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Strömungslehre

Iterative Bestimmung der Rohrreibungszahl Lambda

In diesem Abschnitt wird gezeigt, wie man die Rohrreibungszahl $\lambda$ iterativ bestimmt, wenn nicht alle Werte gegeben sind, um diese direkt aus dem Moody-Diagramm abzulesen. Die iterative Ermittlung wird im Folgenden anhand eines Beispiels aufgezeigt. 

Beispiel: Iterative Ermittlung der Rohrreibungszahl

Beispiel: Iterative Bestimmung der Rohrreibungszahl

Beispiel

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In der obigen Skizze ist ein offener Wasserbehälter mit einer Rohrleitung zu sehen. Diese Rohrleitung führt ins Freie. Es gilt $A_1 >> d$. Einzelverluste durch Einlässe bzw. Auslässe werden vernachlässigt. Es sind folgende Werte gegeben:

$L = 280 m$ / $\dot{V} = 5 \frac{m^3}{min}$ / $H = 20 m$ / $\rho = 999,97 \frac{kg}{m^3}$ / $k = 2 \cdot 10^{-3} m$ / $\nu = 1,5 \cdot 10^{-6} \frac{m^2}{s}$.

Gesucht wird der Rohrdurchmesser $d$ des kreisrunden Rohres.

Zunächst einmal wird die Bernoulli-Gleichung von $1$ nach $2$ aufgestellt. Es wird hier die Bernoullische Höhengleichung verwendet (alternativ können auch die anderen beiden Gleichungen herangezogen werden):

$\small{z_1 + \frac{1}{2} \; \frac{w_1^2}{g}  + \frac{p_1}{g \; \rho} =  z_2 + \frac{1}{2} \; \frac{w_2^2}{g} + \frac{p_2}{g \; \rho} + \xi \frac{w_2^2}{2 \; g} + \lambda \frac{L}{d} \frac{w_2^2}{2 \; g}}$.

Da keine Einzelverluste berücksichtigt werden, reduziert sich die Gleichung auf:

$\small{z_1 + \frac{1}{2} \; \frac{w_1^2}{g}  + \frac{p_1}{g \; \rho} =  z_2 + \frac{1}{2} \; \frac{w_2^2}{g} + \frac{p_2}{g \; \rho} + \lambda \frac{L}{d} \frac{w_2^2}{2 \; g}}$.

Es gilt $A_1 >> d$, d.h. die Geschwindigkeit $w_1$ strebt gegen null: $w_1 \approx 0$. Die Gleichung ändert sich also zu (Term mit $w_1$ fällt weg):

$\small{z_1  + \frac{p_1}{g \; \rho} =  z_2 + \frac{1}{2} \; \frac{w_2^2}{g} + \frac{p_2}{g \; \rho} + \lambda \frac{L}{d} \frac{w_2^2}{2 \; g}}$.

Außerdem gilt, dass $z_1 = H$ und $z_2 = 0$. Der Punkt $2$ befindet sich bereits auf dem Bezugsniveau, weshalb die Höhe null ist:

$\small{H  + \frac{p_1}{g \; \rho} = \frac{1}{2} \; \frac{w_2^2}{g} + \frac{p_2}{g \; \rho} + \lambda \frac{L}{d} \frac{w_2^2}{2 \; g}}$.

Der Druck $p_1$ im Punkt $1$ ist gleich dem Umgebungsdruck $p_b$, weil der Behälter offen ist: $p_1 = p_b$. Dasselbe gilt für den Druck $p_2$ an der Stelle $2$. Das Rohr führt ins Freie, weshalb gilt: $p_2 = p_b$. Da $p_1 = p_2 = p_b$, heben sich die Terme mit $p_1$ und $p_2$ gegenseitig auf:

$H = \frac{1}{2} \; \frac{w_2^2}{g} + \lambda \frac{L}{d} \frac{w_2^2}{2 \; g}$.

Welche Größen müssen berechnet werden?

Um herauszufinden welche Größen berechnet werden müssen, werden zunächst alle in der Aufgabenstellung gegebenen Werte in die Gleichung eingesetzt:

$20 m = \frac{1}{2} \; \frac{w_2^2}{9,81 \frac{m}{s^2}} + \lambda \frac{280 m}{d} \frac{w_2^2}{2 \cdot 9,81 \frac{m}{s^2}}$.

Es wird also die Geschwindigkeit $w_2$ sowie die Rohrreibungszahl $\lambda$ benötigt, um dann den Durchmesser $d$ bestimmen zu können.

Berechnung der Geschwindigkeit und des Durchmessers

Die Geschwindigkeit lässt sich aus dem Volumenstrom $\dot{V}$ bestimmen, es gilt:

$w_2 \cdot A_2 = \dot{V}$   mit $A_2 = d^2 \cdot \frac{\pi}{4}$.

Methode

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$w_2 = \frac{\dot{V}}{d^2 \cdot \frac{\pi}{4}}$.

Da der Durchmesser fehlt, kann die Geschwindigkeit nicht berechnet werden, sondern erst nachdem der Durchmesser bestimmt worden ist. Man setzt nun $w_2$ in die obige Gleichung ein und erhält:

$20 m = \frac{1}{2} \; \frac{\frac{\dot{V}^2}{d^4 \cdot \frac{\pi^2}{16}}}{9,81 \frac{m}{s^2}} + \lambda \frac{280 m}{d} \frac{\frac{\dot{V}^2}{d^4 \cdot \frac{\pi^2}{16}}}{2 \cdot 9,81 \frac{m}{s^2}}$.

Kürzen:

$20 m = \frac{8 \dot{V}^2}{d^4 \cdot \pi^2 \cdot 9,81 \frac{m}{s^2}} + \lambda \frac{280 m}{d} \frac{8 \dot{V}^2}{d^4 \cdot \pi^2 \cdot 9,81 \frac{m}{s^2}}$.

Ausklammern ergibt:

$20 m = (1 +  \lambda \frac{280 m}{d}) \cdot \frac{8 \dot{V}^2}{d^4 \cdot \pi^2 \cdot 9,81 \frac{m}{s^2}}$


Man nimmt nun Folgendes an:

$L >> d$ und damit $\frac{L}{d} >> 1$.

In diesem Fall also $\frac{280 m}{d} >> 1$. Das bedeutet also, dass der rechte Term in der Klammer um ein Vielfaches größer wird als 1. Die $1$ in der Klammer kann also demnach vernachlässigt werden, weil diese das Ergebnis so gut wie nicht verändert:

$20 m = \lambda \frac{280 m}{d} \cdot \frac{8 \dot{V}^2}{d^4 \cdot \pi^2 \cdot 9,81 \frac{m}{s^2}}$.

Nun kann das Ganze nach $d$ aufgelöst werden:

$20 m = \lambda \cdot 280 m \cdot \frac{8 \dot{V}^2}{d^5 \cdot \pi^2 \cdot 9,81 \frac{m}{s^2}}$.

$d^5 \cdot 20 m = \lambda \cdot 280 m \cdot \frac{8 \dot{V}^2}{\pi^2 \cdot 9,81 \frac{m}{s^2}}$.

$d^5 = \lambda \cdot 280 m \cdot \frac{8 \dot{V}^2}{\pi^2 \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 20 m}$.

$d = \sqrt[5]{\lambda \cdot 280 m \cdot \frac{8 \dot{V}^2}{\pi^2 \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 20 m}}$.

Einsetzen des Volumenstroms aus der Aufgabenstellung (Umrechnung in $\frac{m^3}{s}$):

Methode

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$d = \sqrt[5]{\lambda \cdot 280 m \cdot \frac{8 (5/60 \frac{m^3}{s})^2}{\pi^2 \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 20 m}}$.

Mittels dieser Formel kann nun der Durchmesser bestimmt werden. Allerdings fehlt hierfür noch die Rohrreibungszahl $\lambda$.

Bestimmung der Rohrreibungszahl

Die Rohrreibungszahl wird nun zunächst einmal auf einen beliebigen Wert festgelegt. Hierbei ist es ratsam einen niedrigen Wert zu nehmen. Es wird eine beliebige Rohrreibungszahl von $\lambda_0 = 5 \cdot 10^{-2} = 0,05$ festgelegt. Die Iteration kann nun beginnen. Zunächst wird der Durchmesser $d$ mit dieser Rohrreibungszahl berechnet:

$d = \sqrt[5]{0,05 \cdot 280 m \cdot \frac{8 (5/60 \frac{m^3}{s})^2}{\pi^2 \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 20 m}} = 0,21 m$.

Als nächstes kann die Geschwindigkeit $w_2$ bestimmt werden, die notwendig für die Reynolds-Zahl ist:

$w_2 = \frac{\dot{V}}{(d^2 \cdot \frac{\pi}{4}}$.

$w_2 = \frac{5/60 \frac{m^3}{s}}{(0,21 m)^2 \cdot \frac{\pi}{4}} = 2,41 \frac{m}{s}$.

Es kann nun die Reynolds-Zahl bestimmt werden:

$Re = \frac{w_2 \cdot d}{\nu} = \frac{2,41 \frac{m}{s} \cdot 0,21 m}{1,5 \cdot 10^{-6} \frac{m^2}{s}} = 337.400 = 3,4 \cdot 10^5$

Und es fehlt noch die Wandrauigkeit:

$\frac{k}{d} = \frac{2 \cdot 10^{-3} m}{0,21 m} = 0,0095 = 9,5 \cdot 10^{-3}$

Mittels der Reynolds-Zahl und der Wandrauigkeit kann nun das neue $\lambda_1$ aus dem Moody-Diagramm bestimmt werden. Ist dieses gleich $\lambda_0$, so sind die berechneten Ergebnisse korrekt. Ist $\lambda_1 \neq \lambda_0$, so müssen die obigen Berechnungen erneut durchgeführt werden und zwar solange bis $\lambda$ sich nicht mehr ändert.

1. Iteration
1. Iteration

Aus dem Moody-Diagramm ergibt sich ein $\lambda_1 \approx 0,037$. Da $\lambda_0 \neq \lambda_1$ muss eine weitere Iteration durchgeführt werden. Das neue $\lambda_1$ wird nun wieder benötigt, um den Durchmesser $d$ zu bestimmen, dann wird die Geschwindigkeit $w_2$ bestimmt und damit die Reynolds-Zahl und die Wandrauigkeit, um wieder aus dem Moody-Diagramm die Rohrreibungszahl $\lambda$ zu ermitteln:

$d = 0,20 m$.

$w_2 = 2,65 \frac{m}{s}$.

$Re = 353.333 = 3,5 \cdot 10^5$.

$\frac{k}{d} = 0,01 = 1 \cdot 10^{-2}$.

2. Iteration
2. Iteration

$\lambda_2 \approx 0,038$

Es ist $\lambda_2 \neq \lambda_1$, wobei die Rohrreibungszahlen fast gleich sind. Es wird aber trotzdem noch eine Iteration durchgeführt, um sicher zu gehen:

$d = 0,198 m$.

$w_2 = 2,71 \frac{m}{s}$.

$Re = 357.720 = 3,6 \cdot 10^5$.

$\frac{k}{d} = 0,01 = 1 \cdot 10^{-2}$.

Aus dem obigen Moody-Diagramm kann man ablesen, dass die Rohrreibungszahl bei $\lambda_3 = 0,038$ liegt. Demnach ist hier die Iteration abgeschlossen. Der Durchmesser des Rohrs beträgt:

$d = 0,198 m$.