Nun wenden wir uns dem nächsten großen Widerstand zu, dem Luftwiderstand. Dieser unterteilt sich in einen Anteil, der durch die Umströmung des Fahrzeug entsteht und einen Anteil, der anfällt wenn die Karosserie durchströmt wird. Die Durchströmung ist notwendig um die Aggregate im Motorraum zu kühlen und die Klimatisierung im Fahrzeuginneren zu gewährleisten.
Merke
Fahrzeugumströmung
Ist das Fahrzeug in Bewegung, so zeigt sich, dass die Luft im ausreichenden Abstand zum Fahrzeug nicht durch dieses beeinflusst wird. Die Relativgeschwindigkeit zum Fahrzeug ist, sofern kein Wind vorliegt, überall am Fahrzeug entsprechend der Fahrgeschwindigkeit.
Sobald sich die Luft der Karosserie annähert, erfolgt eine Ablenkung der Luft, dabei fließt ein Teil unterhalb des Fahrzeugs entlang und ein großer Teil seitlich am Fahrzeug vorbei sowie über das Fahrzeug hinweg.
Die Linien in der obigen Abbildung, sogenannte Strömungslinien, zeigen die Strömungsrichtung an, durch deren abnehmenden Abstand auch den Anstieg der Strömungsgeschwindigkeit.
Merke
Kennt man den Wert für die Strömungsgeschwindigkeit, so lässt sich mit der Bernoullischen Gleichung bei einer reibungsfreien Strömung der jeweilige Luftstrom abschätzen:
Methode
- Umgebungsdruck: $ p_\infty $
- Windgeschwindigkeit zum Fahrzeug [relativ]: $ u_\infty $
- Druck: $ p $
- Strömungsgeschwindigkeit: $ u $
- Luftdichte: $ \rho $
Im Realfall liegt eine turbulente Strömung mit geringer Grenzschicht über der Karosserie vor. Hier existiert auch eine Reibung. Unsere Gleichung sagt aus, dass ein Überdruck an den Stellen mit geringerer Strömungsgeschwindigkeit als der Relativgeschwindigkeit und ein Unterdruck an Stellen mit höherer Strömungsgeschwindigkeit vorliegt.
Weil dem so ist, können wir aus der obigen Abbildung auch auf die Druckverteilung am Fahrzeug schließen. Im vorderen Fahrzeugbereich entsteht ein Staudruck, im hinteren Bereich ein Unterdruck. So wird oberhalb der Fahrzeugoberfläche eine resultierende Kraft erzeugt, die den größten Anteil am Luftwiderstand darstellt.
Am Heck des Fahrzeugs entstehen sogenannte "Totwassergebiete". Diese bestehen aus Wirbeln sowie Rückströmungen und entstehen aus Ablösungen der Luft von den Heckkanten der Fahrzeugkarosserie. Es liegt auch hier eine Erhöhung des Reibungswiderstandes vor. Die Bernoullische Gleichung können wir hier jedoch nicht mehr anwenden und somit den Luftstrom nicht rechnerisch bestimmen.
Fassen wir an dieser Stelle kurz zusammen:
Merke
Alternativ bezeichnet man
- den Druckwiderstand als Formwiderstand und
- den Reibungswiderstand als Oberflächenwiderstand.
Der zu Beginn dieses Kurstextes erwähnte Durchströmungswiderstand geht mit ca. 5 % in die Berechnung ein, wird aber nicht näher betrachtet.
Luftwiderstand bei absoluter Windstille
Der Formwiderstand (Druckwiderstand) macht den größten Anteil am Luftwiderstand aus. Der Druckwiderstand kann aus der Bernoullischen Gleichung abgeleitet werden. Wir können hierzu folgenderweise vorgehen:
Methode
- Luftwiderstandsbeiwert: $ c_W $
- Fahrzeugstirnfläche: $ A $
- Luftdichte: $\frac{\rho}{2} $
- Fahrgeschwindigkeit $ v^2_x $
- Staudruck = Luftdichte x Fahrgeschwindigkeit : $\frac{\rho}{2} \cdot v_x^2 $
Der Luftwiderstandsbeiwert cw lässt sich durch Umformen der Gleichung wie folgt ermitteln:
Methode
Luftwiderstand bei Wind
Ab dem Zeitpunkt (Realfall), wo sich das Fahrzeug auf einer Straße bewegt, liegt ein gewisser Umgebungswind vor und die Relativgeschwindigkeit zwischen Fahrzeug und Luft ist nicht mehr deckungsgleich mit der Fahrgeschwindigkeit.
In der nächsten Abbildung siehst du ein Fahrzeug inklusive der Darstellung von Relativgeschwindigkeit und Anströmwinkel.
- $ F_{WL} $ = Luftwiderstand
- $ F_{SL} $ = Seitenkraft durch Luft
- $ -v_x $ = Fahrgeschwindigkeit
- $ \tau_W $ = Anströmwinkel
- $ v_W $ = Windgeschwindigkeit
- $ \tau_r $ = resultierender Anströmwinkel
- $ v_r $ = resultierende Windgeschwindigkeit
Der Anströmwinkel $ \tau_W $ kann einen Wert von -180° bis 180° annehmen und gibt die Windrichtung relativ zur Fahrgeschwindigkeit an.
Merke
Anders als bei der Betrachtung des Falls ohne Windeinwirkung setzt sich die Relativgeschwindigkeit nun aus der Anströmung ohne Wind und dem Umgebungswind zusammen. Unter Verwendung des Kosinussatzes erhalten wir die
Methode
Der Anströmwinkel $ \tau_r $ beträgt:
Methode
Letzerer ermittelt sich aus der zur Fahrtrichtung lotrechten Komponente: $ v_W \cdot sin \tau_W = v_r \cdot sin \tau_r $
Merke
Schräganströmung
Tritt eine Schräganströmung auf, so entsteht nicht nur eine Seitenkraft, sondern auch auch eine Änderung von Luftwiderstand und aerodynamischem Auftrieb. Diese Tatsache führt uns nun zu folgenden Gleichungen:
Methode
Aerodynamische Seitenkraft: $ F_{SL} = c_y \cdot A \cdot \frac{\rho}{2} \cdot v_r^2 $
Aerodynamischer Auftrieb: $ F_{AL} = c_z \cdot A \cdot \frac{\rho}{2} \cdot v_r^2 $
Um die Fahrdynamik besser nachvollziehen zu können, interessiert uns die Verteilung von Seitenkraft und Auftrieb an der vorderen und hinteren Achse. Bestenfalls erhält man getrennte Beiwerte für Vorderachse cyv, czv und Hinterachse cyh, czh.
Unsere Bezugsfläche ist immer die Fahrzeugstirnfläche A. Die Beiwerte cx, cy, cz werden dabei vom Anströmwinkel beeinflusst.
Merke
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