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Physik - Haftreibung

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Physik

Haftreibung

Haftung einer Sanduhr auf einer schrägen Holzlatte
Haftung einer Sanduhr auf einer schrägen Holzlatte

Im vorherigen Abschnitt wurde die Normalkraft eingeführt. Diese hindert den Körper daran vertikal nach unten beschleunigt zu werden. Dabei wurde hier die Rauigkeit der schiefen Ebene nicht berücksichtigt, diese also als glatt angenommen.  In der Realität besitzt jedes Material aus dem ein Körper besteht eine gewisse Oberflächenrauigkeit, die es ermöglicht, wenn auch manchmal nur minimal, Tangentialkräfte zu übertragen. Die Höhe der Übertragungskraft steht im direkten Zusammenhang zum Widerstand. Diesen Widerstand, der sich ergibt, wenn zwei Körper tangential zueinander verschoben werden, nennt man Reibkraft

Merke

Hier klicken zum AusklappenReibung hängt von verschiedenen Begleitumständen ab. Sowohl vom Material und seiner Struktur, von der Größe der Kontaktfläche sowie bei Bewegungsvorgängen insbesondere von der gegenseitigen Geschwindigkeit. 

Betrachten wird nun also wieder unseren Klotz auf der schiefen rauen Ebene. Aufgrund der Oberflächenrauigkeit muss zusätzlich die Haftkraft $F_H$ (oder: $H$) berücksichtigt werden. Die Haftkraft setzt der Bewegung einen Widerstand entgegen. Das bedeutet also, dass die Haftkraft immer entgegen der Bewegungsrichtung abgetragen werden muss. 

Anwendungsbeispiel
Haftreibung

Aufgrund der Oberflächenrauigkeit bleibt ein Körper im Gleichgewicht, solange die Haftkraft $H$ kleiner ist als der Grenzwert $H_0$. Der Grenzwert $H_0$ ist proportional zur Normalkraft:

Methode

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$H = \mu_0 \cdot N$                       Grenzhaftung

mit

$\mu_0$ Haftungskoeffizient 

$N$ Normalkraft (aus Gleichgewichtsbedingungen zu berechnen)

Dabei ist die Haftkraft eine Reaktionskraft und kann bei statisch bestimmten Systemen aus den Gleichgewichtsbedingungen bestimmt werden. 

Haftungswinkel

Haftungswinkel
Haftungswinkel

Der Haftungswinkel ist derjenige Winkel, bei welchem sich das System gerade noch im Gleichgewicht befindet. Betrachtet wird dabei der Winkel aus der Grenzhaftkraft $R$ zur Normalenrichtung, also nur Normalkraft. Die Grenzhaftkraft ist die Resultierende aus der Normalkraft und der Haftkraft. Da beide Kräfte in einem rechten Winkel zueinander liegen, kann die Grenzhaftkraft mittels Satz des Pythagoras ermittelt werden:

$R = \sqrt{N^2 + H^2}$


Der Haftungswinkel $\rho_0$ wird dann mittels Tangens berechnet (Trigonometrie am rechtwinkligen Dreieck):

$\tan(\rho_0) = \frac{Gegenkathete}{Ankathete}$

$\tan(\rho_0) = \frac{H}{N}$

$\tan(\rho_0) = \frac{\mu_0 \cdot N}{N}$

$\tan(\rho_0) = \ m_0$

Methode

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$\rho_0 = arctan(\mu_0)$                 Haftungswinkel

Der Haftungswinkel kann also vollständig über den Haftungskoeffizienten $\mu_0$ berechnet werden. Ist der Winkel größer als der Haftungswinkel, so befindet sich das System nicht mehr im Gleichgewicht. In unserem obigen Beispiel würde der Klotz dann also rutschen. 

Merke

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Gäbe es Haftreibung nicht, wäre es für einen Menschen nicht möglich sich auf einer Oberfläche zu bewegen.

Glatteis im Wohngebiet
Glatteis im Wohngebiet

Ein Fall, in dem die Haftreibung minimal wird, ist beispielsweise gefrierende Nässe auf dem Fußweg. Zur erneuten Erhöhung der Haftreibung ist dann das Streuen von Sand oder Schotter notwendig.

Es können die Folgenden drei Fälle unterschieden werden:

Methode

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Fallunterscheidung

$H < \mu_0 \cdot N$  Haftung:  Der Körper befindet sich in Ruhe.

$H = \mu_0 \cdot N$  Grenzhaftung:  Der Körper befindet sich in Ruhe. Wird dieser jedoch angestoßen, dann bewegt er sich.

$R = \mu \cdot N$  Gleitreibung: Der Körper bewegt sich und die Gleitreibung $R$ tritt anstelle der Haftreibung $H$. Es wird nun auch der Haftungskoeffizient $\mu_0$ durch den Reibungskoeffizienten $\mu$ ersetzt.

Anwendungsbeispiel: Haftungswinkel

Beispiel

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Betrachten wir nun den obigen Klotz auf der rauen schiefen Ebene. Bei welchem Winkel $\rho_0$ befindet sich der Klotz gerade noch in Ruhe, wenn $\mu_0 = 0,8$? 

Der Haftungswinkel wird berechnet zu:

$\rho_0 = arctan(\mu_0)$  

$\rho_0 = arctan(0,8)$  

$\rho_0 = 38,67°$

Der Winkel zwischen Grenzhaftkraft $R$ und Normalkraft $N$ darf höchstens 38,67° betragen.

Anwendungsbeispiel: Haftungskoeffizient

Beispiel

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Der Haftungswinkel sei gegeben mit $\rho_0 = 35°$. Wie groß ist dann der Haftungskoeffzient?

Die Gleichung für den Haftungswinkel wird einfach nach $\mu_0$ umgestellt:

$\rho_0 = arctan(\mu_0)$  

$\tan(\rho_0) = \mu_0$

$\tan(\ 35°) = \mu_0$

$\mu_0 = 0,7$

Anwendungsbeispiel: Haftkraft und Normalkraft

Anwendungsbeispiel
Anwendungsbeispiel

Beispiel

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Gegeben sei der ruhende Klotz auf der schiefen Ebene. Berechne die Normalkraft, Haftkraft sowie Grenzhaftkraft für einen Winkel von 20°.

Gegeben: $\mu = 0,6$, $m = 20 kg$, $\alpha = 20°$

Die Haftkraft und die Normalkraft können aus den Gleichgewichtsbedingungen ermittelt werden. Dabei wird die $x$-Achse immer in Richtung der Bewegung gelegt. Es werden als nächstes alle Kräfte, welche in Richtung der $x$-Achse zeigen berücksichtigt. Die Kraft $G$ zeigt weder in Richtung der $x$- noch in Richtung der $y$-Achse, muss also noch in diese zerlegt werden (vorheriger Abschnitt):

$\swarrow : G \sin(\alpha)$     In positive $x$-Richtung

$\nwarrow : G \cos(\alpha)$      In negative $y$-Richtung

Die Gleichgewichtsbedingung in $x$-Richtung wird als nächstes betrachtet. Alle in Richtung der positiven $x$-Achse zeigenden Kräfte gehen auch positiv ein, in negative $x$-Richtung zeigende Kräfte negativ:

$\swarrow : -H + G \sin(\alpha) = 0$

$H = G \sin(\alpha)$

$H = m \cdot g \cdot sin(\alpha)$


Analog für die Gleichgewichtsbedingung in $y$-Richtung:

$\nwarrow : N - G \cos(\alpha) = 0$

$N = G \cos(\alpha)$

$N = m \cdot g \cdot cos(\alpha)$

Einsetzen der Werte:

$H = 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 20 kg \cdot \sin(\ 20°) = 67,1 N$

$N = 9,81 \frac{m}{s^2} \cdot 20 kg \cdot \cos(\ 20°) = 184,37 N$

Die Grenzhaftkraft beträgt dann:

$R = \sqrt{67,1^2 + 184,37^2}$

$R = \sqrt{67,1^2 + 184,37^2}$

$R = 196,2 N$

Wichtig: Dies stellt die Haftkraft $H$ und Normalkraft $N$ bei einem Winkel von $\alpha = 20°$ dar. Der Haftungswinkel $\mu_0$ kann hierraus nicht berechnet werden, weil dieser nur bei der Grenzhaftung berechnet werden kann. Man müsste also berechnen, unter welchem Winkel $\alpha$ Grenzhaftung vorliegt. Dies ist möglich, indem wir die Gleichgewichtsbedingungen anwenden und Grenzhaftung voraussetzen:

$\swarrow : -H + G \sin(\alpha) = 0$

(1) $H = G \sin(\alpha)$

$\nwarrow : N - G \cos(\alpha) = 0$

(2) $N = G \cos(\alpha)$

Es soll Grenzhaftung vorliegen, also ist $H = \mu_0 \cdot N$

(1) $\mu_0 N  = G \sin(\alpha)$

Auflösen nach $N$:

(1) $ N  = \frac{G \sin(\alpha)}{\mu_0}$

Gleichsetzen der Gleichungen (2) und (1):

$G \cos(\alpha) = \frac{G \sin(\alpha)}{\mu_0}$

Auflösen nach $\alpha$:

$\cos(\alpha) = \frac{\sin(\alpha)}{\mu_0}$

$\mu_0 = \frac{\sin(\alpha)}{cos(\alpha)}$

$\mu_0 = tan(\alpha)$

$\alpha = arctan(\mu_0)$

In diesem konkreten Beispiel (schiefe Ebene ohne angreifende Kraft) berechnet sich der Grenzwinkel $\alpha$ wie der Haftungswinkel $\rho_0$. 

$\alpha = arctan(0,6) = 30,96°$