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Physik - Schwingungsgleichung: Physikalisches Pendel

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Physik

Schwingungsgleichung: Physikalisches Pendel

Ein physikalisches Pendel ist ein theoretisches Modell zur Beschreibung der Schwingung eines realen Pendels. Im Gegensatz zum mathematischen Pendel (Fadenpendel aus dem vorherigen Abschnitt) wird bei einem physikalischen Pendel die Größe und Form des Körpers mitberücksichtigt. 

Ein beliebig drehbar gelagerter Körper führt dann harmonische Schwingungsbewegungen aus, wenn nur minimale Auslenkungen vorliegen und der Luftwiderstand vernachlässigt werden kann.

Physikalisches Pendel
Physikalisches Pendel

Wir betrachten die obige Grafik und befinden uns in der $y,z$-Ebene. Der Stab ist an einer Aufhängung befestigt, hängt also vertikal nach unten (in der Ruhelage). Diese Aufhängung stellt auch gleichzeitig den Drehpunkt bzw. die Drehachse dar. Die Drehachse kann man sich aus der Grafik herauskommend vorstellen ($x$-Richtung).  Der Winkel $\varphi$ beschreibt die Auslenkung des Stabes in Bezug auf die Ruhelage. Die Gewichtskraft $F_G$ des Stabes ist vertikal nach unten gerichtet und greift im Schwerpunkt des Stabs an. Es handelt sich bei dem obigen Stab um ein physikalisches Pendel, wenn die Auslenkung $\varphi$ sehr klein ist. Wird nun der Stab um den Winkel $\varphi$ nach links ausgelenkt (in Richtung der positiven $y$-Achse), so sorgt die rücktreibende Kraft $F_R$ dafür, dass das Pendel wieder in Richtung der Ruhelage schwingt (und darüber hinaus). Die rücktreibende Kraft ist der Auslenkung entgegengesetzt:

Physikalisches Pendel rücktreibende Kraft
Rücktreibende Kraft beim physikalischen Pendel

Bei der rücktreibenden Kraft $F_R$ handelt sich dabei um eine Komponente der Gewichtskraft $F_G$. Diese greift im Schwerpunkt $S$ an und bewirkt ein Drehmoment bezüglich des Drehpunktes. Die Komponente $F_A$ wird durch die Aufhängung kompensiert. 

Methode

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$F_R = -F_G \sin(\varphi)$            Rücktreibende Kraft

Diese greift im Schwerpunkt $S$ an und bewirkt ein Drehmoment bezüglich des Drehpunktes:

Methode

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$M = F_R \cdot s = -F_G \sin(\varphi) \cdot s$        Drehmoment

Es muss unbedingt darauf geachtet werden, dass $s$ der senkrechte Abstand von der Kraft $F_R$ zum Bezugspunkt darstellt. Der senkrechte Abstand von der Kraft $F_R$ ist in der obigen Grafik der Abstand $l$:

$M = F_R \cdot s = -F_G \sin(\varphi) \cdot l$        

Handelt es sich um eine minimale Auslenkung, d.h. also der Winkel ist hinreichend klein, so gilt:

$\sin(\varphi) = \varphi$

Und damit:

$M  = -F_G \cdot \varphi \cdot l$    

Beispiel

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Zum besseren Verständnis kannst du ganz einfach einen sehr kleinen Winkel in die Sinusfunktion einsetzen, z.B. 0,5°. Wichtig: Die Eingabe kann in Grad oder Radiant erfolgen (je nach Einstellung des Taschenrechners), die Ausgabe erfolgt immer in Radiant. Das bedeutet also, dass du den Winkel 0,5° in den Taschenrechner eingibst, aber das Ergebnis in Radiant erhälst:

$\sin(0,5°) = 0,00873 Rad$.

Wir müssen die 0,00873 Rad nun also in Grad umrechnen, um herauszufinden, ob der Winkel von 0,5° gegeben ist:

$360° = 2\pi Rad$

$x Grad = 0,00873 Rad$

Dreisatz anwenden:

$x = \frac{360°}{2\pi Rad} \cdot 0,00873 Rad = 0,5°$

Demnach gilt bei sehr kleinen Winkeln, dass der Sinus nicht berücksichtigt werden muss, weil der Sinus von 0,5° gleich 0,5° ergibt.

Wir können nun also schreiben:

$M  = -F_G \cdot \varphi \cdot l =  - m \cdot g \cdot \varphi \cdot l$

Das Drehmoment weist zudem den folgenden Zusammenhang auf:

Methode

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$M = J \cdot \alpha$

mit

$J$ Trägheitsmoment

$\alpha$ Winkelbeschleunigung

Die Winkelbeschleunigung ist die zweite Ableitung des Ausgangswinkels $\varphi$ nach der Zeit $t$:

$M = J \cdot \frac{d^2 \varphi}{dt^2}$

Beide Gleichungen werden nun gleichgesetzt:

$ J \cdot \frac{d^2 \varphi}{dt^2} =  - l \cdot m \cdot g \cdot \varphi$       

Teilen durch das Trägheitsmoment führt auf die Differentialgleichung 2. Ordnung:

Methode

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$\frac{d^2 \varphi}{dt^2} =  - \frac{l \cdot m \cdot g}{J} \cdot \varphi$   

Wir haben hier nun wieder eine Differentialgleichung 2. Ordnung gegeben, für die gilt, dass das Ergebnis der zweiten Ableitung des Winkels nach der Zeit $t$ einen konstanten Faktor $- \frac{l \cdot m \cdot g}{J}$ und den Winkel $\varphi$ selbst ergibt.

Wir können hier die Sinus- oder Cosinusfunktion verwenden:

$\varphi = \sin(\omega \cdot t)$

$\frac{d\varphi}{dt} = \omega \cdot \cos(\omega \cdot t)$

$\frac{d^2 \varphi}{dt^2} = -\omega^2 \cdot \sin(\omega \cdot t)$


Dabei ist $\sin(\omega \cdot t) = \varphi$:

$\frac{d^2 \varphi}{dt^2}  = - \omega^2 \cdot \varphi$

Die Differentialgleichung für die linke Seite einsetzen:

$ - \frac{l \cdot m \cdot g}{J} \cdot \varphi   = - \omega^2 \cdot \varphi$

Alles auf eine Seite bringen:

$ - \frac{l \cdot m \cdot g}{J} \cdot \varphi   + \omega^2 \cdot \varphi = 0$

Winkel ausklammern:

$ \varphi \cdot (- \frac{l \cdot m \cdot g}{J}  + \omega^2 ) = 0$

Die obige Gleichung ist erfüllt, wenn $\varphi = 0$ und/oder die Klammer gleich Null wird:

$ - \frac{l \cdot m \cdot g}{J}  + \omega^2 = 0$

Auflösen nach der Eigenfrequenz $\omega$:

Methode

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$\omega = \sqrt{ \frac{l \cdot m \cdot g}{J}} $                 Eigenfrequenz eines physikalischen Pendels

Die Eigenfrequenz gibt an, welche Winkelgeschwindigkeit $\omega$ ein Punkt auf einer rotierenden Kreisscheibe haben müsste, damit seine Frequenz mit derjenigen des schwingenden Pendelkörpers übereinstimmt.

Die Eigenfrequenz $\omega$  eines physikalischen Pendels hängt somit von der Masse des schwingenden Objekts, der Lage seines Schwerpunkts sowie von seinem Trägheitsmoment in Bezug auf den Aufhängepunkt ab. 

Trägheitsmoment

In dem obigen Fall wurde das Trägheitsmoment $J$ in Bezug auf seinen Aufhängepunkt betrachtet. Häufig ist es aber so, dass das Trägheitsmoment $J_S$ in Bezug auf den Schwerpunkt des Körpers gegeben ist (bzw.Tabellenwerken entnommen werden kann). Ist also der Drehpunkt nicht der Schwerpunkt, so muss der Satz von Steiner verwendet werden, um das Trägheitsmoment für den Drehpunkt zu bestimmen: 

Methode

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$J = J_s + ma^2$                                    Trägheitsmoment

mit

$J_S$ Trägheitsmoment in Bezug auf den Schwerpunkt

$m$ Masse des Körpers

$a$ Abstand vom Schwerpunkt zur Aufhängung

In unserem Beispiel ist der Abstand vom Schwerpunkt $S$ des Körpers zur Aufhängung mit $l$ bezeichnet. Es ergibt sich also der Satz von Steiner zu:

Methode

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$J = J_s + ml^2$

mit

$J$ Trägheitsmoment in Bezug auf den Drehpunkt

$J_S$ Trägheitsmoment in Bezug auf den Schwerpunkt

$m$ Masse

$l$ Abstand vom Schwerpunkt zum Drehpunkt

Das Trägheitsmoment $J_S$ in Bezug auf den Schwerpunkt ist für viele geometrische Figuren Tabellenwerken zu entnehmen. Die obige Gleichung wird dann angewandt, wenn der Drehpunkt nicht mit dem Schwerpunkt zusammenfällt (wie in der obigen Grafik zu sehen). 

Sollte das Trägheitsmoment $J_S$ in Bezug auf den Schwerpunkt nicht gegeben sein, so kann man dieses experimentell bestimmen:

Methode

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$ J_S = m \cdot l^2 (\frac{g \cdot T^2}{4 \cdot \pi^2 \cdot l} - 1)$

mit

$l$ Abstand von Drehpunkt zum Schwerpunkt des Körpers

$m$ Masse des Körpers

$g$ Fallbeschleunigung mit $g = 9,81 \frac{m}{s^2}$

$T$ Schwingungsdauer

Mit dieser Gleichung ist es möglich das Trägheitsmoment $J_S$ in Bezug auf den Schwerpunkt experimentell zu bestimmen. Liegt nun aber der Drehpunkt nicht im Schwerpunkt des Körpers, so muss zusätzlich der Satz von Steiner angewandt werden.

Schwingungsdauer

Setzen wir nun in die Eigenfrequenz

$\omega = \frac{2\pi}{T}$

ein, dann erhalten wir:

$\frac{2\pi}{T}=  \sqrt{ \frac{l \cdot m \cdot g}{J}}$

Aufgelöst nach der Schwingungsdauer $T$ ergibt:

Methode

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$T =  2 \pi  \sqrt{ \frac{J}{l \cdot m \cdot g}}$$                    Schwingungsdauer eines physikalischen Pendels

Die Schwingungsdauer gibt die benötigte Zeit für eine gesamte Schwingung an.

Frequenz

Die Frequenz ist der Kehrwert der Schwingungsdauer:

$f = \frac{1}{T}$

Auflösen nach $T$ und in die Schwingungsdauer einsetzen ergibt dann die Gleichung für die Frequenz eines Federpendels:

Methode

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$f =  \frac{1}{2 \pi} \sqrt{ \frac{l \cdot m \cdot g}{J}}$      Schwingungsfrequenz eines physikalischen Pendels

Die Schwingungsfrequenz $f$ des Pendels gibt die Anzahl an Schwingungsvorgängen je Sekunde an.

Wir sind hier davon ausgegangen, dass der Körper aus seiner Ruhelage angestoßen wird. Dann ist die Sinus-Funktion zur Beschreibung der Bewegung besser geeignet (wie hier gezeigt). Die Cosinus-Funktion hingegen eignet sich als Ansatz, wenn die Bewegung des Körpers nicht in der Ruhelage beginnt. Für die obigen Gleichungen ändert sich aber nichts, weil beide auf dasselbe Ergebnis für Eigenfrequenz, Schwingungsdauer und Schwingungsfrequenz führen. Für die späteren Bewegungsgleichungen hingegen muss unterschieden werden zwischen Sinus und Cosinus.