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Technische Mechanik 1: Statik - Seileckverfahren

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Technische Mechanik 1: Statik

Seileckverfahren

Haben wir mehrere in einer Ebene verlaufende Einzelkräfte gegeben (Größe und Richtung), so können wir diese Kräfte zu einer einzigen Kraft zusammenfassen, der sogenannten Resultierenden. Schneiden sich alle Einzelkräfte in einem einzigen Punkt, dann verläuft auch die Resultierende durch diesen Punkt (zentrales Kräftesystem). Schneiden sich die Einzelkräfte hingegen nicht alle in einem Punkt, so muss die Lage der Resultierenden zusätzlich bestimmt werden (ebenes Kräftesystem). Die analytische Berechnung von Größe, Richtung und Lage der Resultierenden ist bereits im 3. Kapitel Kräfte mit unterschiedlichen Angriffspunkten aufgezeigt worden. 

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Das Seileckverfahren ist ein grafisches Verfahren zur Bestimmung der Lage der Resultierenden mehrerer in einer Ebene verlaufender Einzelkräfte (ebenes Kräftesystem).

Vorgehensweise: Seileckverfahren

Schritt 1: Grafische Vektoraddition

Die Größe und Richtung der Resultierenden wird mittels grafischer Vektoraddition ermittelt.

Schritt 2: Polstrahlen

Es folgt das Seileckverfahren um die Lage der Resultierenden bestimmen zu können. Von einem beliebigen Punkt aus werden nun Polstrahlen zu den Einzelkräften gelegt und fortlaufend nummeriert.

Schritt 3: Pol bestimmen

Anschliessend werden die Polstrahlen der Reihe nach abgetragen. Der Schnittpunkt zwischen dem ersten und letzten Polstrahl wird als Pol bezeichnet und liegt auf der Wirkungslinie der Resultierenden.

Im Nachfolgenden wird das Seileckverfahren anhand eines ausführlichen Beispiels erklärt.

Beispiel: Seileckverfahren

Seileckverfahren Beispiel
Beispiel: Seileckverfahren

Beispiel

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Gegeben seien die obigen vier Kräfte. Die Größe der Kräfte entspreche ihren Abmessungen. Bestimme die Lage der Resultierenden $R$!


Wichtig ist zunächst die Größe der gegebenen Einzelkräfte den Abmessungen entsprechend anzupassen. In diesem Beispiel spiegeln die Längen der Vektorpfeile bereits die Größen der Einzelkräfte wieder. Ist dies nicht der Fall, so muss ein geeigneter Maßstab gefunden werden und die Längen der Vektorpfeile diesem Maßstab angepasst werden. Selbes gilt auch für den Balken. Diese Vorgehensweise folgt in einem späteren Beispiel.

Wir beginnen zunächst damit die Richtung und Länge der Resultierenden zu bestimmen, indem wir die grafische Vektoraddition durchführen. Die grafische Vektoraddition ist bereits im 1. Kapitel ausführlich behandelt worden, soll aber der Übersicht halber nochmals aufgeführt werden.

Bei der grafischen Vektoraddition werden die gegebenen Einzelkräfte in einer beliebigen Reihenfolge aneinandergereiht. Dabei wird jede Kraft mit dem Anfangspunkt an die Spitze der vorherigen Kraft gelegt, solange bis alle Kräfte für die Vektoraddition verwendet wurden. Die Resultierende ergibt sich dann, indem der Anfangspunkt der Resultierenden an den Anfangspunkt der ersten Kraft und die Spitze der Resultierenden an die Spitze der letzten Kraft gelegt werden.

Seileckverfahren grafische Vektoraddition
Grafische Vektoraddition


Nachdem wir die Richtung und Länge der Resultierenden bestimmt haben, können wir die Lage der Resultierenden bestimmen. Dazu betrachteten wir unsere Vektoraddition und legen einen beliebigen Punkt $X$ fest, von dem aus wir Polstrahlen von den Anfangspunkten und Endpunkten der Kräfte einzeichnen:

Seileckverfahren Polstrahlen
Polstrahlen

Nachdem die Polstrahlen nummeriert wurden, können diese nun auf das Ausgangsbeispiel übertragen werden. Wir beginnen mit dem Polstrahl $0$, welcher am Anfangspunkt der Kraft $F_1$ beginnt. Wir beginnen also in unserem Ausgangsbeispiel mit der Wirkungslinie der Kraft $F_1$. Hier kann ein beliebiger Punkt auf der Wirkungslinie ausgewählt werden. Die Richtung des Polstrahls muss dabei übernommen werden:

Seileckverfahren Schnittpunkt Resultierende
Schnittpunkt

Es wird wie folgt vorgegangen (obige Grafik):

Zunächst werden die Wirkungslinien der Kräfte eingezeichnet und verlängert. Danach wird mit dem Polstrahl $0$ begonnen. Dieser berührt die Kraft $F_1$, muss demnach im Ausgangsbeispiel an die Wirkungslinie der Kraft $F_1$ gelegt werden (beliebiger Punkt auf der Wirkungslinie). Danach folgt der Polstrahl $1$. Auch dieser berührt die Kraft $F_1$ und die Kraft $F_2$. Dieser Strahl wird also an die Wirkungslinie der Kraft $F_1$ gelegt. Dabei muss derselbe Punkt wie zuvor gewählt werden. Dort wo der Polstrahl $1$ die Wirkungslinie von $F_2$ schneidet wird dann der Polstrahl $2$ gelegt. Dort wo der Polstrahl $2$ die Wirkungslinie der Kraft $F_4$ schneidet wird dann der Polstrahl $3$ gelegt. Dort wo der Polstrahl $3$ die Wirkungslinie der Kraft $F_4$ schneidet wird dann der Polstrahl $4$ gelegt. Am Ende müssen sich der erste Polstrahl $0$ und der letzte Polstrahl $4$ schneiden (ggf. Verlängerung der Polstrahlen). Der Schnittpunkt zeigt dann die Lage der Resultierenden an.

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Der Schnittpunkt zwischen dem ersten und letzten Polstrahl ergibt die Lage der Resultierenden.

Nachdem der Schnittpunkt gefunden ist, wird als nächstes die mittels grafischer Vektoraddition ermittelte Resultierende in diesen Punkt gelegt und solange auf ihrer Wirkungslinie nach oben verschoben, bis die Resultierende am Balken angreift:

Seileckverfahren Resultierende
Lage der Resultierenden