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Werkstofftechnik 1

Phasendiagramme

Im Rahmen dieses Kurses werden wir das metastabile und das stabile Eisen-Kohlenstoff-System untersuchen und die entsprechenden Phasendiagramme aufstellen. 

Phasendiagramm zum metastabilen Eisen-Kohlenstoff-System

In der nachfolgenden Abbildung sehen Sie das Phasendiagramm für das metastabile Eisen-Kohlenstoff-System. 

Metastabiles System
Metastabiles System

Die eingezeichnete gestrichelte Linien zeigen die Abweichung vom stabilen System. Im Gegensatz zum stabilen Eisen-Kohlenstoff-System weist das metastabile eine Vielzahl von Phasen und Gefügeänderungen auf. 

Merke

Hier klicken zum AusklappenDas Phasendiagramm kennzeichnet, dass verschiedene Phasen in unterschiedlichen Temperaturbereichen $ 20 °C - 1600 °C $ auftreten und dabei unterschiedliche Kohlenstoffgehalte $ 0,00 - 6,7 \text{% C} $ vorliegen.

Nachfolgend möchten wir Ihnen die einzelnen Phasen/Gefüge vorstellen und dabei auf die relevanten Vorgänge innerhalb dieser Phasen/Gefüge eingehen:

Austenit: Alle $\gamma$-Mischkristalle werden zu Ehren von Sir-Robert-Austen als Austenit bezeichnet. 

Zementit: Zementit ist der metallographische Name für Eisenkarbid $ Fe_3C $, welches zu einem rhomboedrischen Gitter kristallisiert. Dabei ist festzuhalten, dass Zementit eine besondere Härte aber eine geringere Zugfestigkeit als Martensit besitzt. 
Generell unterscheidet man zwischen Primär-, Sekundär-, und Tertiär-Zementit sowie Zementit in der Phase des Ledeburit und des Perlit. Die Gemeinsamkeit aller besteht in den identischen chemischen und physikalischen Eigenschaften.  In Ihrer Wirkung sind die Ausprägungen vom Zementit in den Gefügen trotzdem unterschiedlich. 
Zudem lässt sich ein genauer Schmelzpunkt von $ Fe_3C $ nicht festlegen, da es bereits noch vor Erreichen der Schmelztemperatur in Eisen $ Fe $ und Kohlenstoff $ C $ zerfällt.  Aus diesem Grund zeichnet man die Liquiduslinie oberhalb von 4,3 % C punktiert ein. 

Merke

Hier klicken zum AusklappenZementit wird Ihnen in seinen verschiedenen Ausprägungen nachfolgend mehrmals begegnen. 

Ledeburit: Als Ledeburit, benannt nach A. Ledebur, bezeichnet man das Eutektikum des metastabilen Systems. Sobald Ledeburit erstarrt besteht es aus einem feinen Gemenge von $ Fe_3C$-Kristallen und $ \gamma$-Mischkristallen. In der Abkühlphase wird aus dem $ \gamma$-Mischkristall Sekundärzementit ausgeschieden. Dieses ist aber nicht im Gefüge sichtbar, da es direkt an $ Fe_3C $ ankristallisiert. Nachdem sich der $ \gamma$-Mischkristall zu Perlit umgewandelt hat, besteht Ledeburit bei Raumtemperatur $ 20°C $ aus Phasen von $ \alpha$-Mischkristallen und $ Fe_3C $. 

Ferrit: Als Ferrit bezeichnet man die zuvor erwähnten $ \alpha$-Mischkristalle. 

Perlit: Bei einer Temperatur von $ 723 °C $ entstehen aus den $ \gamma$-Mischkristallen  $\alpha$-Mischkristalle und $ Fe_3C $. Das dabei entstehende Gefüge bezeichnet man als Eutektoid. Den Vorgang bei dem sich aus einer Kristallart zwei neue Kristallarten bilden, bezeichnet man als eutektoiden Zerfall, oder als Perlitbildung. Ferner entstehen bei diesem Vorgang von C-Atomen schichtweise angeordnete lamellare Bereiche. Dabei ist die eine Lamelle so stark verarmt an Kohlenstoff $ 0,02 % C $, dass es in das $ \alpha $-Gitter umklappen kann. Die benachbarte, dünnere Lamelle hingegen wird zu $Fe_3C $ umgebildet, nachdem hier Kohlenstoff angereichert wurde ( $ 6,67 % C $). Es entsteht ein Gefüge mit stetigem Wechsel von aufeinanderliegenden, lamellenförmigen $ Fe_3C$-Kristallen und $ \alpha$-Mischkristallen.  

Eutektoidischer Stahl: Ein Stahl wird als eutektoidischer Stahl bezeichnet, wenn der Kohlenstoffgehalt bei $ 0,83 % C $ liegt. Nachfolgend werden wir untereutektoidischen und übereutektoidischen Stahl unterscheiden. 

Untereutektoidischer Stahl: Dieser Stahl liegt vor, wenn der Kohlenstoffgehalt $ C < 0,83 % $ liegt. Beim Abkühlvorgang werden aus den $\gamma$-Mischkristallen an den Korngrenzen $\alpha$-Mischkristalle ausgeschieden.  Dadurch entsteht ein Netz von $ \alpha$-Mischkristallen, wohingegen sich die $ \gamma$-Mischkristalle mit Kohlenstoff anreichern, bei $ 723 °C $ einen Kohlenstoffgehalt von $ 0,83 % C $ besitzen und dann zu Perlit zerfallen. 

Tertiärzementit: Tertiärzementit tritt innerhalb eines perlithaltigen Stahls nicht als ausgeprägter Gefügebestandteil auf, weil er sich an das Zementit ankristallisiert, welches wiederum als Kern für das Perlit wirkt. Anders verhält sich dies bei einem Stahl mit $ 0,02 % C $ und beim Abkühlen von $ 723 °C $, hier wird der Kohlenstoff an den Korngrenzen als Tertiärzementit aus dem $ \alpha$-Mischkristall ausgeschieden. Es sollte jedoch erwähnt werden, dass dieser Anteil mengenmäßig sehr gering ausfällt.

Übereutektoidischer Stahl/ Sekundärzementit: Bei einem übereutektoidischen Stahl liegt der Kohlenstoffgehalt bei $ C > 0,83 % $. Hier wird während der Abkühlphase aus den $ \gamma$-Mischkristallen Sekundärzementit ausgeschieden. Dieser umgibt die Austenitkörner (und bei Raumtemperatur die Perlitbereiche) derart, dass man auch von Schalenzementit spricht.

Merke

Hier klicken zum AusklappenSchalenzementit sollte unbedingt vermieden werden, weil es den Werkstoff spröde und dadurch unbrauchbar macht. Durch geeignete Wärmebehandlungen lässt sich die Entstehung jedoch erfolgreich verhindern oder bereits entstandenes Schalenzementit beseitigen.

Phasendiagramm zum stabilen Eisen-Kohlenstoff-System

Die Phasendiagramme des metastabilen und des stabilen Eisen-Kohlenstoff-Systems sind sich optisch sehr ähnlich, unterscheiden sich aber dahingehend, dass die Verbindung $ Fe_3C $ im stabilen System wegfällt. Die anderen Linien des Phasendiagramms bleiben gänzlich oder annähernd erhalten.  

Nachfolgend sehen Sie das stabile Eisen-Kohlenstoff-System:

Stabiles System
Stabiles System

Merke

Hier klicken zum AusklappenIm stabilen System nennt man das Ledeburrit (= Eutektikum des metastabilen Systems) nun Graphiteutektikum. 

Das Graphit bildet sich in Form von groben Blättchen, welche sich häufig gesammelt anordnen. 

Sekundärgraphit: Ähnlich dem Sekundärzementit im metastabilen System scheidet sich Sekundärgraphit im stabilen System aus den $   \gamma$-Mischkristallen aus. Dabei kristallisiert es an die Graphitlamellen des Eutektikums, wodurch eine Unterscheidung unmöglich wird. 

Ferrit-Graphit-Eutektoid: Im stabilen System bildet sich aus den $\gamma$-Mischkristallen ein Ferrit-Graphit-Eutektoid. Der Sekundärgraphit kristallisiert dabei an die als Keime wirkenden Graphitlamellen an.

Ferrithöfe/Ferritsäume: Der Kohlenstoff diffundiert aus den $\gamma$-Mischkristallen an die Graphitlamellen und vergrößert diese dabei. Infolgedessen entstehen um die Lamellen herum kohlenstoffarme, in die $\alpha$-Gitter umgeklappte Bereiche.  Diese Bereiche bezeichnet man als Ferrithöfe oder Ferritsäume

Merke

Hier klicken zum AusklappenDer zuvor beschriebene Vorgang dauert so lange an, bis alle $\gamma$-Mischkristalle zur Ferrit und Graphit umgewandelt sind. Am Ende liegt dann eine Gefüge als Graphitlamellen in Ferrit vor.  Der optimale Fall eines rein ferritischen Gefüges lässt sich jedoch schwer realisieren, da mit einer sinkenden Temperatur die Graphitkristallisation träger wird und bei einer Temperatur von ca. $ 730 °C $ im Restbereich die Umwandlung in der metastabile System umschlägt. Aus diesem Grund findet sich im Gefüge fast immer Perlit. 

Am Ende liegt im stabilen System fast immer ein Gefüge von Graphitlamellen mit Ferritsäumen in perlitischer Grundmasse vor. 

Gleichgewichtslinien

In den beiden Phasendiagrammen finden sich unterschiedliche Gleichgewichtslinien, die wir Ihnen nachfolgend aufgeführt haben:

Liquiduslinie: Punkte $ A-B-C-D $

Soliduslinie: Punkte $ A-H-I-E-C-F-D $

Eutektikale: Punkte $ E-C-F $

Eutektoide: Punkte $ P-S-K $

Sättigungslinien: Punkte $ E-S $ und $ P-Q $

Curie-Linie: Punkte $ M-O-S-K $

Linie der $ Fe_3C $- Auflösung/ - Bildung: Punkte $ Q-P-S-E-C-D $.