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Zu jeder Parameterdarstellung $\vec{r}(t) = \begin{pmatrix} x(t) \\ y(t) \\ z(t) \end{pmatrix}$ einer Kurve $ K $ im Raum definiert man den Tangentenvektor [oder Tangentialvektor]:
$\vec{t}(t) := \lim\limits_{h \to 0} \frac{1}{h} (\vec{r}(t + h) - \vec{r}(t)) = (\dot{x}(t), \ \dot{y}(t), \ \dot{z}(t))$
wobei der Punkt $\dot{}$ über dem Vektor für die 1. Ableitung nach $t$ steht. Es gilt:
$\dot{\vec{x}}(t) = \frac{d}{dt}x(t)$,
$\dot{\vec{y}}(t) = \frac{d}{dt}y(t)$
$\dot{\vec{z}}(t) = \frac{d}{dt}z(t)$.
Das bedeutet also, dass man den Vektor $\vec{r}(t)$ differenziert, indem man die Komponenten $\vec{x}(t), \ \vec{y}(t)$ und $\vec{z}(t)$ ableitet und dann den Vektor $\vec{t}(t)$ erhält.
Interpretiert man den Parameter $t$ als Zeit, so stellt der Vektor $\vec{t}(t)$ die Geschwindigkeit dar mit welcher die Kurve $K$ durchlaufen wird. Ein und dieselbe Kurve kann unterschiedliche Parameterdarstellungen und unterschiedliche Zeitintervalle haben.
Beispiel
Gegeben seien die Kurven:
$\alpha (t) = \begin{pmatrix} 2 \cos (t) \\ 4 \sin (t) \\ t \end{pmatrix} \; ; 0 \le t \le 3\pi$ und
$\beta (t) = \begin{pmatrix} 2 \cos 2(t) \\ 4 \sin 2(t) \\ 2 t \end{pmatrix} \; ; 0 \le t \le \frac{3\pi}{2}$.
Diese zwei Parameterdarstellungen definieren ein und dieselbe Kurve. Allerdings wird die zweite Kurve doppelt so schnell durchlaufen wie die erste Kurve.
Die Ableitungen sind:
$\vec{t}_{\alpha} (t) = \begin{pmatrix} -2\sin (t) \\ 4 \cos (t) \\ 1 \end{pmatrix} $
$\vec{t}_{\beta} (t) = \begin{pmatrix} -4\sin 2(t) \\ 8 \cos 2(t) \\ 2 \end{pmatrix} \; \rightarrow \; \vec{t}_{\beta} (t) = 2 \cdot \vec{t}_{\alpha} (t)$
Tangenteneinheitsvektor
Der Tangenteneinheitsvektor weist die Länge $1$ auf. Um diesen zu ermitteln, muss man den Tangentenvektor durch seine Länge teilen.
$\vec{t}_e (t) = \frac{\vec{t} (t)}{|\vec{t} (t)|}$
Beispiel
Gegeben sei die Kurve $\alpha (t) = \begin{pmatrix} 2 \cos (t) \\ 2 \sin (t) \\ t \end{pmatrix} \; ; 0 \le t \le 3\pi$
Der Tangentenvektor ist:
$\vec{t}_{\alpha} (t) = \begin{pmatrix} -2\sin (t) \\ 2 \cos (t) \\ 1 \end{pmatrix} $
Die Länge ist:
$L = |\vec{t}_{\alpha} (t)| = \sqrt{(-2\sin (t))^2 + (2 \cos (t))^2 + 1^2}$
$= \sqrt{4 \sin^2 (t) + 4 \cos^2 (t)) + 1^2}$
$= \sqrt{4 (\sin^2 (t) + \cos^2 (t)) + 1^2} = \sqrt{4 + 1^2} = \sqrt{5}$
Merke
Trigonometrische Umformungen:
$cos^2 (t) + sin^2 (t) = 1$
Tangenteneinheitsvektor:
$\vec{t}_e (t) = \frac{1}{\sqrt{5}} \cdot \begin{pmatrix} -2\sin (t) \\ 2 \cos (t) \\ 1 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} -\frac{2}{\sqrt{5}} \sin (t) \\ \frac{2}{\sqrt{5}} \cos (t) \\ \frac{1}{\sqrt{5}} \end{pmatrix}$
Dieser Tangenteneinheitsvektor besitzt nun die Länge $1$:
$|\vec{t}_e (t)| = \sqrt{\frac{4}{5} \sin^2 (t) + \frac{4}{5} \cos^2 (t) + \frac{1}{5}} = 1$
Bogenlänge als Parameter
In der obigen Berechnung des Einheitstangentenvektors hat die Ableitung einer Kurve in Parameterdarstellung $t$ nicht unbedingt dazu geführt, dass der entstehende Tangentenvektor die Länge $1$ besitzt. Man musste diesen zusätzlich durch seine Länge teilen.
Ist hingegen eine Kurve in Bogenlänge $s$ angegeben, dann führt die Ableitung in jedem Fall dazu, dass der entstehende Tangentenvektor die Länge $1$ aufweist:
$\vec{t} (s) = (\dot{x}(s), \ \dot{y}(s), \ \dot{z}(s))$
mit $|\vec{t} (s)| = 1$.
(Wechsel von Parameterdarstellung zur Bogenlänge siehe Abschnitt "Bogenlänge im Raum".)
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