Kursangebot | Strömungslehre | Druckkräfte auf eben geneigte rechteckige Flächen

Strömungslehre

Druckkräfte auf eben geneigte rechteckige Flächen

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Es wurde bereits in den vorherigen Abschnitten gezeigt, wie sich die Horizontal- und Vertikalkräfte bestimmen, wenn es sich um rechteckige ebene Flächen handelt. In diesem Abschnitt sollen die Druckkräfte auf eben geneigte rechteckige Flächen betrachtet werden. Bei eben geneigten rechteckigen Flächen verläuft

  • die Wirkungslinie der Horizontalkraft durch den Druckmittelpunkt,
  • die Wirkungslinie der Vertikalkraft durch den Schwerpunkt des Wasservolumens oberhalb der eben geneigten rechteckigen Wand,
  • die Wirkungslinie der Resultierenden durch den Druckmittelpunkt.

Merke

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Bei rechteckigen eben geneigten Flächen fällt der Schwerpunkt der Dreieckslast und der Druckmittelpunkt zusammen.

Die resultierende Druckkraft steht immer senkrecht (im 90°-Winkel) auf der betrachteten Fläche. Die Wirkungslinie dieser Resultierenden schneidet die betrachtete eben geneigte Fläche im Druckmittelpunkt $D$. Dieser Druckmittelpunkt liegt stets tiefer als der Schwerpunkt der betrachteten Fläche. Wie sich der Druckmittelpunkt berechnet ist immer abhängig von dem Koordinatensystem. Im Folgenden wird gezeigt, wie man die Horizontalkraft, die Vertikalkraft, die Resultierenden sowie deren Wirkungslinien bestimmt. 

Staumauer
Staumauer

Beispiel: Druckkräfte auf eben geneigte rechteckige Flächen

Druckkräfte auf eben geneigte Flächen Beispiel

Beispiel

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Betrachtet wird obiges rechteckiges Wasserbecken, welches auf der rechten Seite eine eben geneigte Wand (rote Linie) aufweist. Das Wasserbecken ist 3 m hoch, 6 m lang und 0,5 m breit. Wie groß sind die Vertikal- und Horizontalkräfte, die auf die geneigte Wand wirken? Wo liegt der Druckmittelpunkt? Es soll außerdem die Resultierende und ihre Wirkungslinie berechnet werden.

Berechnung der Horizontalkraft

Die Horizontalkraft (in $x$-Richtung) berechnet sich durch:

Methode

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$F_H = \rho \; g\; h_s \cdot A_{proj}$.

Die Horizontalkraft wirkt waagerecht auf die betrachtete Fläche. Mit zunehmender Tiefe nimmt diese linear zu, d.h. es ergibt sich eine Dreieckslast (siehe untere dreidimensionale Grafik).

Horizontalkraft

Die projizierte Fläche $A_{proj}$ stellt eine rechteckige Fläche dar. Da der Druck im Flächenschwerpunkt berücksichtigt wird, errechnet sich dieser durch:

$h_s = \frac{3m}{2} = 1,5m$.

Bei einem Rechteck liegt der Flächenschwerpunkt in der Mitte.

Methode

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$F_H = \rho \; g \; h_s \cdot A_{proj}$.

$F_H = 999,97 \frac{kg}{m^3} \cdot 9,81 \frac{m}{s2} \cdot 1,5m \cdot A_{proj}$.

Da die Horizontalkraft in $x$-Richtung betrachtet wird, berechnet sich die projizierte Fläche aus der $y,z$-Richtung: $y = b = 0,5m$ und $z = h = 3m$:

$F_H = 999,97 \frac{kg}{m^3} \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 1,5m \cdot 3m \cdot 0,5m$,

Methode

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$F_H = 22.071,84 N$.     Horizontalkraft

Wirkungslinie der Horizontalkraft

Die Frage ist nun, wo die Horizontalkraft angreift? Im Abschnitt Horizontalkraft war das bei 2/3 der Höhe, nämlich im Schwerpunkt der Dreiecklast (nicht der projizierten Fläche). Das ist auch in diesem Beispiel der Fall, da die Dreieckslast auf eine rechteckige eben geneigte Fläche wirkt. Wirkt diese hingegen NICHT auf eine rechteckige Fläche, muss der Druckmittelpunkt bestimmt werden, da die Horizontalkraft (wie auch die Resultierende) durch diesen Druckmittelpunkt verläuft.

Wirkungslinie Horizontalkraft

Da es sich bei der schrägen Wand um eine rechteckige Fläche handelt, kann man sofort die Wirkungslinie der Kraft $F_H$ bestimmen. Diese liegt nämlich dann im Schwerpunkt der Dreieckslast bei 2/3 der (senkrechten) Höhe: $h = 2m$.

Druckmittelpunkt

Es soll im Weiteren gezeigt werden, dass die Horizontalkraft durch den Druckmittelpunkt geht. Die Berechnung des Druckmittelpunktes ist wichtig, um die Wirkungslinie der Horizontalkraft und der Resultierenden zu bestimmen, wenn keine rechteckige Fläche gegeben ist.

Dies geschieht, indem man ein Koordinatensystem einführt, wobei eine Achse parallel zur schrägen Wand liegt (hier: $\eta$). Dieses Koordinatensystem geht durch den Schwerpunkt der betrachteten Fläche. In diesem Fall handelt es sich um eine rechteckige Fläche, weshalb der Schwerpunkt mittig liegt. Es ist die Länge in $\xi$-Richtung bekannt, diese beträgt 0,5 m. Die Länge in $\eta$-Richtung ist noch nicht bekannt (schräge Wand), kann aber trigonometrisch berechnet werden:

Schwerpunkt

In der obigen Grafik kann man die schräge Seite berechnen, indem man eine vertikale Seite hinzufügt. Man hat dann das obige Dreieck gegeben (Ankathete und Gegenkathete blau, Hypotenuse rot). Mittels Winkelberechnung kann man nun die Hypotenuse berechnen:

$\text{Hypotenuse} = \frac{\text{Gegenkathete}}{\sin(60°)} = \frac{3m}{\sin(60°)} = 3,46 m$.

Da nun die schräge Seite berechnet worden ist, sind nun alle Seiten der rechteckigen Fläche bekannt.

Es kann nun mittels der folgenden Formel der Druckmittelpunkt für den Abstand auf der $\eta$-Achse und für den Abstand auf der $\xi$-Achse bestimmt werden:

Methode

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$\eta_D = \frac{I_{\xi,S}}{\eta_S \; A}$.

mit

$I_{\xi,S}$ Flächenträgheitsmoment bezüglich der $\xi$-Achse im Schwerpunkt

$\eta_S$ Abstand vom Schwerpunkt zur Flüssigkeitsoberfläche in $\eta$-Richtung

$A$ Flächeninhalt

Methode

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$\xi_D = \frac{I_{\eta \xi}}{\eta_S \; A}$

mit

$I_{\eta \xi}$ Deviationsmoment

$\eta_S$ Abstand vom Schwerpunkt zur Flüssigkeitsoberfläche in $\eta$-Richtung

$A$ Flächeninhalt

Beide Achsen liegen im Schwerpunkt der Fläche. Mit den obigen Formel ergeben sich dann also die Abstände vom Schwerpunkt zum Druckmittelpunkt in $\eta$- und $\xi$-Richtung. 

Merke

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Da die beiden Achsen durch den Schwerpunkt der rechteckigen Fläche (Schwerpunkt liegt beim Rechteck immer mittig) verlaufen, stellen beide Achsen Symmetrieachsen dar. Ist mindestens eine Achse auch gleichzeitig eine Symmetrieachse, so wird das Deviationsmoment $I_{\eta \xi}$ (auch: Zentrifugalmoment) gleich null. In diesem Fall ist $I_{\eta, \xi}$ also gleich null.

Es ergibt sich somit 

$\xi_D = 0$.

Es existiert also kein Abstand vom Schwerpunkt aus in Richtung $\xi$-Achse. Der Druckmittelpunkt muss also auf der $\eta$-Achse liegen.

Es geht nun an die Berechnung:

$\eta_D = \frac{I_{\xi,S}}{\eta_S \; A}$.

mit

$\eta_S = \text{Schwerpunkt liegt mittig} = \frac{3,46 m}{2} = 1,73 m$.

$I_{\xi,S} = \frac{(3,46m)^3 \cdot 0,5m}{12} = 1,73 m^4$.

$A = 0,5 m \cdot 3,46 m = 1,73 m^2$.

Merke

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Das Flächenträgheitsmoment bezüglich der $\xi$-Achse wird für ein Rechteck so berechnet, dass die parallele Seite zur $\xi$-Achse einfach gewertet wird und die senkrechte Seite zur $\xi$-Achse mit einem hoch 3 versehen wird. Das ganze wird durch 12 dividiert, wenn die Achsen durch den Schwerpunkt verlaufen. Flächenträgheitsmomente sollten aus dem Studienfach Elastostatik bekannt sein und können Tabellenwerken entnommen werden.

Eingesetzt in die Formel ergibt:

$\eta_D = \frac{1,73m^4}{1,73 m \cdot 1,73m^2} = 0,58 m$.

Der Abstand vom Schwerpunkt zum Druckmittelpunkt in positive $\eta$-Richtung beträgt 0,58 m. Insgesamt ergibt sich ein Abstand von der Flüssigkeitsoberfläche zum Druckmittelpunkt von (Schwerpunktlage + Abstand):

$\eta_D^{ges} = \eta_D + \eta_S = 0,58 m + 1,73 m = 2,31 m$. 

Man muss hier beachten, dass der schräge Abstand berechnet worden ist. Für den Abstand von Schwerpunkt zum Druckmittelpunkt bezüglich der $\xi$-Achse gilt:

$\xi_D = 0$.

Hier existiert kein Abstand in $\xi$-Richtung vom Schwerpunkt. Der Abstand in $\xi$-Richtung ist also gleich null. Der Schwerpunkt liegt bei $\xi_S = \frac{0,5m}{2} = 0,25m$.


Der Druckmittelpunkt ist in der nachfolgenden Grafik veranschaulicht:

Druckmittelpunkt

Es ist deutlich zu erkennen, dass der Druckmittelpunkt bei einem Abstand von 2,31 m in Richtung der $\eta$-Achse liegt. Der Abstand auf der $\xi$-Achse ist gleich null aufgrund des Deviationsmoments $I_{\eta \xi}$ welches null wird (Symmetrieachsen). 

Merke

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Der Druckmittelpunkt liegt immer unterhalb des Schwerpunktes.

Vergleich der Wirkungslinien der Horizontalkraft

Der Druckmittelpunkt wurde bestimmt, um zu zeigen, dass die Horizontalkraft durch diesen Punkt geht. Ist dies nun aber tatsächlich der Fall? Die Wirkungslinie der Horizontalkraft hat einen senkrechten Abstand von 2 m zur Flüssigkeitsoberfläche. Der Druckmittelpunkt liegt 2,31 m entfernt von der Flüssigkeitsoberfläche, allerdings ist hier der schräge Abstand berechnet worden. Mittels Trigonometrie kann der senkrechte Abstand des Druckmittelpunktes bestimmt werden:

Trigonometrie

Mittels Sinus kann man nun die senkrechte Seite (Gegenkathete) bestimmen. Der Winkel ist in der Aufgabenstellung gegeben. Die schräge Seite hat einen Winkel von 60° zur Horizontalen.

$\text{Gegenkathete} = \text{Hypotenuse} \cdot \sin(60°)$

$h = 2,31m \cdot \sin(60°) = 2m$.

Das Ergebnis entspricht genau dem senkrechten Abstand der Wirkungslinie der Horizontalkraft zur Flüssigkeitsoberfläche. Demnach geht die Kraft $F_H$ durch den Druckmittelpunkt.

Merke

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Ist eine rechteckige Fläche gegeben, so liegt die Wirkungslinie der Horizontalkraft im Schwerpunkt der Dreieckslast (wie hier). Ist keine rechteckige Fläche gegeben, so muss der Druckmittelpunkt bestimmt werden, durch welchen die Horizontalkraft verläuft. Der Druckmittelpunkt liegt immer unterhalb des Schwerpunktes der Fläche. 

Berechnung der Vertikalkraft

Die Vertikalkraft ergibt sich aus dem Wasservolumen oberhalb der schrägen Wand. Dieses Wasservolumen stellt eine Dreieckslast dar.

Die Vertikalkraft beträgt:

$F_V = \rho \; g \; V$.


Das Volumen oberhalb der schrägen Wand ist dreieckig:

$V = 3m \cdot 1,73 m \cdot 0,5m \cdot \frac{1}{2}$

$V = 1,2975 m^3$.

Vertikalkraft

Es ergibt sich also eine Vertikalkraft von:

$F_V = 999,97 \frac{kg}{m^3} \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 1,2975m^3 = 12.728,10 N$.

Methode

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$F_V = 12.728,10 N$.       Vertikalkraft

Die Wirkungslinie der Vertikalkraft liegt im Schwerpunkt dieses Volumens:

Der Schwerpunkt liegt bei 1/3 der Höhe (von der Wasseroberfläche aus gesehen) und bei 1/3 der Länge. Berechnet wird die Lage des Schwerpunktes durch:

$z_S = 3 m \frac{1}{3} = 1m$.

$x_S = 1,73 m \cdot \frac{1}{3} = 0,58 m$.

Wirkungslinie Vertikalkraft

Resultierende und Wirkungslinie

Die Resultierende wird berechnet durch:

$F_R = \sqrt{F_H^2 + F_V^2} = \sqrt{(22.071,84 N)^2 + (12.728,10 N)^2} = 25.478,83 N$.

Die Wirkungslinie wird bestimmt durch:

$\tan(\alpha) = \frac{F_V}{F_H} $

$\alpha = \tan^{-1} \frac{F_V}{F_H} = \tan^{-1} \frac{12.742,81 N}{22.071,84 N} = 30°$.

Die resultierende Druckkraft $F_R$ steht senkrecht auf der schrägen Fläche mit einem Winkel von 30° zur $x$-Achse.

Resultierende

In der obigen Grafik (zweidimensional) sind die Horizontalkraft, die Vertikalkraft und die Resultierende eingezeichnet. Die Wirkungslinie der Vertikalkraft geht durch den Schwerpunkt der Dreiecksfläche oberhalb der schrägen Wand. Die Wirkungslinie der Horizontalkraft geht durch den Schwerpunkt der Dreieckslast (da rechteckige Fläche) bzw. durch den Druckmittelpunkt und die Resultierende geht durch den Druckmittelpunkt. In diesem Beispiel schneiden sich alle Kräfte in diesem Druckmittelpunkt.

Alternative Berechnung (Klausurtipp)

Die resultierende Druckkraft $F_R$ steht senkrecht (im 90°-Winkel) auf der schrägen Fläche. Der Grund liegt darin, dass es sich hierbei um ein ruhendes Fluid handelt und damit nur Normalspannungen auftreten und keine Schubspannungen. Es ist nun möglich zunächst die Resultierende zu bestimmen und dann daraus die Horizontal- und Vertikalkräfte. Das ist um einiges einfacher als die obige Berechnung. Wichtig: Der Druckmittelpunkt muss aber bei diesem Vorgehen in jedem Fall berechnet werden, da die Resultierende durch diesen verläuft.

$F_R = p_s \cdot A$.

Dabei ist $p_s$ der Druck im Flächenschwerpunkt mit $h_s$ als senkrechter Abstand vom Flächenschwerpunkt hin zur Flüssigkeitsoberfläche:

$p_s = \rho \; g \; h_s$.

$h_s = \frac{3,46 m}{2} \cdot \sin(60°) = 1,5 m$.

Der Unterschied zur Bestimmung der Horizontalkraft liegt darin, dass nun nicht die projizierte Fläche berücksichtigt wird, sondern die tatsächliche schräge Fläche $A$:

$A = 3,46 m \cdot 0,5 m = 1,73m^2$.

Resultierende

Es ergibt sich:

$F_R = 999,97 \frac{kg}{m^3} \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 1,5 m \cdot 1,73 m^2 = 25.456,19 N$.

Die Abweichung zur obigen Berechnung resultiert aus Rundungsfehlern.

Es kann nun die Horizontalkomponente bestimmt werden mit:

$F_H = F_R \sin(60°) = 22.045,71 N$.

Die Vertikalkraft bestimmt sich dann durch:

$F_V = F_R \cos(60°) = 12.728,10 N$.

Merke

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Die Abweichungen zu den obigen Ergebnissen resultieren aufgrund von Rundungsfehlern.

Die Wirkungslinie der Resultierenden wird bestimmt, indem der Druckmittelpunkt berechnet wird (siehe oben). Die Resultierende verläuft durch den Druckmittelpunkt. Wird in der Aufgabenstellung also nicht ausdrücklich nach dem Rechenweg für die Horizontalkraft bzw. Vertikalkraft gefragt, so kann man sich die obige Berechnung sparen und berechnet stattdessen zunächst die Resultierende und daraus dann die Horizontal- und Vertikalkraft. Dann muss noch der Druckmittelpunkt ermittelt werden, um die Wirkungslinie der Resultierenden zu bestimmen. Auch für Aufgaben ohne Frage nach Horizontal- und Vertikalkomponente ist dieses letzte Vorgehen zu empfehlen. 

Videos: Berechnung der Druckkräfte auf eben geneigte Flächen