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Strömungslehre

Geschichtete Fluide

Unter geschichteten Fluiden versteht man mehr als zwei Fluide, welche sich in einem Behälter befinden und sich nicht vermischen. Berechnet wird zum Beispiel der Druck auf den Behälterboden, welcher durch die Fluide verursacht wird, indem die Druckkräfte der Fluide einzeln betrachtet und dann miteinander addiert werden. 

Methode

$p_{Boden} = \sum_i^n \rho_i \; g \; h_i$.

Wird der Gesamtdruck auf den Behälterboden gesucht, so muss noch der Umgebungsdruck $p_b$ hinzuaddiert werden:

Methode

$p_{Boden} = p_b + \sum_i^n \rho_i \; g \; h_i$.

Beispiel: Geschichtete Fluide (Druck auf den Behälterboden)

Geschichtete Fluide

Beispiel

Gegeben sei der obige Behälter. Innerhalb des Behälters befinden sich Öl und Wasser. Die Dichte von Öl betrage $\rho_{Öl} = 800 \frac{kg}{m^3}$, die von Wasser $\rho = 999,97 \frac{kg}{m^3}$. Wie groß ist der Druck, welchen die Fluide auf den Behälterboden ausüben? Wie groß ist der Gesamtdruck auf den Behälterboden bei einem Umgebungsdruck von $p_b = 101.000 Pa$?

Innerhalb des Behälters befinden sich zwei Schichten. Zum einen eine Schicht Öl, welche ganz oben schwimmt (da Öl eine geringere Dichte als Wasser hat) und eine Schicht Wasser. Es soll nun einmal die Druckkraft auf den Boden bestimmt werden, welche durch die Fluide resultiert und der Gesamtdruck auf den Behälterboden. Bei erstem werden nur die Druckkräfte der Fluide betrachtet, bei letzterem zusätzlich der Umgebungsdruck (bzw. Atmosphärendruck) berücksichtigt.

Druckkräfte durch Fluide

Es wird jedes einzelne Fluid für sich selbst betrachtet und dann miteinander addiert:

$p_{Öl} = \rho \; g \; h = 800 \frac{kg}{m^3} \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 5m = 39.240 Pa$.

$p_{W} = \rho \; g \; h = 999,97 \frac{kg}{m^3} \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 7m = 68.668 Pa$.


Die Summe ergibt dann den Druck auf den Behälterboden, welcher durch die Fluide verursacht wird:

$p_{Boden} = 39.240 Pa + 68.668 Pa = 107.908 Pa$.

Gesamtdruck auf den Behälterboden

Der Gesamtdruck ergibt sich dann durch Addition des Umgebungsdrucks $p_b$:

$p_{Boden,ges} = 101.000 Pa + 107.908 Pa = 208.908 Pa$.

Beispiel: Druckkräfte auf Behälterwände (Geschichtete Fluide)

Geschichtete Fluide Beispiel Schiff

Beispiel

Gegeben sei das obige gesunkene Schiff, welches sich unterhalb der Wasseroberfläche befindet. Über dem Wasser schwimmt noch eine Schicht Öl, welche das Schiff verloren hat. Es sollen die Druckkräfte (Horizontalkraft, Vertikalkraft, Resultierende) auf den Lukendeckel des Schiffs berechnet werden. Der Lukendeckel ist $x = 6m$ lang und $y = 2m$ breit. Der Deckel ist unten nochmals aufgeführt (Blick von oben auf den Deckel). Öl hat eine Dichte von $\rho_{Öl} = 800 \frac{kg}{m^3}$ und Wasser von $\rho_{W} = 999,97 \frac{kg}{m^3}$. Die Fallbeschleunigung beträgt $g = 9,81 \frac{m}{s^2}$.

Bestimmung der Horizontalkraft

Die Horizontalkraft ist eine Dreieckslast (Druck nimmt linear mit zunehmender Tiefe zu). Die Horizontalkraft berechnet sich durch:

$F_H = p_s \cdot A_{proj}$.

Bei geschichteten Fluiden setzt sich $p_s$ zusammen aus den Drücken beider Fluide:

$p_s = \rho_{Öl} \; g \; h + \rho_{W} \; g \; h_s$

$h_s$ ist der senkrechte Abstand des Schwerpunktes der projizierten Fläche hin zur Flüssigkeitsoberfläche. Also der Abstand bis zur Wasseroberfläche (bis das Öl beginnt). Da das Öl nicht direkt auf den Lukendeckel wirkt, muss beim Öl der Schwerpunkt nicht berücksichtigt werden. Es wird also nur der Druck des Öls in 0,5m Tiefe benötigt.

Horizontalkraft, Druckkräfte, Lukendeckel
Bestimmung der Horizontalkraft

 

Für das Öl ist also der Druck:

$p_{Öl} = 800 \frac{kg}{m^3} \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 0,5m = 3.924 Pa$.

Für das Wasser muss die Fläche des Lukendeckels projiziert werden und der senkrechte Abstand des Schwerpunktes des Lukendeckels zur Wasseroberfläche bestimmt werden.

Der Lukendeckel hat eine Fläche von:

$A = 6m \cdot 2m = 12m^2$.

Diese Fläche wird nun vertikal projiziert mit:

$A_{proj} = A \cdot \sin(18°) = 12m^2 \cdot 18° = 3,71 m^2$.

Alternativ über die Projektion der Höhe. Der Lukendeckel ist 6m lang, senkrecht projiziert ergibt sich:

$6m \cdot \sin(18°) = 1,85 m$


Projizierte Fläche:

$A_{proj} = 1,85 m \cdot 2m = 3,7m^2$

Methode

Wir berechnen weiter mit der Fläche von $A_{proj} = 3,71 m^2$.

Es muss nun noch der senkrechte Abstand des Schwerpunktes zur Flüssigkeitsoberfläche betrachtet werden. Hierzu betrachtet man zunächst wieder den Lukendeckel. Dieser hat den Schwerpunkt in der Mitte (Rechteck), also bei 3 m (schräge Seite). Diese 3 m müssen nun noch vertikal projiziert werden:

$3m \cdot \sin(18°) = 0,93 m$.

Alternativ über die Höhe der projizierten Fläche: $\frac{1,85m}{2} = 0,93m$


Der senkrechte Abstand vom Schwerpunkt der projizierten Fläche zur Wasseroberfläche beträgt:

$h_s = 0,93 m + 1,5m = 2,43 m$.

Der vom Wasser ausgehende Druck beträgt also:

$p_W = 999,97 \frac{kg}{m^3} \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 2,43m = 23.837,58 Pa$.

Insgesamt ergibt sich ein Druck von:

$p_s = 3.924 Pa + 23.837,58 Pa = 27.761,58 Pa$.

Es kann nun die Horizontalkraft bestimmt werden mit:

Methode

$F_H = p_s \cdot A_{proj} = 27.761,58 Pa \cdot 3,71 m^2 = 102.995,46 N$.

Es muss noch die Wirkungslinie der Horizontalkraft bestimmt werden.

Druckmittelpunkt

Mittels Druckmittelpunktbestimmung kann man die Abmessung in $z$-Richtung bestimmen. Dazu führt man für die Fläche des Lukendeckels ein $\eta$,$\xi$-Koordinatensystem ein und berechnet die Abstände in $\eta$- und $\xi$-Richtung vom Schwerpunkt der Fläche zum Druckmittelpunkt:

Methode

$\eta_D = \frac{I_{\xi,S}}{\eta_S \; A}$.

mit

$I_{\xi,S}$ Flächenträgheitsmoment bezüglich der $\xi$-Achse im Schwerpunkt

$\eta_S$ Abstand vom Schwerpunkt zur Flüssigkeitsoberfläche in $\eta$-Richtung

$A$ Flächeninhalt

und

Methode

$\xi_D = \frac{I_{\eta \xi}}{\eta_S \; A}$

mit

$I_{\eta \xi}$ Deviationsmoment

$\eta_S$ Abstand vom Schwerpunkt zur Flüssigkeitsoberfläche in $\eta$-Richtung

$A$ Flächeninhalt

 

Wir legen also als nächstes die $\eta$- und $\xi$-Achsen in den Schwerpunkt der betrachteten Fläche (Lukendeckel):

Druckmittelpunkt, Lukendeckel
Druckmittelpunkt

 

Anwendung der obigen Gleichungen zur Bestimmung des Druckmittelpunktes:

Das Flächenträgheitsmoment bezüglich der $\xi$-Achse für ein Rechteck beträgt:

$I_{\xi} = \frac{6^3 \cdot 2}{12}$.

Der Abstand vom Schwerpunkt des Lukendeckels zur Flüssigkeitsoberfläche in negativer $\eta$-Richtung beträgt:

$\eta_S = 3m + 6,47m = 9,47 m$.

Hinweis

Die 6,47m resultieren, indem die 1,5m + 0,5m in Richtung der $\eta$-Achse projiziert werden:

$\frac{2m}{\sin(18°)} = 6,47 m.

 

Die Fläche des Lukendeckels beträgt:

$A = 12m^2$.


Insgesamt ergibt sich der Abstand des Druckmittelpunktes vom Schwerpunkt:

$\eta_D = \frac{\frac{6^3 \cdot 2}{12}}{9,47m \cdot 12m^2} = 0,32m$.

Dies stellt den schrägen Abstand vom Schwerpunkt zum Druckmittelpunkt in Richtung der positiven $\eta$-Achse dar. Bis zur Flüssigkeitsoberfläche beträgt der Abstand vom Druckmittelpunkt in $\eta$-Richtung:

$0,32m + 3m + 6,47m = 9,79 m$.


Zur Bestimmung des senkrechten Abstands vom Druckmittelpunkt zur Flüssigkeitsoberfläche berechnen wir:

$z_D = 9,79m \cdot \sin(18°) = 3,03m$.

Merke

Der Abstand vom Schwerpunkt in Richtung der $\xi$-Achse wird zu Null, weil das Deviationsmoment $I_{\eta,\xi}$ den Wert Null annimmt. Grund dafür ist, dass mindestens eine der beiden Achse (hier sogar beide) eine Symmetrieachse darstellt. Ist dies der Fall, so nimmt das Deviationsmoment den Wert null an!

Bestimmung der Vertikalkraft

Bei der Vertikalkraft muss die Kraft des über dem Lukendeckel befindlichen Wasser- und Ölvolumens bestimmt werden. Es gibt nun zwei Möglichkeiten die Vertikalkraft zu bestimmen. Zum einen bestimmt man das Wasser- und Ölvolumen oberhalb des Lukendeckels und verwendet diese Formel:

$F_V = \rho \; g \; V$.

Oder man geht vor wie bei der Horizontalkraft, nur dass die Fläche des Lukendeckels horizontal projiziert wird. Hierfür verwendet man die Formel:

$F_V = p_s \cdot A_{proj}$.

Es sollen im Folgenden beide Vorgehensweisen aufgezeigt werden.

1.Möglichkeit - Volumen bestimmen

In diesem Beispiel ist es möglich das Wasservolumen oberhalb des Lukendeckels zu bestimmen. Hierzu muss das Volumen aufgeteilt werden in ein rechteckiges Ölvolumen sowie ein rechteckiges und ein dreieckiges Wasservolumen:

Vertikalkraft Wasservolumen

Berechnet werden nun die Volumina Wasser (Dreieck + Rechteck) und Öl (Rechteck):

$V_W = \frac{1}{2} 1,85m \cdot 5,71 m \cdot 2m + 1,5 m \cdot 5,71 m \cdot 2m = 27,69 m^3$.

$V_{Öl} = 0,5m \cdot 5,71 m \cdot 2m = 5,71 m^3$.

Die Vertikalkraft setzt sich zusammen aus:

$F_{V_{Öl}} = 800 \frac{kg}{m^3} \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 5,71m^3 = 44.812,08 N$.

und

$F_{V_{W}} = 999,97 \frac{kg}{m^3} \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 27,69m^3 = 271.630,75 N$.

Die Addition ergibt die gesamte Vertikalkraft von:

Methode

$F_V = 316.442,83 N$.

2. Möglichkeit - Berechnung über projizierte Fläche

$F_V = p_s \cdot A_{proj}$

mit

$p_s = p_{Öl} + p_W$.

Vertikalkraft projizierte Fläche

Man geht hier genau so vor wie oben bei der Horizontalkraft mit dem Unterschied, dass die Fläche des Lukendeckels 

$A = 12m^2$

nun horizontal projiziert wird:

$A_{proj} = 12m^2 \cdot \cos(18°) = 11,41m^2$.

Die Druckkraft, die das Öl ausübt, beträgt:

$p_{Öl} = \rho \; g \; h = 800 \frac{kg}{m^3} \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 0,5m = 3.924 Pa$.

Die Druckkraft, die das Wasser auf den Lukendeckel ausübt, beträgt:

$p_W = \rho \; g \; h_s = 999,97 \frac{kg}{m^3} \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 2,43m = 23.837,58 Pa$.

Die Vertikalkraft ergibt sich dann zu:

$F_V = (p_{Öl} + p_W) \cdot A_{proj}$.

Methode

$F_V = (3.924 Pa + 23.837,58 Pa) \cdot 11,41m^2 = 316.759,63 N$.

Die Abweichung der Vertikalkraft zu oben ergibt sich aus Rundungsfehlern. 

Merke

Bei rechteckigen Flächen (wie hier) kann man die Vertikalkraft immer nach der 1. Möglichkeit berechnen, also durch die Kraft des Wasservolumens oberhalb dieser rechteckigen Fläche. Bei nicht-rechteckigen Flächen berechnet sich die Vertikalkraft nach der 2. Möglichkeit (siehe: Druckkräfte auf eben geneigte nicht rechteckige Flächen). Hier wurden der Übersicht halber aber beide Vorgehensweisen dargestellt. 

Wirkungslinie der Vertikalkraft

Es muss als nächstes die Wirkungslinie der Vertikalkraft bestimmt werden. Die Vertikalkraft verläuft durch den Schwerpunkt des Wasservolumens oberhalb des Lukendeckels. Man muss also zunächst den Schwerpunkt des gesamten Wasservolumens bestimmen. Durch diesen Schwerpunkt verläuft die Vertikalkraft. Zur Berechnung des Schwerpunktes reicht es aus die Flächen (zwei Rechtecke, ein Dreieck) in $x$,$z$-Richtung zu betrachten. Die Breite ($y$-Richtung) ist hierbei nicht relevant. Um den gesamten Schwerpunkt aus diesen drei Flächen zu bestimmen, kann folgende Formel herangezogen werden:

$x_S = \frac{\sum x_i \; A_i}{\sum A_i}$.

Vertikalkraft Schwerpunkt

Für die Vertikalkraft ist der Abstand in $x$-Richtung zu bestimmen. Man wählt sich ein Koordinatensystem aus und wählt einen geeigneten Punkt aus, in welchen man das Koordinatensystem legt. Dann berechnet man den Abstand der einzelnen Schwerpunkte $x_i$ hin zur $x$-Achse und multipliziert diesen mit der Fläche. Das Ganze geteilt durch die Fläche ergibt den Abstand von der $x$-Achse hin zum gesamten Schwerpunkt. Für die genaue Lage des Schwerpunktes müsste man auch noch die Abstände der Schwerpunkte für die $z$-Achse gemäß

$z_S = \frac{\sum z_i \; A_i}{\sum A_i}$

bestimmen. Allerdings ist es für die Vertikalkraft ausreichend den Abstand in $x$-Richtung zu kennen:

$x_S = x_V = \frac{2,9m \cdot 0,5m \cdot 5,71m + 2,9 m \cdot 1,5m \cdot 5,71m + 1,9 m \cdot 1,85 m \cdot 5,71 m \cdot \frac{1}{2}}{0,5m \cdot 5,71 m + 1,5m \cdot 5,71m + 1,85m \cdot 5,71 m \cdot \frac{1}{2}} = 2,6 m$.

Bestimmung der Resultierenden

Die Resultierende bestimmt sich zu:

$F_R = \sqrt{F_H^2 + F_V^2} = \sqrt{102.995,46^2 + 316.759,63^2} = 333.083,67 N$.

Die Richtung der Resultierenden berechnet sich zu:

$\tan(\alpha) = \frac{F_V}{F_H}$

$\alpha = \tan^{-1} \frac{316.759,63}{102.995,46} = 72°$.

Es handelt sich hierbei um eine eben geneigte rechteckige Fläche, weshalb die Resultierende senkrecht auf dieser Fläche liegt. Die Fläche hat zur Horizontalen einen Winkel von 18°, demnach muss die Resultierende einen Winkel von 90° - 18° = 72° zur Horizontalen aufweisen.

Resultierende

 

Alternative Berechnung der Resultierenden

Ist in der Aufgabenstellung nach der Gesamtdruckkraft gefragt, so ist die Resutierende gemeint. Es ist möglich die resultierende Druckkraft mit einer einzigen Formel zu bestimmen - ohne vorher die horizontale und vertikale Durckkraft zu berechnen:

Methode

$F_R = \rho \dot g \cdot h_s \cdot A = p_s \cdot A$


Im Gegensatz zur Berechnung der horizontalen Druckkraft wird hier die Fläche $A$ und NICHT die projizierte Fläche berücksichtigt.

 

Zunächst berechnen wir wieder den Gesamtdruck. Bei geschichteten Fluiden setzt sich $p_s$ zusammen aus den Drücken beider Fluide:

$p_s = \rho_{Öl} \; g \; h + \rho_{W} \; g \; h_s$

$p_{Öl} = 800 \frac{kg}{m^3} \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 0,5m = 3.924 Pa$.

$p_W = 999,97 \frac{kg}{m^3} \cdot 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 2,43m = 23.837,58 Pa$.

 

Insgesamt ergibt sich ein Druck von:

$p_s = 3.924 Pa + 23.837,58 Pa = 27.761,58 Pa$.

 

Einsetzen in die obige Formel:

$F_R  = p_s \cdot A = 27.761,58 Pa \cdot 6m \cdot 2m = 333.138,96 N$

Die abweichenden Werte ergeben sich durch Rundungsfehler!