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Maschinenelemente 2

Drehmomenterzeugung im Montagezustand

Um die Schraubenverbindung ausreichend zu festigen, muss ein entsprechendes Drehmoment aufgebracht werden. Dies erfolgt, wie wir bereits wissen, aus dem Anziehen der Schrauben und dem zugehörigen Erzeugen von Vorspannkräften. Um diesen Schritt zu vollziehen, können verschiedene Methoden und Werkzeuge eingesetzt werden. 

Nachfolgend möchten wir dir die gängigsten Varianten vorstellen:

Manuell mit Gabel- oder Ringschlüssel:

  • Bei dieser Variante erfolgt das Anzugsmoment nach Gefühl des Benutzers.
  • Das erzeugte Moment ist in den meisten Fällen nicht ausreichend. 
  • Sehr fehlerhaft mit einer Streuung von bis zu 50%.

Verlängerungsmessung:

  • Hier wird das notwendige Moment aus den Berechnungen zur elastischen Längenänderung der Schraube bestimmt. 
  • Mit der Kenntnis des Steigungswinkels lässt sich ermitteln, wie weit beispielsweise die Schraube noch gedreht werden muss, damit sie um einen gewünschten Wert in Längsrichtung bewegt wird. Mit letzterem Wert kann man dann auf das vorherrschende Anzugsmoment schließen und bei Bedarf erneut anziehen. 

Erwärmung der Schraube:

  • Um dieses Verfahren zu nutzen, sollte dir der Wärmedehnungskoeffizient des Schraubenwerkstoffs bekannt sein. 
  • Das Verfahren selbst läuft wie folgt ab:
    Die Schraube wird vor dem Andrehen mittels erwärmten Öls oder im Ofen auf einen Temperaturwert von ca. 90°C gebracht. Anschließend dreht man die Schraube in die Mutter bis sie anliegt. Sobald sich nun die Schraube abkühlt, zieht sie sich zusammen und erzeugt somit den gewünschten Verspannungszustand. 
  • Gerade große Schrauben werden bevorzugt mit dieser Methode befestigt, da kein sperriges Werkzeug notwendig ist.
  • Vorteilhaft bei diesem Verfahren ist, dass keine Kopf- oder Gewindereibung berücksichtigt werden muss. 
  • Dieses Verfahren ist sehr genau mit einer Streuung von nur 5 %. 

Drehmomentmessung:

  • Das Drehmoment wird mit einem Drehmomentschlüssel aufgebracht, jedoch tritt hier wieder das Problem der vorherrschenden Reibung auf. 
  • Das Verfahren ist sehr ungenau und sollte für hochwertige Verbindungen nicht genutzt werden. 

Motorisches Anziehen mit Drehschrauber:

  • Ähnlich wie bei der Drehmomentmessung muss eine Drehmomentüberwachung gewährleistet sein. Das Problem der Reibung bleibt bestehen. 

Motorisches Anziehen mit Schlagschrauber:

  • Der Schlagschrauber arbeitet mit Drehimpulsen, welche die Reibungsempfindlichkeit reduzieren. 

Anziehfaktor und Streuung

Um die unterschiedlichen Verfahren vergleichen und gegebenenfalls ineinander umrechnen zu können, werden der Anziehfaktor $ \alpha_A $ und die Streuung der unterschiedlichen Anziehverfahren erfasst. 

Nachfolgend ist die Gleichung zur Bestimmung des Anziehfaktors aufgeführt:

Methode

Hier klicken zum AusklappenAnziehfaktor: $ \alpha_A = \frac{F_{Mmax}}{F_{Mmin}} $
  • $ F_{Mmax} $ = maximal zulässige Montagekraft bevor es zum Schraubenbruch kommt
  • $ F_{Mmin} $ = minimal notwendige Montagekraft bevor es zum Lockern der Schraubenverbindung kommt

In der nächsten Tabelle siehst du eine Übersicht von Anziehverfahren mit Anziehfaktor und Streuung im Vergleich:

AnziehverfahrenAnziehfaktor $\alpha_A $Streuung [%]

Verlängerungsmessung,

Erwärmung der Schraube

 $ 1,0 - 1,15$$\pm 5 - 11 $
Drehmomentschlüssel$ 1,2 - 1,65$$\pm 9 - 23 $
Drehschrauber$ 1,8 - 2,6$$\pm 26 - 43 $
Schlagschrauber$ 2,5 - 4$$\pm 45 - 60 $

Die Werte können dann entsprechend in die Formel eingesetzt werden.