkweise der Momente.
Anwendungsbeispiel: Resultierende ebener Kräftegruppen
Beispiel
Gegeben sei ein gleichseitiges Sechseck, welches durch vier Kräfte $F_1$ und $F_2$ belastet wird. Die Kräfte $F_1$ haben den Betrag von 10 N, die Kräfte $F_2$ den Betrag von 20 N. Für den Ursprung des Koordinatensystems soll der Bezugspunkt $A$ (genau die Mitte des Sechsecks) gewählt werden. Wie groß ist die Resultierende und wo befindet sich ihre Lage?
Zuerst sollte man wissen, wie sich in einem gleichseitigen Sechseck die Winkel verhalten:
Man kann ein gleichseitiges Sechseck in 6 gleichschenklige Dreiecke unterteilen. Die Spitzen der Dreiecke (in der Mitte) müssen zusammen 360° ergeben. Das Dreieck selber muss insgesamt 180° ergeben. Da alle Seiten gleich lang sind, bedeutet dies auch, dass alle Winkel gleich sind.
Nachdem dieser Sachverhalt klar ist, kann das Koordinatensystem eingezeichnet und die Kräfte in den Ursprung (parallel zu sich selbst) verschoben werden. Das Koordinatensystem wird dabei in den Bezugspunkt gelegt. Die Kräfte werden ebenfalls in den Bezugspunkt gelegt, wobei ihre Richtung beibehalten wird.
Berechnung der Teilresultierenden
Die Berechnung der Resultierenden in $x$- und $y$-Richtung erfolgt wie bereits in den vorherigen Kapiteln gezeigt:
$R_x = \sum F_{ix} = F_1 \cos (60°) + F_1 \cos (60°) + F_2 \cos (120°) + F_2 \cos (300°) $
$= 10 \cos (60°) + 10 \cos (60°) + 20 \cos (120°) + 20 \cos (300°) = 10 N$
$R_y = \sum F_{iy} = F_1 \sin (60°) + F_1 \sin (60°) + F_2 \sin (120°) + F_2 \sin (300°) $
$= 10 \sin (60°) + 10 \sin (60°) + 20 \sin (120°) + 20 \sin (300°) = 17,321 N$
Berechnung des Moments
Die Berechnung des Moments $M_R^{(A)}$ erfolgt durch
$M_R^{(A)} = \sum M_i^{(A)}$
Für die Berechnung der Momente der einzelnen Kräfte muss die Entfernung von ihrer ursprünglichen Lage zum Bezugspunkt $A$ berücksichtigt werden. Die Berechnung erfolgt so, dass die Kräfte solange parallel zu sich selbst verschoben werden, bis die Wirkungslinien den Bezugspunkt schneiden. Da sich der Bezugspunkt in der Mitte des Sechsecks befindet und alle Seiten gleich lang sind, ist die Entfernung zu den einzelnen Kräften überall $L = 3m$. Unter Berücksichtigung der Drehrichtung (mit dem Uhrzeigersinn negativ, andernfalls positiv) ergibt sich folgende Berechnung:
$M_R^{(A)} = \sum M_i^{(A)} = 3 m \cdot F_1 - 3 m \cdot F_1 + 3 m \cdot F_2 + 3 m \cdot F_2$
$ = 3 m \cdot 10 N - 3 m \cdot 10 N + 3 m \cdot 20 N + 3 m \cdot 20 N = 120 Nm$
Berechnung der Resultierenden
Der Betrag der Resultierenden berechnet sich durch:
$R = \sqrt{R_x^2 + R_y^2} = \sqrt{10^2 + 17,321^2} = \sqrt{400} = 20 N$
Die Richtung berechnet sich durch (Winkel zwischen $R_x$ und $R$):
$\tan (\alpha) = \frac{R_y}{R_x} = \frac{17,321}{10} = 1,7321$
$\rightarrow \; \alpha = tan^{-1} (1,7321) = 60°$
Die Resultierende hat demnach einen Winkel von 60° zu $R_x$. Da $R_x$ auf der Horizontalen liegt, besitzt die Resultierende also einen Winkel von 60° zur Horizontalen.
Der Hebelarm der Resultierenden mit Bezug auf den Punkt $A$ ergibt sich aus:
$M_R^{(A)} = h \cdot R \; \rightarrow \; h = \frac{M_R^{(A)}}{R}$
$h = \frac{120 Nm}{20 N} = 6m$
Der Hebelarm ist hierbei so einzuzeichnen, dass eine 6m lange Linie ausgehend vom Bezugspunkt in einem 90°-Winkel zur Wirkungslinie von $R$ gezogen wird. Der Hebelarm ist der senkrechte Abstand vom Bezugspunkt zur Resultierenden.
In der folgenden Videoreihe zeigt euch Jessica, wie ihr den Betrag, die Richtung und die Lage der Resultierenden bestimmen könnt.
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