Kursangebot | Baustatik 2 | Grad der elastischen Verschieblichkeit

Baustatik 2

Grad der elastischen Verschieblichkeit

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Verschiebungsgleichungen sind dann aufzustellen, wenn Knotenverschiebungen $dw$ auftreten. Sind Knotenverschiebungen in einem System gegeben, so treten auch die unbekannten Stabdrehwinkel $\Psi$ auf. 

Merke

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Aus den aufzustellenden Verschiebungsgleichungen können später die unbekannten Festhaltekräfte berechnet werden, die auftreten, um die unbekannte Knotenverschiebung zu unterbinden.


Die Anzahl der aufzustellenden Verschiebungsgleichungen $n_v$ für das Drehwinkelverfahren entspricht dem Grad  der elastischen Verschieblichkeit $w$:

Methode

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$w = n_v$               

mit

$w$  Grad der elastischen Verschieblichkeit

$n_v$ Anzahl der aufzustellenden Verschiebungsgleichungen


Haben wir also den Grad der elastischen Verschieblichkeit gegeben, so kennen wir die Anzahl der aufzustellenden Verschiebungsgleichungen. Wir der Grad der elastischen Verschieblichkeit bestimmt wird, zeigen wir euch im Folgenden.

Grad der elastischen Verschieblichkeit

 

Ein Tragwerk ist elastisch verschieblich, wenn sich die Knoten nicht nur verdrehen, sondern auch infolge der Biegebeanspruchung verschieben können.

Der Grad $w$ der elastischen Verschieblichkeit entspricht der Anzahl der unabhängigen Verschiebungszustände. Bei jedem dieser Zustände bestehen kinematische Zusammenhänge zwischen den Stabdrehwinkeln der einzelnen Stäbe. Der Grad $w$ kann auf zwei Arten ermittelt werden:

  1. Dem System werden an seinen Knoten einwertige Lager hinzugefügt, die die
    Knotenverschiebungen verhindern. Die Anzahl der erforderlichen Lager entspricht
    dem Grad $w$ der Verschieblichkeit (manchmal nicht sofort ersichtlich).

  2. An allen Knoten des Systems werden Gelenke eingefügt. Ist das entstandene System
    statisch bestimmt oder unbestimmt, so ist $w = 0$. Ist es dagegen kinematisch
    verschieblich, so entspricht der Grad der kinematischen Verschieblichkeit dem
    Grad $w$ der elastischen Verschieblichkeit des gegebenen Systems. Wird $w$ mit
    Hilfe eines Abzählkriteriums festgestellt, so gilt $w =−f$ für $f < 0$.


Das Abzählkriterium zur Bestimmung der statischen Unbestimmtheit eines Tragwerks lautet:

Methode

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$f = a + z - 3n$                                          

mit

$a$ Summe der möglichen Auflagerreaktionen

$z$ Anzahl der Zwischenreaktionen (z.B. Gelenkreaktionen)

$n$ Anzahl der Scheiben (Teilsysteme)


Alternativ kann auch das folgende Abzählkriterium für ebene Stabtragwerke herangezogen werden:

Methode

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$f = a + 3 (p - k) - r$

mit

$a$ Anzahl der möglichen Auflagerreaktionen

$p$ Anzahl der Stabelemente zwischen den Knotenpunkten $k$

$k$ Anzahl der Knotenpunkte/Endpunkte (inkl. Auflagerknoten)

$r$ Anzahl Gelenke resp. Summe aller Nebenbedingungen (ohne Auflagerknoten)

Vorgehensweise

Zur Bestimmung des Grades der elastischen Verschieblichkeit wählen wir im Nachfolgenden die 2. Möglichkeit. Wir fügen also zunächst an jeden Knotenpunkt (biegesteife Ecke) ein Momentengelenk ein. Ziel ist es, dass die Knoten keine Momente übertragen, also $M = 0$ resultiert. Demnach müssen auch für Knoten mit Lagerarten die Momente übertragen (z.B. feste Einspannung) Momentengelenke eingefügt werden.

Merke

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Das Einfügen von Momentengelenke erfolgt so, dass jeder Knoten (auch Auflagerknoten) gelenkig ist.


Nachdem alle relevanten Knoten mit Momentengelenken versehen wurden, wird das Abzählkriterium angewendet. Resultiert $f \le 0$ so gilt $w = 0$. Das System ist damit nicht kinematisch. Resultiert hingegen, dass das System kinematisch ist, also $f < 0$, so gilt $w =-f$.

Beispiele zum Grad der elastischen Verschieblichkeit

Zum besseren Verständnis wollen wir uns im Nachfolgenden ein Beispiel dazu ansehen:

geometrisch bestimmt, unbestimmt
Beispiel: Grad der elastischen Verschieblichkeit


1. Schritt:
Wir bringen nun an jeden Knotenpunkt Momentengelenke an (sofern nicht bereits vorhanden). Auch an den festen Einspannungen müssen wir Momentengelenke anbringen, damit dort $M = 0$ gilt.

Hinweis

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Bei Festlager und Loslager müssen keine Momentengelenke eingefügt werden, da bei diesen Lagerarten bereits $M = 0$ gilt. Da hier aber zwei feste Einspannungen gegeben sind, welche Momente übertragen, müssen wir hier Momentengelenke anbringen, so dass $M = 0$ gilt.

Grad der elastischen Verschieblichkeit, Momentengelenke, Drehwinkelverfahren
Einfügen von Momentengelenken


2. Schritt: Im nächsten Schritt wenden wir das Abzählkriterium an, um herauszufinden, ob das System kinematisch ist (kinematisch für $f < 0$). Es gilt dann $w = -f$.

Abzählkriterium, Grad der elastischen Verschieblichkeit, Drehwinkelverfahren
Abzählkriterium anwenden


Infolge der Momentengelenke bei den festen Einspannungen werden hier nur noch die vertikalen und horizontalen Auflagerkräfte übertragen und keine Momente mehr. Wir haben also 4 Auflagerreaktionen ($a$) gegeben. Desweiteren ergeben sich zwei Momentengelenke mit jeweils zwei Gelenkreaktionen $z = 4$ sowie drei Scheiben $n = 3$. Trennen wir nämlich das System an seinen zwei Momentengelenken, so haben wir drei Teilsysteme gegeben. Wichtig ist bei der in der Grafik gegebenen Abzählformel, dass $z$ die Gelenke ohne Auflager berücksichtigt.

Methode

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$f = a + z - 3n$

Anwenden:

$f = 4 + 4 - 3 \cdot 3 = -1$


Die alternative Abzählformel ist:

Methode

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$f = a + 3 (p - k) - r$

Mit $a = 4$ Auflagerreaktionen, $k = 4$ Knoten (Gelenke, biegesteife Ecken, Auflager, Enden), $p = 3$ Stabelemente zwischen den Knoten und $r = 2$ Gelenke (ohne Auflager).

$f = 4 + 3 (3 - 4) - 2 = -1$


Das System ist kinematisch, damit ist der Grad der elastischen Verschieblichkeit gegeben mit:

Methode

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$w = -f = 1$                    Grad der elastischen Verschieblichkeit

Die Anzahl der aufzustellenden Verschiebungsgleichungen entspricht dem Grad $w$ der elastischen Verschieblichkeit, also

Methode

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$n_v = w = 1$

Merke

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Für das obige Stabtragwerk muss demnach genau eine Verschiebungsgleichung aufgestellt werden.

 

Merke

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Der Grad $w$ der elastischen Verschieblichkeit gibt die $n_v$ - fache Verschieblichkeit und damit die Anzahl der aufzustellenden Verschiebungsgleichungen und der existierenden Verschiebungsfiguren an.