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Der Reibungszustand hat starken Einfluss auf das Reibungs- und Verschleißverhalten im Kontaktbereich von Maschinenbauteilen. Auch hier unterscheiden wir verschiedene Reibungszustände.
Festkörperreibung
Bei der Festkörperreibung unterliegen im Idealfall zwei metallische reine Kontaktflächen einer Reibbeanspruchung. Auf eine Schmierung wird gänzlich verzichtet. Im Realfall treten zumindest Reaktionsschichten im Oberflächenbereich auf.
Grenzreibung
Die Grenzreibung zeichnet aus, dass im Kontaktbereich der Bauteile Schutzschichten wirken. Die Schutzschichten sind das Produkt einer natürlichen Oxidation, einer Adsorption oder einer chemischen Reaktion bei hohen Drücken und Temperaturen.
Merke
Flüssigkeitsreibung
Bei der Flüssigkeitsreibung besteht kein direkter Kontakt mehr zwischen den Bauteilen. Als Trennmedium dient dabei ein flüssiger Schmierfilm. Der Druck, unter der Schmierfilm steht, überträgt die gesamte Belastung. Wie groß die dabei auftretende (innere) Reibung ausfällt, hängt von der chemischen Struktur des Schmiermittels ab.
Die Druckerzeugung kann auf unterschiedliche Weise erfolgen:
- hydrostatische Schmierung: Die Pumpe erzeugt ausserhalb der Kontaktzone den notwendigen Druck.
- hydrodynamische Schmierung: Die Bauteilbewegung erzeugt den notwendigen Druck, indem Schmiermittel in einen sich verengenden Spalt gefördert wird.
Gasreibung
Die Gasreibung verhält sich analog zur Flüssigkeitsreibung. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass die Bauteiltrennung durch einen gasförmigen Film gewährleistet wird.
Mischreibung
Die Mischreibung kennzeichnet, dass sie den Bereich zwischen Grenzreibung und Flüssigkeitreibung umfasst. Es liegen sowohl durch einen Flüssigkeitsfilm getrennte und direkte Kontaktbereich zwischen den Bauteilen vor.
Somit teilen sich die Belastungen auf in:
- übertragene Belastungen durch Festkörperkontakt
- übertragene Belastungen durch Schmierfilm
Einflussfaktor Betriebsverhalten
Auch das Betriebsverhalten hat Einfluss auf das Reibungsverhalten. Hierzu schauen wir uns nachfolgend die Reibungszustände eines hydrodynamisch geschmierten Radialgleitlagers grafisch an. In Abhängigkeit der Drehzahl (x-Achse) des Gleitlagers, aber auch in Abhängigkeit des zum Einsatz kommenden Schmiermittels ändern sich die Reibungszustände (y-Achse).
Der Verlauf ensteht dadurch, dass eine Welle aus dem Stillstand bis auf eine Betriebsdrehzahl beschleunigt wird. Ein wichtiger Punkt ist dabei $ \mu_1 $. Diese Reibungszahl taucht im Mischreibungsgebiet auf und weist darauf hin, dass hier mit Verschleiß infolge von Abrieb zu rechnen ist. Beim zweiten Mal, wo die Verlaufslinie $\mu_1 $ durchläuft, ist aber aufgrund der Festkörpertrennung nicht mehr mit einem Verschleiß zu rechnen.
Der Reibkoeffizient bei der Gleitreibung ist dabei sehr hoch; bei Beginn der drehenden Bewegung ist zunächst noch ein Haften zu verzeichnen und wie nach einem Abriss beginnt erst anschließende drehende und somit gleitende Vorgang. Dieser Startzustand wird häufig auch als Slip-Stick bezeichnet.
Merke
Slip-Stick (deutsch: Gleiten - Haften) ist ein Haftgleiteffekt bei Beginn der Krafteinwirkung.
Es zeigt sich, dass die Gleitreibungszahl $\mu $ mit zunehmender Drehzahl $ n $ im Bereich der Grenzreibung erst stark sinkt um anschließend beim Durchlaufen des Mischbereichs hin zum Flüssigkeitsreibungsbereich wieder ansteigt.
Der vorgestellte Kurvenverlauf ist auch als Stribeckkurve bekannt.
Hinweis
Richard Stribeck veröffentlichte diese Kurve erstmals bereits im Jahr 1902.
In der nächsten Tabelle siehst du eine Übersicht von unterschiedlichen Reibungszahlen in Abhängigkeit des Reibungszustandes:
Reibungszustand | Art der Reibung | Reibungszahl $\mu $ |
Festkörperreibung | Gleitreibung | 0,3 - 1,0 |
Grenzreibung | Gleitreibung Rollreibung | 0,1 - 0,2 0,049 |
Mischreibung | Gleitreibung Wälzreibung Rollreibung | 0,01 - 0,1 0,02 - 0,08 0,001 - 0,005 |
Flüssigkeitsreibung | Gleitreibung | 0,001 - 0,01 |
Gasreibung | Gleitreibung | 0,0001 |
Wie zu erwarten nimmt die Reibungszahl von der Festkörperreibung hin zur Gasreibung kontinuierlich ab. Diese Entwicklung beruht auf dem abnehmenden direkten Kontakt der Bauteile zueinander.
Eine exakte Berechnung der sogenannten Übergangsdrehzahl, also der Drehzahl, bei dem in einem Gleitlager von der Mischreibung in die Flüssigkeitsreibung übergegangen wird (Welle und Nabe sich beim Drehen also nicht mehr berühren) ist wegen einer Vielzahl von zu berücksichtigenden Einflussfaktoren nicht möglich. Näherungsweise gilt:
Methode
Übergangsdrehzahl:
$$\ n_{ü}=\frac {0,1 \cdot F_{L}}{\eta_{eff} \cdot V_{L}}$$
- $\ F_{L}$: Lagerkraft (in N)
- $\ \eta_{eff}$: dynamische Viskosität des Schmieröls (in mPas) bei einer effektiv gekennzeichneten Temperatur δ (in °C)
(Diese Werte sind in Graphen der Schmierölhersteller zu finden. Im nachfolgenden Kurstext folgen weitere Hinweise dazu.) - $\ V_{L}$: Lagervolumen in dm³
- $\ V_{Querschnittsfläche_{Lager} \cdot Breite_{Lager}}$
Wegen der Unsicherheiten in der Berechnung wird bei einem Gleitlager für uneingeschränkte Flüssigkeitsreibung im Betrieb eine minimale Betriebsdrehzahl $\ n_{min} $ gefordert, die nach folgender Formel ermittelt werden kann:
- $\ n_{min} ≥ 3 \cdot n_{ü}$ bei $\ v_{u}≤ 3 m/s $ bzw.
- $\ n_{min} ≥ v_{u} \cdot n_{ü}$ für $\ v_{u}>3 m/s $
$\ v_{u}$ ist dabei die Gleitgeschwindigkeit im Lager (in m/s).
Schmierfilmdicke
Um den Reibungszustand besser beschreiben zu können, nutzt man zusätzlich die spezifische Schmierfilmdicke $ \lambda $. Diese ergibt sich aus dem Quotienten aus minimaler Schmierfilmdicke und gemittelter Oberflächenrauheit und wird formal beschrieben durch:
Methode
$$ \lambda =\frac{h_{min}}{R_a} $$
- $\ h_{min} $ = minimale Schmierfilmdicke im Kontaktbereich
- $\ R_a = 0,5 \cdot ( R_{a1} + R_{a2}) \rightarrow $ gemittelte Oberflächenrauheit der Kontaktflächen
Als Ergebnis erhält man eine dimensionslose Zahl, die einem der nachfolgenden Bereich zugeordnet werden kann:
- Grenzreibung: $\lambda < 0,2 $
- Mischreibung: $ 0,2 < \lambda < 3 $
- Flüssigkeitsreibung: $ \lambda > 3 $
Merke
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