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Das Ergebnis des Zugversuchs (vorheriger Abschnitt) kann innerhalb eines Spannungs-Dehnungs-Diagramms veranschaulicht werden. Das Spannungs-Dehnungs-Diagramm dient hauptsächlich der Charakterisierung eines Materials hinsichtlich Festigkeit, Plastizität und Elastizität. Es hat sich dabei durchgesetzt, dass die Spannung [in $\frac{N}{mm^2} $] über die Dehnung [dimensionslos] aufgetragen wird. Das bedeutet, dass die Spannung $\sigma$ auf der Ordinate aufgetragen wird und die Dehnung $\epsilon$ auf der Abszisse. Ferner unterscheidet man die technische Spannungs-Dehnungs-Kurve von der wahren Spannungs-Dehnungs-Kurve. Da die wahre Spannung nicht direkt aus dem Zugversuch heraus bestimmt werden kann, bevorzugt man die technische Spannung, die sich immer auf den Ausgangsquerschnitt $\ A_0 $ bezieht.
Im Spannungs-Dehnungs-Diagramm unterteilt man die Bereiche in
- einen linear-elastischen Bereich $\rightarrow $ Dehnung verläuft proportional zur Spannung und ist reversibel;
- einen nichtlinear-elastischen Bereich $\rightarrow $ Dehnung verläuft nicht proportional zur Spannung, ist aber reversibel;
- einen plastischen Bereich $\rightarrow $ Dehnung ist nicht reversibel und Verformung bleibt auch nach Entlastung bestehen.
Elastischer Bereich
Innerhalb des elastischen Bereiches verschwindet die Verformung wieder vollständig, wenn die Spannung nicht mehr wirkt. Ist die Belastung nicht groß genug, damit Atomwanderungen hervorgerufen werden, so bleibt es bei einer elastischen Verfomung. Die Bauteile sollten grundsätzlich nur so starker Belastung ausgesetzt werden, dass eine elastische Verformung vorliegt.
Der elastische Bereich kann aufgegliedert werden in einen linear-elastischen Bereich und in einen nichtlinear-elastischen Bereich.
Der linear-elastische Bereich reicht bis zur Proportionalitätsgrenze. Das bedeutet die Spannung ist proportional zur Dehnung (Proportionalbereich, „Hookesche Gerade“). Berechnen kann man die Verformung unter einer Last mit dem Hookschen Gesetz (nächster Abschnitt).
Der nichtlinear-elastische Bereich reicht bis zur Streckgrenze $R_e$. Der lineare Zusammenhang zwischen Spannung und Dehnung ist nicht mehr gegeben. Es findet zwar immer noch die elastische Verformung statt, jedoch findet unter der steigenden Krafteinwirkung eine stärkere Dehnung statt. Die Dehnung ist also größer als die zunehmende Spannung.
Plastischer Bereich
Innerhalb dieses Bereiches ist die Dehnung nicht reversibel, d.h. das Bauteil findet nicht in seine ursprüngliche Form zurück. Die Verformung die entstanden ist, ist zum Teil elastisch und somit reversibel, nur ein bestimmter Teil ist plastisch und bleibt dauerhaft bestehen. Im Extremfall kann es auch zum Bruch des Bauteils kommen, wenn die Belastung zu groß ist. Grundsätzlich kann man die folgenden Bereiche innerhalb des plastischen Bereichs unterscheiden:
Fließbereich
Erhöht man die Spannung geringfügig, kann es bereits zur Überschreitung der Proportionalitätsgrenze kommen. Das Material beginnt zu fließen, wenn mit zunehmender Dehnung die Spannung gleich bleibt oder sogar sinkt. Hier kommt es zu ersten plastischen Verformungen. Dieser Bereich wird Streckgrenze (oder Fließgrenze) genannt. Ist innerhalb der Fließgrenze ein Abfallen der Spannung zu verzeichnen, dann wird der Bereich, in dem das Material fließt, in eine untere und obere Streckgrenze unterteilt. Es wird als erstes die obere Streckgrenze erreicht, was mit einem ersten, plötzlichen Qualitätsverlust einhergeht. Die benötigte Spannung, um das Material weiter zu dehnen, nimmt dadurch sofort ab und erreicht den niedrigsten Fließpunkt (untere Streckgrenze). Nach Überschreiten der Streckgrenze (obere oder untere) ist das Material nicht mehr reversibel und gelangt nicht mehr in seine ursprüngliche Form zurück.
Materialverfestigung
Erhöht man die Spannung weiter, bilden sich im Kristallgitter stehende Versetzungen, die die noch gleitenden Versetzungen an ihrer Bewegung hindern. Es kommt zu einer Verfestigung des Materials, da die Spannung im Kristallgitter weiter zunimmt. Die Spannung muss so sehr stark erhöht werden, damit weitere plastische Verformungen entstehen. Irgendwann ist allerdings das Kraftmaximum des Materials erreicht und es beginnt einzuschnüren.
Einschnürung
Die Einschnürungen entstehen, wenn im Kristallgitter des Materials die vielen Versetzungen nicht mehr zu einer Verfestigung führen, sondern zur Bildung von Hohlräumen. Die Hohlräume führen auch dazu, dass der Querschnitt des Materials abnimmt. Das bedeutet, dass die Kraft auf einen immer kleiner werdenden Querschnitt wirkt (Spannung nimmt also zu). Irgendwann wird die Einschnürung so stark, sodass der verkürzte Querschnitt die Spannung nicht mehr halten kann. Das Material reißt.
Jeder Werkstoff hat ein anderes Spannungs-Dehnungs-Diagramm. Manche Werkstoffe besitzen keine Streckgrenze, d.h. es erfolgt ein kontinuierlicher Übergang zwischen dem elastischen und dem plastischen Bereich. Diese haben dann beispielsweise eine Dehngrenze innerhalb des plastischen Bereichs. Eine Dehngrenze von $R_{p0,2}$ beispielsweise bedeutet, dass nach der Wegnahme der Belastung eine Dehnung des Werkstoffes von 0,2% bleibt. Andere Werkstoffe haben einen Fließbereich, aber keine obere und untere Streckgrenze, da die Spannung konstant bleibt (nicht aber absinkt) während die Dehnung zunimmt.
Merke
Aus dem Spannungs-Dehnungs-Diagramm kann die elastische und plastische Verformungsgrenze, sowie die maximale Zugstärke (Festigkeitsgrenze) und Bruchgrenze abgelesen werden. So kann herausgefunden werden, wie viel Kraft ein Werkstoff (in Bezug auf den Querschnitt) aufnehmen kann, ohne dass es zu dauerhaften Verformungen kommt.
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