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In diesem Abschnitt überprüfen wir, ob die algebraische Vielfachheit mit der geometrischen Vielfachheit in der Beispielmatrix übereinstimmt.
Anwendungsbeispiel 2: Diagonalisierbarkeit
Beispiel
$A = \begin{pmatrix} 9 & 0 & -6 \\ 18 & 6 & 0 \\ 0 & 0 & 6 \end{pmatrix}$
Ist die obige Matrix diagonalisierbar?
1. Schritt: Berechnung des charakteristischen Polynoms
Berechnung des charakteristischen Polynoms mittels Regel von Sarrus:
$\chi_A(\lambda) = det(A-\lambda E) = \begin{vmatrix} 9-\lambda & 0 & -6 \\ 18 & 6-\lambda & 0 \\ 0 & 0 & 6-\lambda \\ 9-\lambda & 0 & -6 \\ 18 & 6-\lambda & 0 \end{vmatrix}$
$\chi_A (\lambda) = (9-\lambda) \cdot (6-\lambda) \cdot (6-\lambda) $
Nur eine Diagonale ist relevant, die anderen Diagonalen ergeben null.
2. Schritt: Nullstellen/Eigenwerte bestimmen
Die Eigenwerte können sofort abgelesen werden. Wenn eine Klammer null wird, dann wird der gesamte Ausdruck zu null und die Bedingung $\chi_n(\lambda) = 0$ ist erfüllt.
$\lambda_1 = 9$, $\lambda_{2,3} = 6$
Es sind also zwei Eigenwerte berechnet worden, wobei der 2. Eigenwert die Vielfachheit 2 aufweist. Es existieren also 3 Nullstellen für diese $3 \times 3$-Matrix. $\Longrightarrow$ Das charakteristische Polynom zerfällt vollständig in Linearfaktoren.
3. Schritt: Bestimmung der Eigenvektoren
Es muss als nächstes geprüft werden, ob die algebraische Vielfachheit der Eigenwerte mit der geometrischen übereinstimmt. Hierfür müssen die Eigenvektoren zu den ermittelten Eigenwerten berechnet werden. Dies geschieht mit der folgenden Formel:
$(A-\lambda E) \cdot \vec{x} = 0$
1. Eigenvektor:
mit $\lambda = 9$ ergibt sich:
$(A-9 \cdot E) \cdot \vec{x} = 0$
Es gilt:
$ \begin{pmatrix} 9-9 & 0 & -6 \\ 18 & 6-9 & 0 \\ 0 & 0 & 6-9 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix}x_1 \\ x_2 \\ x_3 \end{pmatrix} = 0$
Es wird die Koeffizientenmatrix herangezogen und zunächst auf Zeilenstufenform gebracht (mittels Gauß-Algorithmus):
$ \begin{pmatrix} 9-9 & 0 & -6 \\ 18 & 6-9 & 0 \\ 0 & 0 & 6-9 \end{pmatrix} $
$ \begin{pmatrix} 0 & 0 & -6 \\ 18 & -3 & 0 \\ 0 & 0 & -3 \end{pmatrix} \;\;\; \vert (2 \times \text{3. Zeile}) - \text{1. Zeile}$
$ \begin{pmatrix} 0 & 0 & -6 \\ 18 & -3 & 0 \\ 0 & 0 & 0 \end{pmatrix} $
Es kann nun das lineare Gleichungssystem aufgestellt werden:
$ \begin{pmatrix} 0 & 0 & -6 \\ 18 & -3 & 0 \\ 0 & 0 & 0 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix}x_1 \\ x_2 \\ x_3 \end{pmatrix} = 0$
(1) $-6x_3 = 0$
(2) $18x_1 -3x_2 = 0$
Auflösen nach $x$:
(1): $x_3 = 0$
(2): $x_1 = \frac{1}{6} x_2$
Das vorliegende Gleichungssystem besitzt zwei Gleichungen, aber drei Unbekannte. Das bedeutet, dass das Gleichungssystem unterbestimmt ist und es unendlich viele Lösungen gibt. Eine spezielle Lösung erhält man, indem man für eine der Variablen einen beliebigen Wert einsetzt. Es gilt laut (1): $x_3 = 0$. Aus der 2. Gleichung resultiert, dass wenn $x_1 = 1$ gesetzt wird, dann muss $x_2 = 6$ gesetzt werden. Wir haben also einen Eigenvektor ermittelt:
$Eig(\lambda = 9) = \begin{pmatrix} 1 \\ 6 \\ 0 \end{pmatrix}$
Man hätte natürlich ebenfalls für $x_1 = 2$ einsetzen können, dann wäre $x_2 = 12$.
$Eig(\lambda = 9) = \begin{pmatrix} 2 \\ 12 \\ 0 \end{pmatrix}$
Es existieren also unendliche viele Eigenvektoren, die aber alle linear voneinander abhängig sind:
$\begin{pmatrix} 2 \\ 12 \\ 0 \end{pmatrix} = 2 \cdot \begin{pmatrix} 1 \\ 6 \\ 0 \end{pmatrix}$
Wir suchen aber linear unabhängige Eigenvektoren. Für $\lambda = 9$ existiert nur ein linear unabhängiger Eigenvektor.
2. Eigenvektor:
Als nächstes wird der Eigenvektor für $\lambda = 6$ mit der algebraischen Vielfachtheit 2 gesucht. Es müssen hier 2 unabhängige Eigenvektoren resultieren, damit die algebraische Vielfachheit gleich der geometrischen ist. Es wird nun wieder der Eigenvektor bestimmt:
$(A-6 \cdot E) \cdot \vec{x} = 0$
$ \begin{pmatrix} 9-6 & 0 & -6 \\ 18 & 6-6 & 0 \\ 0 & 0 & 6-6 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix}x_1 \\ x_2 \\ x_3 \end{pmatrix} = 0$
$ \begin{pmatrix} -3 & 0 & -6 \\ 18 & 0 & 0 \\ 0 & 0 & 0 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix}x_1 \\ x_2 \\ x_3 \end{pmatrix} = 0$
Es kann als nächstes das lineare Gleichungssystem aufgestellt werden, da keine weiteren Umformungen mittels Gauß möglich sind:
(1) $3x_1 - 6x_3 = 0$
(2) $18x_1 = 0$
Auflösen nach $x$:
(1) $x_3 = \frac{1}{2} x_1$
(2) $x_1 = 0$
Es gilt $x_1 = 0$. Das bedeutet, dass ebenfalls $x_3 = 0$ gilt (aus Gleichung(1)). Da der Eigenvektor aber vom Nullvektor verschieden sein muss, kann $x_2 = 1$ gesetzt werden. Somit resultiert ein Eigenvektor für den Eigenwert 6:
$Eig(\lambda = 6) = \begin{pmatrix} 0 \\ 1 \\ 0 \end{pmatrix}$
Es resultiert nur ein linear unabhängiger Eigenvektor.
Wir haben also ingesamt 2 linear unabhängige Eingenvektoren, aber 3 Nullstellen gegeben. Die Matrix kann nur diagonalisiert werden, wenn die Anzahl der Nullstellen gleich der Anzahl der Eigenvektoren ist. Für die Nullstelle $x_{2,3} = 6$, d. h. für den Eigenwert $\lambda = 6$, müssten demnach 2 linear unabhängige Eigenvektoren resultieren, weil dieser Eigenwert die Vielfachheit 2 aufweist.
Merke
Die algebraische Vielfachheit stimmt also nicht mit der geometrischen überein. Die Matrix kann nicht diagonalisiert werden.
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