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Fahrzeugtechnik

Rollwiderstand

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Wie du im Video des vorigen Kurstextes gesehen hast, setzt sich der Rollwiderstand aus dem Walkwiderstand des Reifens und dem Luftwiderstand des gesamten Rades zusammen. Der Anteil des Luftwiderstandes ist jedoch im Vergleich zum Walkwiderstand vernachlässigbar klein. Deshalb verwenden wir in diesem Kurs die Bezeichnung Rollwiderstand synonym zum Walkwiderstand.

 

Der Luftreifen eines Fahrzeugs ist mit Gas gefüllt, welches aus komprimierter Umgebungsluft oder Stickstoff besteht. Da Gase kompressibel sind, weist das Gas im Reifen eine flexible Eigenschaft auf. Wird das Rad belastet, so federt der Reifen im Bereich der Kontaktzone mit der Fahrbahn ein. Die entstandene Aufstandsfläche bezeichnet man als Latsch. Als Folge des Einfederns treten Verformungen des Reifens an den Laufstreifen und den Seitenwänden auf. 
Da ein großer Teil des Reifens aus Gummi besteht, welches eine starke innere Dämpfung aufweist, können wir nun ein Ersatzmodell mit Federn erstellen, welches zudem Dämpferelemente beinhaltet. 

Reifenersatzmodell

Physikalisches Reifenersatzmodell
Physikalisches Reifenersatzmodell

Das physikalische Reifenersatzmodell beschreibt die viskoelastischen Eigenschaften des Reifengummis. Das Modell besteht aus vielen Feder-Dämpfer-Elementen, die den Reifenumfang gegen die Felge abstützen.

Rollt der Reifen ab, so federt der Laufstreifen im vorderen Bereich der Reifenaufstandsfläche ein. Diesen Bereich bezeichnet man als Reifeneinlauf. Hier wird ein Teil der Einfederungsarbeit wegen der Viskoelastizität des Gummis als Dämpfungsarbeit in Wärme umgewandelt.

Im hinteren Bereich der Reifenaufstandfläche federt der Laufstreifen relativ zur Felge aus. Dieser Bereich wird als Reifenausflauf bezeichnet. Hier wird durch das Ausfedern des Reifens Energie aus der elastischen Verformungsarbeit gewonnen. Die Ausfederungsarbeit ist um den Betrag des Wärmeverlustes geringer als die Einfederungsarbeit.

Vergleicht man Reifenein- und auslauf, so muss die irreversible Umwandlung der Dämpfungsarbeit in Wärme als Verlust gewertet werden. Es entsteht eine ungleichmäßige Flächenpressung in der Aufstandfläche, die den Walkwiderstand hervorrufen.

Normalkraft

Die Resultierende aus der Flächenpressung bezeichnen wir als Normalkraft FN.

Resultierende Kräfte infolge der Flächenpressung
Resultierende Kräfte infolge der Flächenpressung

 

In Fahrtrichtung betrachtet, greift die Normalkraft vor der Radmitte an und ist senkrecht zur Fahrbahn gerichtet. Der Abstand zwischen Radlängsrichtung und Normalkraft wird mit e0 bezeichnet. 

Die Radlast verursachenden Kräfte FRadl. wirken in der Radmitte, da das Radlager (ideal reibungsfrei) nur die durch die Radachse wirkenden Kräfte übertragen kann. Letztlich entspricht die Normalkraft FN der Radlast.

$ \rightarrow F_N = F_{Radl.} $

Das entstandene Kräftepaar mit dem Abstand e0 bewirkt ein der Raddrehbewegung entgegengesetztes Moment. 

Damit dieses während des Rollens des Rades auch an einem nicht angetriebenen Rad überwunden werden kann, müssen wir ein weiteres Kräftepaar betrachten. So muss die Radachse mit der Kraft FWRR in Fahrtrichtung geschoben werden. Dem entgegen gerichtet steht in gleicher Größe die Kraft FR, die durch den Walkwiderstand entsteht.

$ \rightarrow F_R = F_{WRR} $

Diese Reibungskraft wirkt in der Kontaktfläche von Reifen und Fahrbahn. Die Reibung ist notwendig, damit das Rad nur abrollt und nicht rutscht.

Rollwiderstand und Rollwiderstandskoeffizient

Somit gilt für den Rollwiderstand formal:

Methode

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Rollwiderstand: $ F_{WRR} = \frac{e_0}{r_{dyn}} \cdot F_N $

Wenn du dich an den Kurs Technische Mechanik zurückerinnerst, dann wird dir aufgefallen sein, dass e0 wie ein Hebelarm wirkt, weshalb man auch vom Hebelarm der rollenden Reibung spricht. 

Die andere Größe rdyn bezeichnet den Abstand zwischen Radachse und Fahrbahn. 

Beide Maße können zusammen als Rollwiderstandbeiwert fR zusammengefasst werden. Sind sie konstant, so gilt:

Methode

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Rollwiderstandbeiwert: $ f_R = \frac{e_0}{r_{dyn}} $

Dies führt dann zu der verkürzten Darstellung der Gleichung des Rollwiderstandes zu:

Methode

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Rollwiderstand [verkürzt]: $ F_{WRR} = f_R \cdot F_N $

Für das gesamt Fahrzeug erhalten wir einen Rollwiderstand von:

Methode

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Rollwiderstand [gesamtes Fahrzeug]: $ F_{WRR} = \sum F_N \cdot f_R $

Rollwiderstand bei Steigung

Schauen wir uns nun die nächste Abbildung an. Hier tritt eine Steigung auf.

Radlasten bei Steigung
Radlasten bei Steigung

 

Die Gewichtskraft $ F_G = m \cdot g $ der Fahrzeugmasse erzeugt eine Normalkraft FN, die senkrecht zur Fahrbahnebene wirkt. Diese bewirkt eine ihr entgegengesetzte Normalkraft pro Rad. Im Bild sind die beiden Normalkräfte beider Räder einer Achse zu 2 FNv und 2 FNh zusammengefasst.

Methode

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Normalkraft des Fahrzeugs: $ F_{N} = F_G \cdot cos \alpha = m \cdot g \cdot cos \alpha $

Die Summe der Radlasten lässt sich ausdrücken mit:

Methode

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Summe der Radlasten: $ \sum F_N = m \cdot g \cdot cos \alpha $

Dadurch ändert sich auch unsere Gleichung für den Rollwiderstand des gesamten Fahrzeugs zu:

Methode

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Rollwiderstand [ausführlich]: $ F_{WRR} = m \cdot g \cdot f_R \cdot cos \alpha $

Merke

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In den meisten Berechnungen bei Klausuren an der Hochschule wird der Rollwiderstandskoeffizient als konstant angenommen und aerodynamische Auf- und Abtriebskräfte vernächlässigt. 

Einflussfaktoren für den Rollwiderstandskoeffizient sind 

  • Reifentemperatur
  • Reifeninnendruck
  • Reifengeometrie
  • Reifenmaterial und dessen Dicke
  • Fahrgeschwindigkeit 
  • Straßenbelag

 

Zusammenfassung

Der Rollwiderstand eines Reifens macht circa 80 bis 95 % des gesamten Radwiderstands aus. Die richtige Auswahl des Reifens kann also den gesamten Radwiderstand deutlich verringern.