Inhaltsverzeichnis
In diesem Abschnitt wollen wir statisch bestimmte Systeme und statisch unbestimmte Systeme voneinander unterscheiden.
Statisch bestimmte Systeme
Ist es möglich alle unbekannten Reaktionskräfte mithilfe der Gleichgewichtsbedingungen zu bestimmen, so spricht man von statisch bestimmten Systemen.
Merke
Reaktionskräfte sind zum Beispiel Lagerkräfte, Gelenkkräfte und Schnittgrößen.
Innerhalb der Statik behandeln wir ruhende Körper. Nach dem 1. Newtonschen Gesetz verbleibt ein ruhender Körper in Ruhe, wenn keine äußeren Kräfte auf ihn einwirken. In der nächsten Abbildung ist ein solcher Fall dargestellt, obwohl es nicht den Anschein erweckt, ist diese Holzkontruktion in Ruhe und statisch bestimmt.
Hinweis
...wenn keine äußeren Kräfte auf ihn einwirken: Bei dieser Aussage muss man berücksichtigen, dass hier entweder keine Kräfte auf den Körper einwirken oder aber die Summe aller auf den Körper einwirkenden Kräfte gleich Null ist $\sum F = 0$. Die Kräfte heben sich also gegenseitig auf und der Körper befindet sich somit im Gleichgewicht und damit in Ruhe.
Wenn der Körper sich in Ruhe befindet - man sagt auch im Gleichgewicht, dann bewegt er sich nicht und rotiert nicht. Die Summe aller auf den Körper einwirkenden Kräfte und Momente muss also Null sein, damit der Körper im Gleichgewicht ist:
$\sum F = 0$ $\sum M = 0$
Betrachtet man diese Bedingung in kartesischen Koordinaten, so ergeben sich drei Gleichgewichtsbedingungen für die Ebene:
Methode
$\sum F_{ix} = 0$ Summe der Kräfte in $x$-Richtung gleich Null
$\sum F_{iy} = 0$ Summe der Kräfte in $y$-Richtung gleich Null
$\sum M_i = 0$ Summe der Momente um die $z$-Achse gleich Null
Für statisch bestimmte Systeme gilt:
Die Anzahl der Gleichgewichtsbedingungen stimmt mit der Anzahl der unbekannten Reaktionskräfte (Lagerkräfte, Gelenkkräfte etc) überein. Damit können diese unbekannten Kräfte aus den Gleichgewichtsbedingungen berechnet werden.
Vor- und Nachteile statisch bestimmter Systeme
Treten bei statisch bestimmten Systemen Verformungen infolge
- Verschiebungen und Verdrehungen der Lager (z.B. Setzung des Baugrundes)
- Temperaturänderungen (gleichmäßige und ungleichmäßige)
- Kriechen und Schwinden des Baugrundes sowie
- Mängel einzelner Tragelemente durch Herstellungsungenauigkeiten
auf, so resultieren keine Zwangschnittgrößen und damit keine zusätzlichen Spannungen (Vorteil).
Der Nachteil von statisch bestimmten Systemen ist aber, dass beim Versagen nur eines Tragwerksteils, wie zum Beispiel eines Auflagers, eines Gelenks oder eines Stabes, das gesamte Tragwerk kinematisch und damit instabil wird. Dies führt zum Verlust der Tragfähigkeit und das gesamte Tragwerk fällt in sich zusammen.
Statisch unbestimmte Systeme
Ist die Anzahl der unbekannten Reaktionskräfte größer als die Anzahl der Gleichgewichtsbedingungen, so bezeichnet man das System als statisch unbestimmt. In diesem Fall ist es nicht mehr möglich die unbekannten Reaktionskräfte mittels der Gleichgewichtsbedingungen zu bestimmen. Für statisch unbestimmte Systeme müssen also zusätzlich die Verformungen des Tragwerks berücksichtigt werden, um die unbekannten Reaktionskräfte (Auflagerkräfte, Gelenkkräfte sowie Schnittgrößen) berechnen zu können.
Merke
Statisch unbestimmte Systeme können erst durch Ansatz zusätzlicher Verformungsbedingungen berechnet werden.
Vor-und Nachteile statisch unbestimmter Systeme
Der Nachteil des statisch bestimmten Systems ist der Vorteil des statisch unbestimmten Systems. Denn statisch unbestimmte Systeme besitzen eine größere Sicherheit gegen Versagen. Der Ausfall einzelner Tragwerksteile, wie z.B. Auflager, Gelenke oder Stäbe, führt i.d.R nicht zum Versagen des gesamten Tragwerks.
Allerdings führen Verformungen infolge von Verdrehungen und Verschiebungen der Lager, Temperaturänderungen, Kriechen und Schwinden des Baugrundes sowie Mängel bei der Herstellung zu Zwangsschnittgrößen. Die möglichen äußeren Einwirkungen müssen also bei der Planung eines Tragwerks berücksichtigt werden. Werden diese Einwirkungen hingegen nicht berücksichtigt, treten große Spannungen in den einzelnen Tragwerksteilen auf, welche Schadensfälle verursachen und damit am Ende ebenfalls zum Versagen des gesamten Tragwerks führen können.
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