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Technische Mechanik 1: Statik

Kräfte mit parallelen Wirkungslinien

Liegen beispielsweise zwei parallele Kräfte vor, so ist die Einführung von Teilresultierenden notwendig, um Aufschluss bezüglich der Lage der Gesamtresultierenden zu erhalten.

In der folgenden Abbildung ist ein solches Szenario dargestellt. Der Körper wird durch zwei parallele Kräfte $F_1$ und $F_2$ belastet. 

Parallele Kräfte
Parallele Kräfte

Den bestehenden Kräften $ F_1 $ und $ F_2 $ werden die Gleichgewichtskräfte $ F_K $ und $ - F_K $ hinzugefügt. Dieser Vorgang ist erlaubt, da diese am starren Körper aufgrund ihrer entgegengesetzten Richtungen keine Wirkung ausüben und sich letztlich in der Berechnung neutralisieren. Mithilfe dieser Gleichgewichtskräfte kann die Lage der Resultierenden $R$ bestimmt werden.

Archimedisches Hebelgesetz

Es liegen nun zwei Hebel vor, die auf den Körper wirken. Zum einen $ a_1 \cdot F_1 $ und zum anderen $ a_2 \cdot F_2 $. Es wird die Entfernung von der Kraft zur Resultierenden betrachtet. Verschiebt man $F_1$ den Weg $a_1$ entlang, dann erreicht die Wirkungslinie von $F_1$ die Resultierende. Diese Tatsache ermöglicht die Verwendung des Hebelgesetzes von Archimedes. Dieses Gesetz besagt, dass sich ein Hebel im Gleichgewicht befindet, wenn für parallele Kräfte gilt: Die Summe aller Drehmomente in eine Richtung ist gleich der Summe aller Drehmomente in die entgegengesetzte Richtung. Im obigen Beispiel ist: 

$ a_1 F_1 = a_2 F_2 $ 

oder

$a_1 F_1 = (h - a_1) F_2$ bzw. $(h - a_2) F_1 = a_2 F_2$

Durch Umformen nach $a_1$ und $a_2$ erhält man die dazugehörigen Abstände:

Umformen nach $a_1$:

$a_1 F_1 = (h - a_1) F_2$

$ a_1 F_1 = F_2 h - F_2 a_1$   | + $F_2 a_1$

$a_1 (F_1 + F_2) = F_2 h$      |: $(F_1 + F_2)$

$ a_1 =\frac{F_2}{F_1 + F_2} \cdot h $

Methode

Hier klicken zum Ausklappen$ a_1 = \frac{F_2}{R} \cdot h $ 

Umformen nach $a_2$:

$(h - a_2) F_1 = a_2 F_2$

$h F_1  - a_2 F_1 = a_2 F_2$    | + $a_2 F_1$

$h F_1 = a_2 (F_1 + F_2)$        | : $(F_1 + F_2)$

$ a_2 =\frac{F_1}{F_1 + F_2} \cdot h$

Methode

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$a_2 = \frac{F_1}{R} \cdot h $.

Diese Vorgehensweise ermöglicht es immer die Lage der Resultierenden zu bestimmen, wenn parallele Kräfte gegeben sind.

Bestimmung der Resultierenden

Die Resultierende selber wird bei parallelen Kräften wie folgt bestimmt:

$R = \sum F_y$

In unserem Fall haben wir zwei parallele Kräfte gegeben, die beide nach unten gerichtet sind. Die Resultierende ergibt sich durch die Addition der beiden parallelen Kräfte. Weil beide Kräfte nach unten wirken, ergibt sich eine nach unten gerichtete Resultierende:

Methode

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$R = F_1 + F_2$

Bei parallelen Kräften gilt folgendes:

Merke

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Wirken alle parallelen Kräfte nach unten, so ergibt sich die Resultierende durch Addition alle Kräfte. Die Resultierende ist dann ebenfalls nach unten gerichtet.

Wirken alle parallelen Kräfte nach oben, so ergibt sich die Resultierende durch Addition aller Kräfte. Die Resultierende ist dann ebenfalls nach oben gerichtet.

Wirken die parallelen Kräfte nach oben und unten, so muss eine Vorzeichenkonvention festgelegt werden. So können z.B. alle nach oben gerichteten Kräfte positiv und alle nach unten gerichteten Kräfte negativ angenommen werden. Ergibt sich dann ein positiver Wert für die Resultierende, so ist diese nach oben gerichtet, ergibt sich ein negativer Wert so ist sie nach unten gerichtet.

 

Zusammengefasst ergibt sich also für parallele Kräfte folgende Gleichung zur Bestimmung der Resultierenden und zur Bestimmung der Lage der Resultierenden:

Methode

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Bestimmung der Resultierenden:

$R = F_1 + F_2$.


Bestimmung der Lage der Resultierenden

$ a_1 = \frac{F_2}{R} \cdot h $

$a_2 = \frac{F_1}{R} \cdot h $.

Merke

Hier klicken zum AusklappenLiegt hingegen ein Kräftepaar vor, so kann die Resultierende nicht auf die oben beschriebene Vorgehensweise bestimmt werden. Ein Kräftepaar sind zwei betragsmäßig gleich große und entgegengesetzte Kräfte auf parallelen Wirkungslinien. 

Der Grund dafür liegt darin, dass die Resultierende $R = F_1 + (-F_2) $ null ergeben würde, wenn beide Kräfte gleich groß wären und entgegengesetzt verlaufen würden. Dieser Zustand äußert sich dann in einem Moment, das in den nächsten Abschnitten vorgestellt und im weiteren Verlauf des Kurses fester Untersuchungsgegenstand von statischen Problemen sein wird.   

Anwendungsbeispiel: Kräfte mit parallelen Wirkungslinien

Kräfte mit parallelen Wirkungslinien Beispiel

Beispiel

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Gegeben sei die obige Grafik, in welcher zwei Kräfte $F_1 = 10 N$ und $F_2 = 5 N$ auf parallelen Wirkungslinien im Abstand von $h = 8 m$ auf den Balken wirken. Wie groß ist die Resultierende der beiden Kräfte und wo genau liegt sie?

Um nun die Resultierende der beiden Kräfte zu bestimmen, werden die Gleichgewichtskräfte $ F_h $ und $ - F_h $ hinzugefügt. Diese sind auf einer gemeinsamen Wirkungslinie, entgegengesetzt zueinander und besitzen den gleichen Betrag. Im Abschnitt Kräfte mit gemeinsamer Wirkungslinie wurde gezeigt, dass Kräfte auf einer gemeinsamen Wirkungslinie einfach miteinander addiert werden können. Wird also zum Beispiel $F_h = 5N$ gesetzt und die entgegengesetzte Kraft entsprechend $-F_h = -5 N$, so ergibt sich am Ende eine Resultierende der beiden Kräfte von $F_R = 5 N - 5N = 0$. Deswegen ist es möglich hier solche Gleichgewichtskräfte als Hilfskräfte einzuführen, da diese keine Wirkung auf den Balken ausüben:

Kräfte mit parallelen Wirkungslinien Beispiel

Merke

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Hinweis: Es wird hier nur die Resultierende der beiden Kräfte $F_1$ und $F_2$ gesucht, weshalb die Lagekräfte (Kräfte die von der Wand bzw. Einspannung auf den Balken ausgeübt werden) nicht berücksichtigt werden. 

Analytisches Vorgehen

Die Bestimmung der Resultierenden und ihrer Lage kann mittels der oben angegebenen Formeln durchgeführt werden. Die Resultierende der beiden parallen Kräfte wird bestimmt durch:

$R = F_1 + F_2 = 10 N + 5 N = 15N$.


Die Lage der Resultierenden von $F_1$ ausgesehen wird bestimmt durch:

$ a_1 = \frac{F_2}{R} \cdot h  = \frac{5N}{15 N} \cdot 8 m = 2,67 m$.

Die Lage der Resultierenden von $F_2$ aus gesehen wird bestimmt durch:

$a_2 = \frac{F_1}{R} \cdot h = \frac{10N}{15N} \cdot 8m = 5,33 m$.

Grafisch sieht das Ganze wie folgt aus:

Kräfte mit parallelen Wirkungslinien Beispiel
Grafische Lösung

Die Lage der Resultierenden kann auch grafisch gelöst werden, wenn z.B. die Beträge der Kräfte $F_1$ und $F_2$ nicht angegeben sind. Hierzu werden die Kräfte zunächst wie folgt verschoben:

Kräfte mit parallelen Wirkungslinien Beispiel


Als nächstes wird aus der Kraft $F_1$ und der Kraft $F_h$ die Resultierende mittels Vektoraddition gebildet und aus der Kraft $F_2$ und der Kraft $F_h$:

Kräfte mit parallelen Wirkungslinien Beispiel


Diese beiden ermittelten Resultierenden $R$ werden nun solange auf ihrer Wirkungslinie verschoben, bis diese sich schneiden:

Kräfte mit parallelen Wirkungslinien Beispiel

 

Anwendungsbeispiel: Betonmischer

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Beispiel

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Wir betrachten hier einen Betonmischer mit den Achslasten $F_1 = 47,5  kN$ und $F_2 = F_3 = 21,7  kN$. Die Abstände lauten $l_1 = 3,87  m$ sowie $l_2 = 1,23  m$.

Wie lautet der Betrag der Resultierenden $R$ und welchen Abstand hat die Resultierende zur Kraft $F_1$?

Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt analytisch.

Aus der obigen Darstellung erzeugen wir eine Lageskizze in die wir die auftretenden Kräfte eintragen.

 

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Schritt 1: Bestimmen der Resultierenden $R$

Für unsere Gesamtresultierende haben wir folgende Form:

$R = F_1 + F_2 + F_3$  

Da alle Kräfte parallel zueinander sind und nach unten gerichtet, können wir die Resultierende durch Addition der drei Kräfte bestimmen. Die Resultierende ist dann ebenfalls nach unten gerichtet. 

Einsetzen der Werte:


$R = 47,5  kN  +  21,7  kN  +  21,7  kN$

$R = 90,9  kN$

$\Rightarrow$  Die Gesamtresultierende aus den drei Achslasten hat einen Betrag von $R = 90,9  kN$.

 

Schritt 2: Bestimmen des Abstandes der Resultierenden ausgehend von der Kraft $F_1$

Die von uns gesuchte Größe ist der Abstand $a_1$. Um diesen zu bestimmen, nutzen wir das archimedische Hebelgesetz. Vorliegend haben wir drei Hebel, die auf den Bezugspunkt wirkt. Der Bezugspunkt ist hier die Position der Resultierenden. Da wir die Kraft $F_1$ entlang ihres Hebels verschieben können, sodass die Wirkungslinie der Kraft $F_1$ mit jener der Resultierenden übereinstimmt, können wir das archimedische Hebelgesetz auch anwenden.

Die Kernaussage dieses Gesetzes besagt, dass sich ein Hebel im Gleichgewicht befindet, wenn die Summe aller Drehmomente in eine Richtung gleich der Summe der Drehmomente in die entgegengesetzte Richtung ist.

Daraus lässt sich nun folgende Gleichung aufstellen:

$F_1  \cdot a_1 = F_2 \cdot (l_1  -  a_1)   + F_3  (l_1  +  l_2  -  a_1)  $    

Hinweis

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Hierbei ist $F_1 \cdot a_1$ ein linksdrehendes Moment und $F_2 \cdot (l_1 - a_1) $ sowie $F_3 (l_1 + l_2 - a_1) $ rechtsdrehende Momente.

 $F_1  a_1 = l_1  F_2  -  a_1  F_2  +  l_1  F_3  +  l_2  F_3  -  a_1  F_3$     |$+a_1  F_2$, $+a_1  F_3$

$F_1  a_1  +  F_2  a_1  +  F_3  a_1 = l_1  F_2  +  l_1  F_3  + l_2  F_3$     |Ausklammern von $a_1$.

$a_1  (F_1  +  F_2  +  F_3) = l_1  F_2  +  l_1  F_3  +  l_2  F_3$     |$:  (F_1  +  F_2  +  F_3)$

$a_1 = \frac{l_1  F_2  +  l_1  F_3  +  l_2  F_3}{F_1  +  F_2  +  F_3}$     |Mit $R = F_1  +  F_2  +  F_3$ 

$a_1 = \frac{l_1  F_2  +  l_1  F_3  +  l_2  F_3}{R}$     |Einsetzen der Werte.

$a_1 =  \frac{3,87  m  \cdot  21,7  kN  +  3,87  m  \cdot  21,7  kN  +  1,23  m  \cdot  21,7  kN}{90,9  kN}$     |Die Einheiten kürzen.

$a_1 =  \frac{3,87  m  \cdot  21,7  +  3,87  m  \cdot  21,7  +  1,23  m  \cdot  21,7}{90,9}$

$a_1  \approx  2,14  m$

 

$\Rightarrow$  Der Abstand der Resultierenden $R$ zur Kraft $F_1$ beträgt $a_1 = 2,14  m$.