Inhaltsverzeichnis
In diesem Abschnitt betrachten wir das Fadenpendel. Ist die Auslenkung des Pendelkörpers nicht zu groß, so besitzen seine Schwingungen ebenfalls einen sinusförmigen Verlauf. Man spricht auch von einem mathematischen Pendel, wenn die Gewichtskraft des Fadens vernachlässigbar klein und die Größe des Pendelkörpers klein im Vergleich zur Fadenlänge ist.
Die rücktreibend wirkende Kraft eines Fadenpendels lässt sich bestimmen, indem man die Gewichtskraft $F_G$ des Pendelkörpers in zwei Teilkräfte zerlegt. Dabei liegt die eine Kraft in Richtung der Pendelbewegung und die Andere senkrecht zur Pendelbewegung.
Die Kraft $F_S$ in Seilrichtung (also senkrecht zur Pendelbewegung) hält das Seil gespannt. Die Kraft $F_R$ in Richtung der Pendelbewegung ist die rücktreibende Kraft.
Die rücktreibende Kraft wird berechnet zu:
Methode
$F_R = -F_G \cdot \sin(\varphi)$
Die Auslenkung des Fadenpendels nach links wird in positive $y$-Richtung vorgenommen. Die rückwirkende Kraft ist dieser Richtung entgegengesetzt (zeigt in negative $y$-Richtung), weshalb hier das Minuszeichen in der Gleichung berücksichtigt werden muss.
Merke
Wir gehen nun von einem sehr kleinen Winkel $\varphi$ aus, sodass die Länge des Kreisbogens $s^*$ vom Pendel zur Ruhelage näherungsweise dem waagerechten Abstand $s$ vom Pendel zum Kreisbogen entspricht.
Dann können wir mittels Trigonometrie am rechtwinkligen Dreieck den folgenden Zusammenhang abbilden:
$\sin (\varphi) = \frac{Gegenkathete}{Hypotenuse} = \frac{s}{l}$
Einsetzen in die obige Gleichung ergibt dann:
Methode
$F_R = -F_G \cdot \frac{s}{l}$
mit
$F_G = m g$ Gewichtskraft
$l$ Länge des Seils
$s$ senkrechter Abstand vom Pendel zur Ruhelage
Der Term $\frac{G}{l} = \frac{mg}{l}$ wird auch als Richtgröße des Fadenpendels bezeichnet und mit $D$ abgekürzt:
Methode
$D = \frac{mg}{l}$ Richtgröße Fadenpendel
Nach dem Newtonschen Grundgesetz führt eine äußere Kraft zu einer Beschleunigung:
$F = ma$
Wir setzen nun also die rücktreibende Kraft $F_R$ in das Newtonsche Grundgesetz ein:
$-mg \cdot \frac{s}{l} = ma$
Dabei ist $s$ der Weg (in unserem Beispiel in horizontale Richtung) und $a$ die Beschleunigung, die ebenfalls in horizontale Richtung zeigt. Die Beschleunigung kann auch als zweite Ableitung des Weges nach der Zeit $t$ angegeben werden:
$\frac{d^2 s}{dt^2} = a$
Einsetzen ergibt dann:
$-mg \cdot \frac{s}{l} = m \cdot \frac{d^2 s}{dt^2}$
Teilen durch $m$ zeigt uns die Differentialgleichung 2. Ordnung:
Methode
$\frac{d^2 s}{dt^2} + \frac{g}{l} s = 0$ Differentialgleichung
Was besagt diese Gleichung?
Wir stellen die Gleichung um:
$\frac{d^2 s}{dt^2} = -\frac{g}{l} s $
Das bedeutet also, dass die zweimalige Ableitung einer Funktion $s$ nach der Zeit $t$ auf die ursprüngliche Funktion $s$ und einen konstanten Faktor $-\frac{g}{l}$ zurückführt.
Wir müssen also eine Funktion in Abhängigkeit von $t$ finden, die genau das erfüllt, deren zweite Ableitung also die Funktion selber ist und die zusätzlich dazu noch einen konstanten Faktor enthält.
Eine bekannte Funktion, die diese Bedingung erfüllt, ist die Cosinus-Funktion. Ein Ansatz für den zeitlichen Verlauf der Auslenkung $s$ kann somit folgendermaßen lauten:
$s = \cos(\varphi)$
Wir benötigen nun aber $s$ in Abhängigkeit von $t$ und nicht vom Winkel, es gilt:
$\varphi = \omega \cdot t$
Einsetzen:
$s = \cos(\omega \cdot t)$
Dabei ist $\omega$ die Eigenfrequenz:
Methode
$\omega = \frac{2\pi}{T}$ Eigenfrequenz
Die Eigenfrequenz gibt an, welche Winkelgeschwindigkeit $\omega$ ein Punkt auf einer rotierenden Kreisscheibe haben müsste, damit seine Frequenz mit derjenigen des schwingenden Pendelkörpers übereinstimmt.
Es wird nun die 1. und 2. Ableitung gebildet:
(1) $\frac{ds}{dt} = -\omega \cdot \sin(\omega \cdot t)$
(2) $\frac{d^2s}{dt^2} = -\omega^2 \cdot \cos(\omega \cdot t) $
Wir betrachten nun die 2. Ableitung. Die zweite Ableitung der Funktion $s$ ergibt demnach einen konstanten Faktor $-\omega^2$ sowie die Ausgangsfunktion $s = \cos(\omega \cdot t)$:
(2) $\frac{d^2s}{dt^2} = -\omega^2 \cdot s$
Dieses Ergebnis wird nun in die obige Differentialgleichung eingesetzt:
$\omega^2 \cdot s - \frac{g}{l} s = 0$
Wir können als nächstes $s$ ausklammern:
$s (-\omega^2 + \frac{g}{l} ) = 0$
Diese Gleichung ist erfüllt, wenn $s$ den Wert Null annimmt ($s = 0$), der Körper sich also in der Ruhelage befindet. Außerdem ist dieser Ausdruck gleich Null, wenn der gesamte Klammerausdruck zu Null wird:
$-\omega^2 + \frac{g}{l} = 0$
Auflösen nach $\omega$:
$\omega^2 = \frac{g}{l} $
Methode
$\omega = \sqrt{\frac{g}{l}}$ Eigenfrequenz eines Fadenpendels
Die Erdbeschleunigung $g = 9,81 \frac{m}{s^2}$ ist konstant, weshalb nur die Länge des Fadens die Eigenfrequenz beeinflusst. Die Eigenfrequenz des Fadenpendels ist umso größer, je kürzer der Faden $l$ ist.
Schwingungsdauer
Setzen wir nun
$\omega = \frac{2\pi}{T}$
ein, dann erhalten wir:
$\frac{2\pi}{T}= \sqrt{\frac{g}{l}}$
Aufgelöst nach der Schwingungsdauer $T$ ergibt:
Methode
$T = 2 \pi \sqrt{\frac{l}{g}}$ Schwingungsdauer eines Fadenpendels
Die Schwingungsdauer gibt die benötigte Zeit für eine gesamte Schwingung an.
Frequenz
Die Frequenz ist der Kehrwert der Schwingungsdauer:
$f = \frac{1}{T}$
Auflösen nach $T$ und in die Schwingungsdauer einsetzen ergibt dann die Gleichung für die Frequenz eines Federpendels:
Methode
$f = \frac{1}{2 \pi} \sqrt{\frac{g}{l}}$ Schwingungsfrequenz eines Fadenpendels
Die Schwingungsfrequenz $f$ des Pendels gibt die Anzahl an Schwingungsvorgängen je Sekunde an.
Wir sind hier davon ausgegangen, dass der Körper maximal ausgelenkt worden ist und dann losgelassen wird. Dann ist die Cosinus-Funktion zur Beschreibung der Bewegung besser geeignet (wie hier gezeigt). Die Sinus-Funktion hingegen eignet sich als Ansatz, wenn der Pendelkörper zu Beginn in der Ruhelage ist und in dieser Position von außen “angestoßen” wird. Für die obigen Gleichungen ändert sich aber nichts, weil beide auf dasselbe Ergebnis für Eigenfrequenz, Schwingungsdauer und Frequenz führen. Für die späteren Bewegungsgleichungen hingegen muss unterschieden werden zwischen Sinus und Cosinus.
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