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In den vorherigen Abschnitten haben wir immer den Beginn der Bewegung in der Ruhelage betrachtet. Beginnt die Bewegung bzw. die Zeitmessung nun aber nicht in der Ruhelage, so muss zusätzlich eine Phasenverschiebung der Sinusfunktion berücksichtigt werden. Grund dafür ist, dass sich zur Zeit $t =0$ das betrachtete Pendel nicht in Ruhelage befindet, sondern in einem ausgelenkten Zustand.
Beispiel
Als Beispiel nehmen wir eine Feder, welche wir mittels Kraft spannen. Wir lassen die Feder dann los und beginnen mit der Zeitmessung. Die Bewegung beginnt also nicht mehr in der Ruhelage, sondern in einem ausgelenkten Zustand der Feder.
Alternativ: Wir stoßen einen Fadenpendel aus der Ruhelage an. Die Zeitmessung beginnen wir aber kurze Zeit später, als das Fadenpendel sich in einem ausgelenkten Zustand befindet. Die Bewegung beginnt zwar in Ruhe, die Zeitmessung aber erst im ausgelenkten Zustand. Wir müssen auch hier die Phasenverschiebung berücksichtigen.
Sinus-Funktion mit Phasenverschiebung
Beginnt die Betrachtung der Bewegung nicht in der Ruhelage, so muss zusätzlich eine Phasenverschiebung um einen Winkel $\varphi_0$ mitberücksichtigt werden:
In der obigen Grafik beginnt nun die Zeitmessung nicht in der Ruhelage. Wir müssen also die Sinusfunktion anpassen, indem wir den Winkel $\varphi_0$ berücksichtigen. Dies ist der Winkel zwischen dem Beginn der Betrachtung und der Ruhelage. Die Winkel $\varphi_1$ und $\varphi_2$ müssen bis zum Startpunkt berücksichtigt werden, also nicht bis zur Ruheposition.
Die Sinusfunktion wird durch diese Phasenverschiebung nach links verschoben. Die gestrichelte Sinusfunktion ist diejenige, wenn das Pendel in der Ruhelage angestoßen wird, die nicht gestrichelte Linie gilt für den Beginn der Zeitmessung, wenn sich das Pendel bereits in einer gespannten Ausgangslage befindet.
Die Bewegungsgleichungen ergeben sich dann wie folgt:
Methode
$s(t) = A \cdot \sin(\omega \cdot t + \varphi_0)$ Auslenkung (Ort-Zeit-Gesetz)
$v(t) = \frac{ds(t)}{dt} = A \cdot \omega \cdot \cos(\omega \cdot t + \varphi_0)$ Geschwindigkeit
$a(t) = \frac{dv(t)}{dt} = -A \cdot \omega^2 \cdot \sin(\omega \cdot t + \varphi_0)$ Beschleunigung
mit
$v_{max} = A \cdot \omega$
$a_{max} = A \cdot \omega^2$
Auch hier muss wieder die Eigenfrequenz $\omega$ des jeweiligen Pendels (Federpendel, Fadenpendel, physikalisches Pendel) berücksichtigt werden. Für das Fadenpendel und das physikalische Pendel kann hier außerdem wieder die Lage des Pendels mittels Winkelfunktion $\varphi(t) = A_{\varphi} \cdot \sin(\omega \cdot t + \varphi_0)$ angegeben werden.
Cosinus-Funktion
Die Cosinus-Funktion kann anstelle der Sinusfunktion angewandt werden, wenn die Phasenverschiebung bei einem Winkel von $\varphi = 90° = \frac{\pi}{2}$ stattfindet. Beginnt die Schwingung also zum Zeitpunkt $t =0$ an einem Umkehrpunkt und hat hierbei die Geschwindigkeit $v = 0$, so kann entweder in die obigen Formeln der Winkel $\varphi_0 = \frac{\pi}{2}$ eingesetzt oder aber der Cosinus zur Bestimmung der Bewegungsgleichungen herangezogen werden.
In der obigen Grafik ist eine Phasenverschiebung der Sinusfunktion um einen Winkel von 90° = $\frac{\pi}{2}$ zu sehen. Die Sinusfunktion wird also nach links verschoben und der obere Umkehrpunkt liegt nun im Nullpunkt. Der Startpunkt der Bewegung ist also die maximale Spannung der Feder bis zu ihrer Amplitude. Liegt dieser Fall vor, so kann anstelle der Sinusfunktion mit Phasenverschiebung die Cosinusfunktion herangezogen werden. Dabei sind die Winkel $\varphi_1$ und $\varphi_2$ bis zur Startposition zu berücksichtigen.
Es gilt:
Merke
$\sin(\omega \cdot t + \frac{\pi}{2}) = \cos(\omega \cdot t)$
Damit ergeben sich die Bewegungsgleichungen zu:
Methode
$s(t) = A \cdot \cos(\omega \cdot t)$ Auslenkung (Ort-Zeit-Gesetz)
$v(t) = \frac{ds(t)}{dt} = -A \cdot \omega \cdot \sin(\omega \cdot t)$ Geschwindigkeit
$a(t) = \frac{dv(t)}{dt} = -A \cdot \omega^2 \cdot \cos(\omega \cdot t)$ Beschleunigung
mit
$v_{max} = A \cdot \omega$
$a_{max} = A \cdot \omega^2$
Auch hier muss wieder die Eigenfrequenz $\omega$ des jeweiligen Pendels berücksichtigt werden. Für das Fadenpendel und das physikalische Pendel kann hier außerdem wieder die Lage des Pendels mittels Winkelfunktion $\varphi(t) = A_{\varphi} \cdot \sin(\omega \cdot t + \varphi_0)$ angegeben werden.
Schwingungsdauer und -frequenz
Die Schwingungsdauer $T$ und die Schwingungsfrequenz $f$ ist wie bei der Bewegung aus der Ruhelage zu bestimmen durch:
Methode
$T = \frac{2 \pi}{\omega}$
$f = \frac{\omega}{2 \pi}$
Wobei wieder die Eigenfrequenz $\omega$ der jeweiligen Pendel berücksichtigt werden muss.
Eigenfrequenzen
Es sollen der Übersicht halber hier nochmals die Eigenfrequenzen des Federpendels, Fadenpendels und physikalischen Pendels aufgezeigt werden:
Methode
Federpendel: $\omega = \sqrt{\frac{k}{m}}$
Fadenpendel: $\omega =\sqrt{\frac{g}{l}}$
Physikalisches Pendel: $\omega = \sqrt{ \frac{l \cdot m \cdot g}{J}} $
Anwendungsbeispiel: Federpendel
Beispiel
Gegeben sei eine Feder, an dessen Ende ein Körper der Masse $m = 300g$ befestigt ist. Das Federpendel wird nun mit der Kraft $F = 15 N$ um 15cm nach unten ausgelenkt und dann losgelassen. Berechne die Schwingungsdauer $T$ und die maximale Geschwindigkeit der entstehenden Schwingung.
Der Beginn der Bewegung erfolgt bei der Auslenkung von 15cm. Hierzu wird eine Kraft $F = 15N$ aufgewendet. Diese Kraft ist gleich der Spannkraft der Feder:
$F_S = ks = 15N$
Bei dieser Gleichung ist $s$ die Auslenkung, also $s = 15cm = 0,15m$:
$15N = k \cdot 0,15m$
Mit $N = \frac{kg \cdot m}{s^2}$ ergibt sich:
$15 \frac{kg \cdot m}{s^2} = k \cdot 0,15m$
Auflösen nach $k$ ergibt:
$k = 100 \frac{kg}{s^2}$
Wir können als nächstes die Schwingungsdauer $T$ bestimmen durch die Formel (siehe Schwingungsgleichung: Federpendel):
$T = 2 \pi \sqrt{\frac{m}{k}}$
Die Schwingungsdauer beträgt:
$T = 2 \pi \sqrt{\frac{0,3 kg}{100 \frac{kg}{s^2}}}$
$T = 0,3441 s$
In 0,3441 Sekunden führt das Pendel eine Schwingung aus.
Als nächstes soll die maximale Geschwindigkeit bestimmt werden. Diese ergibt sich durch (siehe Bewegungsgleichung: Federpendel)
$v_{max} = \omega \cdot A$
Mit der Eigenfrequenz eines Federpendels $\omega = \sqrt{\frac{k}{m}}
$v_{max} = \sqrt{\frac{k}{m}} \cdot A$
Die maximale Auslenkung ist bei $A = 15cm = 0,15m$:
$v_{max} = \sqrt{\frac{100 \frac{kg}{s^2}}{0,3 kg}} \cdot 0,15m$
$v_{max} = 2,739 \frac{m}{s^2}$
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